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Im Streit um Autozölle zwischen Europa und den USA zeichnet sich eine Einigung ab

Die USA wollen offenbar auf Strafzölle gegen europäische Autobauer verzichten. Im Gegenzug sind die Konzerne bereit, ihre Produktion in den Staaten auszuweiten.

In den USA geschieht im Moment kaum etwas, was nicht von dem laufenden Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump und den Wahlen im kommenden Jahr beeinflusst wird. Das gilt auch für Trumps Drohung, Autoimporte aus dem Ausland mit einem Strafzoll von bis zu 25 Prozent zu belegen.

Im Mai hatte Trump den Europäern noch mit dem Sanktionsknüppel gedroht. Bis zum 13. November müsste der US-Präsident entscheiden, ob er zuschlägt. Es sieht jedoch alles danach aus, dass Trump seinen Knüppel zumindest vorerst wieder einpackt. Und das hat viel mit seiner prekären politischen Lage in den USA zu tun.

Offiziell sind die Strafzölle zwar noch nicht vom Tisch, doch enge Vertraute des US-Präsidenten sind gerade dabei, die Drohkulisse abzuräumen. Erst erklärte der amerikanische Wirtschaftsminister Wilbur Ross, er sei guter Hoffnung, dass es genügend Fortschritte geben werde, um die Strafzölle zu vermeiden.

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Jetzt legte Richard Grenell, US-Botschafter in Berlin, nach und bestätigte, dass man sich in den Gesprächen mit den deutschen Autokonzernen auf einem guten Weg zu einer Einigung befinde. „Wir haben uns in den vergangenen 18 Monaten regelmäßig getroffen und gesprochen“, sagte Grenell dem Handelsblatt, „mein Besuch vergangenen Monat in Spartanburg (im US-Bundesstaat South Carolina) und Birmingham (Alabama) war sehr produktiv.“

Strafzölle auf Autoimporte würden US-Wirtschaft treffen

In South Carolina und Alabama haben BMW und Daimler nicht nur riesige Autofabriken aufgebaut, dort sitzen mit Lindsay Graham und Richard Shelby auch zwei republikanische US-Senatoren, auf deren Unterstützung Trump bei seinem Kampf gegen eine Amtsenthebung und für eine Wiederwahl 2020 kaum verzichten kann.

Hohe Strafzölle auf Autoimporte würden die ohnehin schwächelnde US-Wirtschaft treffen und die Jobs in den ausländischen Autofabriken der USA gefährden.

Grenell erinnerte daran, dass die deutschen Autobauer in den USA direkt 45.000 Menschen beschäftigten und weitere 155.000 Arbeitsplätze bei amerikanischen Zulieferbetrieben sicherten. „Es ist deshalb wichtig, dass wir weiter miteinander reden.“ Er sei zuversichtlich, dass man auf diesem Weg weiter vorankommen werde. Der US-Botschafter ist federführend an den Gesprächen mit Volkswagen, Daimler und BMW beteiligt.

Noch im Mai hatte Trump den europäischen Autobauern mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent gedroht und dies mit einer angeblichen Gefahr der Autoimporte für die nationale Sicherheit begründet. Tatsächlich geht es ihm jedoch darum, dass die Autos für den US-Markt größtenteils in den USA gebaut werden.

Seine Entscheidung über die Sanktionen verschob Trump um 180 Tage bis zum 13. November. Dass er die Idee von Autozöllen für immer begräbt, darauf will man unter Branchenvertretern noch nicht setzen. Trump machte erst Ende Oktober deutlich, dass der Streit mit der EU jederzeit eskalieren könne. „Diesen Krieg können wir einfach nicht verlieren, das Ungleichgewicht ist zu groß dafür“, sagte er.

Auch EU-Diplomaten halten es für wahrscheinlich, dass Trump die Entscheidung über die Autozölle angesichts der massiven Widerstände zu Hause erneut verschiebt. Ganz vom Tisch nehmen werde er das Druckmittel aber kaum, glaubt der gerade aus Washington zurückgekehrte Grünen-Wirtschaftspolitiker Reinhard Bütikofer: „Der Präsident wird uns nicht den Gefallen tun, diesen Konflikt zu lösen – er braucht die EU als Sündenbock.“

Unklar ist, ob auch die Gespräche über ein Handelsabkommen mit der EU von einer Einigung bei den Autozöllen profitieren. Die Verhandlungen haben formell noch gar nicht begonnen, weil die US-Regierung auf die Einbeziehung des Agrarsektors pocht. Die Europäer lehnen das strikt ab – daran dürfte ein Verzicht auf die Autozölle nichts ändern.

Offenbar Investitionszusagen aus Deutschland

Aus Verhandlungskreisen erfuhr das Handelsblatt, dass die drei deutschen Autobauer offenbar bereit sind, ihre Investitionen in den USA so weit auszuweiten, dass sie bei der Wertschöpfung einen Mindestanteil aus US-Produktion erreichen. Messlatte dafür sollen Vereinbarungen sein, die die USA mit Mexiko und Kanada bei der Neuverhandlung des Nafta-Freihandelsabkommens getroffen haben.

