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Bei dem Streit um die Rentenreform zeichnet sich ein Kompromiss ab

Nach wochenlangen Verhandlungen mit den Sozialpartnern hat die französische Regierung neue Vorschläge zur Rentenreform vorgestellt. Dabei macht sie wichtige Zugeständnisse.

Bei den Demonstrationen gegen die Rentenreform kam es in Frankreich erneut zu Ausschreitungen. Foto: dpa
Bei den Demonstrationen gegen die Rentenreform kam es in Frankreich erneut zu Ausschreitungen. Foto: dpa

Die Pariser sind von wochenlangen Märschen zu Fuß durch ihre Stadt erschöpft. Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Die Gewerkschaften versuchen dennoch, die Franzosen zu weiteren Aktionen gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron zu ermutigen. Am Samstag kam es wieder zu zahlreichen Demonstrationen in ganz Frankreich, doch der Blick war auf Paris gerichtet. Vor allem auch deshalb, weil sich die Gelbwesten den Protesten gegen die Rentenreform angeschlossen haben.

In Paris ging es an der Place de la Nation um 14 Uhr los, Richtung République. Dabei kam es zu Ausschreitungen: Fensterscheiben wurden auf dem Weg eingeschlagen, Feuer in der Nähe der Bastille gezündet. Zahlreiche Anhänger des Schwarzen Blocks hatten sich unter die Streikenden gemischt. Auch zum Ende der Demonstration an der République kam es zu ähnlichen Ausschreitungen wie an der Bastille.

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Wie sich die Demonstranten ihre Rente vorstellen, war auf Spruchbändern zu lesen: „Rente nach Punkten, alle verlieren. Rente mit 60 Jahren, alle gewinnen.“ Sie wollen sogar noch mehr Privilegien und ein früheres Rentenalter als derzeit mit 62 Jahren. Auf anderen Spruchbändern hieß es ähnlich: „Wir diskutieren nicht über einen Rückschritt der sozialen Rechte.“

Am Freitag waren die Verhandlungen der Regierung mit den Sozialpartnern in die heiße Phase gegangen. Premierminister Édouard Philippe kündigte an, dass eine Annäherung bevorstehe. Die wichtigste Feststellung der Vorschläge: Die Regierung hält an der Rentenreform von Macron fest. Allerdings gibt es zahlreiche Zugeständnisse. Laurent Berger, Chef der gemäßigten Gewerkschaft CFDT, lobte den „Willen zum Entgegenkommen“. Doch Philippe Martinez, Chef der kommunistischen CGT, ist weiterhin grundsätzlich gegen die Reform. Die CGT hält daran fest, weiter zu streiken. Andere linke Gewerkschaften sind seiner Meinung.

Basis der Reform soll bleiben

Das Punktesystem bleibt laut Philippes Vorschlägen die Basis der Reform, nach dem jeder eingezahlte Euro für die Rente zählt. Die vorteilhaften Rentensysteme sollen abgeschafft werden, aber schwere Arbeit weiterhin mit einem früheren Rentenalter belohnt werden. Die Eisenbahner der SNCF profitieren besonders von den Privilegien, das Durchschnittsrentenalter dort liegt bei 56 Jahren, die Zugfahrer gehen sogar noch wesentlich früher in Rente.

Während bei der SNCF insgesamt nur etwa zehn Prozent streiken, war es bei den Zugfahrern die Hälfte. Die Zahlen sind im Laufe der Proteste leicht zurückgegangen. Einigen Berufsgruppen wurde als Ausgleich für ein weniger komfortables Rentensystem zugesagt, dass ihr Einkommen aufgestockt wird. Darunter sind unter anderem Lehrer.

Der größte Streitpunkt bei der Rentenreform war allerdings das Alter 64, zu dem es volle Rente gibt. Wer seine vorgeschriebenen Berufsjahre voll hat, kann derzeit mit 62 Jahren in Rente gehen. Mit 67 Jahren gibt es für alle volle Rente. Mit der Reform sollte Abzüge bekommen, wer früher als mit 64 aufhört. Damit könnte Geld in der Rentenkasse gespart werden. Nun kündigte Philippe an, dass er die Maßnahme, die vor allem die gemäßigten Gewerkschaften aufgebracht hatte, provisorisch zurückzieht.

Die Sozialpartner können der Regierung bis Ende April Alternativen für die ausgeglichene Finanzierung der zukünftigen Rente vorschlagen. Das Alter könnte individuell an die jeweilige Karriere eines Arbeitnehmers angepasst werden. Sollte es keine Alternative geben, behält sich die Regierung aber die Möglichkeit vor, das Alter doch per Verfügung im Gesetz zu ergänzen.

Damit hat die Regierung auch auf die Bevölkerung gehört. Laut einer Elabe-Umfrage sind rund 50 Prozent gegen die Rentenreform. Im Detail sieht das anders aus: 65 Prozent sind für die Abschaffung der bevorzugten Rentensysteme, 54 Prozent für das Punktesystem, aber 66 Prozent gegen das Alter 64.

Streiks könnten weitergehen

Für Politikexperten in Frankreich ist der provisorische Rückzug ein „Sieg für den sozialen Dialog“. Sie sehen dadurch außerdem eine Spaltung zwischen den gemäßigten und linken Gewerkschaften, die der Regierung nutzen könnte. Die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen kommentierte im Fernsehsender BFMTV: „Ich habe das angekündigt. Die Regierung hat das Alter nur ins Gespräch gebracht, um es dann zurückziehen zu können. Das war eine Verhandlungstaktik.“

Die Proteste hatten am 5. Dezember begonnen. Am Donnerstag, dem vierten Demonstrationstag, gingen in Paris 56.000 Menschen auf die Straße. Laut Innenministerium waren es in ganz Frankreich 452.000, laut Gewerkschaften 800.000. Am 17. Dezember waren es noch 615.000 gewesen. Gewerkschaften, die immer weit über den Angaben des Innenministeriums liegen, zählten nun die Zahl der Demonstranten in Paris auf 150.000. Schon jetzt rufen zahlreiche Gewerkschaften zu weiteren Aktionen in der kommenden Woche auf.

Doch die Regierung will das Projekt schnell voranbringen. Am 24. Januar soll es im Ministerrat vorgestellt, am 17. Februar darüber schon in der Nationalversammlung beraten werden. Wie es mit den Streiks weitergeht, ist allerdings noch nicht abzusehen. Denn die linken Gewerkschaften, die eine Rücknahme der Reform fordern, sind in den Staatsbetrieben, die das Land lahmlegen – bei der SNCF und den Pariser Verkehrsbetrieben RATP – stark vertreten.