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Im Streit um das Rahmenabkommen erhöht die EU Druck auf die Schweiz

Bern und Brüssel zanken um einen Rahmenvertrag. Die Zeit für eine Einigung läuft davon. Für die Schweizer Börse könnte das empfindliche Folgen haben.

Die Schweiz und die EU regeln ihre Beziehungen neu – doch das ist nicht ganz einfach. Foto: dpa
Die Schweiz und die EU regeln ihre Beziehungen neu – doch das ist nicht ganz einfach. Foto: dpa

Finden sie am Ende doch noch zusammen? Seit fünf Jahren verhandelt die Schweiz mit der Europäischen Union über ein Rahmenabkommen, das die Beziehungen zwischen den Nachbarn auf eine neue Basis stellen soll. Doch eine Einigung ist nicht in Sicht – und ein Ultimatum aus Brüssel läuft demnächst aus: Die Schweizer Börse SIX könnte Ende des Monats den Marktzugang zur Europäischen Union verlieren.

Ob sie wollen oder nicht: Die Schweiz und die EU sind eng miteinander verbunden. Bislang regelt ein Flickwerk aus mehr als 100 Verträge den Zugang der Schweiz zum EU- Binnenmarkt. Das Rahmenabkommen soll die Verträge in wichtigen Bereichen zusammenfassen.

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Es regelt zudem, wie Änderungen im EU-Recht in die Schweiz übernommen werden und wie über Streitfälle entschieden wird. Aus Sicht der EU-Kommission liegt der endgültige Vertragsentwurf auf dem Tisch, doch die Schweiz will das Abkommen nicht unterzeichnen.

Von „Nachverhandlungen“ möchte die Regierung in Bern zwar nicht sprechen, denn die hatte Brüssel zuvor kategorisch ausgeschlossen. Stattdessen wünscht sich die Schweizer Regierung „Klärungen“ bei drei kontroversen Themen: Dem Lohnschutz, den staatlichen Beihilfen und der so genannten Unionsbürgerrichtlinie, mit der in der Schweiz arbeitslos gewordene EU-Bürger auf Sozialhilfe pochen könnten.

EU geht die Geduld aus

Nun geht der EU-Kommission offenbar die Geduld aus. Man könne „keine weiteren Versuche der Zeitschinderei und der Verwässerung der Binnenmarktregeln mehr akzeptieren“, zitierte die „Neue Zürcher Zeitung“ am Dienstag aus einem internen EU-Dokument.

Das liege auch daran, dass der Brexit in eine entscheidende Phase gehe. Es gelte nun, die „glasklare Botschaft“ zu übermitteln, dass keine Nachverhandlungen mehr möglich seien. Kommissionschef Jean-Claude Juncker zeigte sich allenfalls für „rasche Präzisierungen“ offen.

Doch auch die Schweiz zeigt sich unnachgiebig. Am Donnerstag stärkte das Parlament der Regierung den Rücken - und gab ihr den offiziellen Auftrag, Zusatzverhandlungen mit der EU zu führen. „Wir wollen im Rahmenvertrag unsere sozialen Errungenschaften sichern“, sagte etwa Corrado Pardini von den Sozialdemokraten. Der Lohnschutz, die rote Linie der Linken, müsse ausgebaut werden. Auch die SVP wetterte gegen das Abkommen. Sie warnt davor, dass die Schweiz ihre nationale Souveränität verliert.

Die EU will den Vertrag unter Dach und Fach bringen, die Schweiz will ihn ergänzen: An eine Unterzeichnung des Abkommens ist damit derzeit nicht zu denken. Die Blockade könnte die Schweizer Börse SIX als erstes Treffen.

Bislang kann sie Geschäfte mit Kunden in Europa machen, weil die EU die Regulierung in der Eidgenossenschaft als gleichwertig mit den europäischen Regeln anerkannt wird. Doch die so genannte Börsenäquivalenz ist bis zum Ende des Monats befristet.

Schweizer Börse könnte Marktzugang verlieren

Danach droht die Schweizer Börse SIX den Zugang zum EU-Markt zu verlieren. Zuvor hatte Brüssel die Äquivalenz für ein halbes Jahr verlängert – und Fortschritte in den Verhandlungen dafür zur Bedingung gemacht. Verliert die Börse den Marktzugang, dann dürften europäische Wertpapierhändler dort etwa keine Aktien mehr kaufen - das würde auch gefragte Papiere von Konzernen wie Nestlé, Novartis oder Roche betreffen.

Doch die Schweiz hat bereits mit einem „Plan B“ vorgesorgt. Er sieht vor, dass die Aktien von Schweizer Unternehmen nur noch an zugelassenen Handelsplätzen gehandelt werden dürfen – und diese Zulassung würde man europäischen Börsen verweigern.

Wenn Anleger aus Europa Schweizer Aktien kaufen wollen, müssten sie die Papiere wohl oder übel in Zürich ordern – sonst drohen Geldstrafen. Derzeit werden rund 30 Prozent des Handels mit Schweizer Aktien auf anderen Plattformen abgewickelt.

Der Börse wäre es am liebsten, wenn die bestehenden Regeln weitergelten: „Für uns hat weiterhin das Erreichen der dauerhaften Äquivalenzanerkennung höchste Priorität, weil damit Rechtssicherheit gefestigt wird und transparente und effektive offene Märkte weiter dem Bedarf der Anleger entsprechen können“, sagte ein Sprecher des Instituts.

Gleichzeitig begrüße man aber die „Eventualmaßnahme“ des Bundesrats, also den so genannten Plan B. „Für den Fall, dass eine Verlängerung der Äquivalenzanerkennung nicht erreicht werden kann, stellt diese Maßnahme sicher, dass EU-Marktteilnehmer weiter Zugang zum Schweizer Binnenmarkt haben und dort Schweizer Aktien handeln können.“

In Schweizer Medien wird bereits darüber spekuliert, dass die EU-Kommission die Deadline vielleicht doch verlängert. Auf ihrer jüngsten Sitzung am Dienstag fällte die Kommission bei dem Thema demonstrativ keine Entscheidung.

Eine Einigung in letzter Minute bleibt möglich, doch die Zeit wird knapp. EU-Kommissionschef Juncker würde das Abkommen gerne in seiner Amtszeit unter Dach und Fach bringen. Diese dauert offiziell noch bis Ende Oktober.

Vielleicht bleibt der Schweiz aber auch noch etwas mehr Zeit - denn noch konnten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs und das Parlament nicht auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Junckers Posten einigen.

Mehr: Die Staats- und Regierungschef können sich im Streit um die EU-Spitzenposten nicht einigen. Ein weiterer EU-Gipfel soll die Frage klären.