Die Investitionszusagen der deutschen Autobauer sollen über das hinausgehen, was die Autokonzerne ohnehin geplant hatten. Noch sei das Ziel aber nicht erreicht, hieß es.

Auch ohne neue Handelsbarrieren zwingt die US-Regierung die internationale Autoindustrie dazu, verstärkt in Amerika zu investieren. 2018 einigten sich die USA mit Mexiko und Kanada auf ein neues Freihandelsabkommen in Nordamerika, das dem Nafta-Vertrag folgen soll.

Das „United-States-Mexiko-Canada-Agreement“ (USMCA) sieht vor, dass Autohersteller ab 2023 drei Viertel statt wie bisher 62 Prozent der Wertschöpfung ihrer Fahrzeuge vor Ort erbringen müssen, um weiterhin ihre Modelle ohne zusätzliche Zölle und Abgaben absetzen zu können.

Allein durch diese Vorgaben betreibe Amerika ein „signifikantes Insourcing“, konstatiert ein hochrangiger deutscher Automanager. Denn derzeit erfüllen weder die japanischen noch die heimischen Konzerne die Ziele. Daimler und BMW, die größten Autoproduzenten im Süden der USA, kommen aktuell auf Werte zwischen 65 und 70 Prozent.

Um die lokale Wertschöpfung zu steigern, kämen die Fahrzeughersteller und ihre Zulieferer nicht darum herum, wichtige Komponenten wie Motoren oder Getriebe, die zurzeit aus Europa importiert werden, künftig in den Vereinigten Staaten zu produzieren, sagt der Manager: „Das ist reine Mathematik.“

Autobauer knüpfen Zusagen an Rahmenbedingungen der USA

Daimler betreibt mit Nissan bereits ein Motorenwerk in den USA, BMW erwägt eines zu bauen. Getriebe könnten beide bei einem Zulieferer beziehen, der sein Geschäft in den USA ausweiten will. VW investiert unterdessen 700 Millionen Euro in eine Elektroautofabrik.

Sollten Mindestwertschöpfungsanteile in den USA künftig auch für Importautos aus Europa gelten, wäre dies ein „lösbares Problem“, glaubt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM): „Das Wichtigste ist für die Branche, wieder Sicherheit darüber zu erlangen, wie der Warenverkehr zwischen Europa und den USA ablaufen soll.“ Aufgrund steigender Logistikkosten steige der Grad der Lokalisierung in der Fahrzeugproduktion tendenziell ohnehin.

Die deutsche Autoindustrie hat zudem mehrfach signalisiert, für mehr Wertschöpfung in den Vereinigten Staaten sorgen zu wollen. „Wir haben einen klaren Investitionsplan für die USA, wir wollen dort wachsen“, erklärte Daimler-Chef Ola Källenius erst Ende Oktober auf dem Handelsblatt Auto-Gipfel.

Der Mercedes-Frontmann betonte zugleich, dass seine Bereitschaft eng an die Rahmenbedingungen geknüpft ist, die die amerikanische Politik vorgibt. „Unser Argument war klar: Wenn wir wirtschaftlich stark sind, dann können wir investieren. Wenn unsere Wirtschaftlichkeit eingeschränkt wird, wird es auch schwieriger für uns, dort zu investieren“, erläuterte Källenius.

Aktuell wird die Wirtschaftlichkeit von Daimler in den USA bereits ein Stück weit eingeschränkt. Der Konzern produziert in Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama große, margenträchtige SUVs wie den GLE oder GLS, die vielfach von Übersee nach Fernost verschifft werden.

Der Handelskrieg zwischen den USA und China macht dieses Geschäft für Daimler immer unattraktiver. Sollte Peking zudem die Drohung wahr machen, als Reaktion auf erhöhte Handelsbarrieren vonseiten Amerikas, die Importzölle auf Autos aus den USA von derzeit 15 auf 50 Prozent zu erhöhen, würde dies Daimler „sehr hart treffen“, sagt Källenius.

Statt groß zu investieren, müssten die Schwaben wohl abermals ihre Gewinnerwartungen zusammenstreichen. Noch schlimmer träfen Daimler, BMW und VW aber hohe Abgaben bei der Einfuhr ihrer Autos von Europa in den US-Markt. Das deutsche Fahrzeugtrio exportiert nach Berechnungen von IHS Markit pro Jahr mehr als 600.000 Kleinwagen, SUVs und Limousinen nach Amerika.

Die angedrohten Zölle von 25 Prozent auf diese Pkws würden alleine den VW-Konzern 2,3 Milliarden Euro kosten, BMW und Daimler müssten mit zusätzlichen Belastungen von jeweils bis zu zwei Milliarden Euro rechnen, schätzen die Analysten von Evercore ISI. Das entspräche rund einem Fünftel der gesamten Gewinne der Konzerne.

Auch Japan ist dabei, seinen Handelsstreit mit den USA beizulegen. Auf die Schnelle wurde ein Mini-Handelsdeal mit niedrigeren Zöllen für landwirtschaftliche Produkte beschlossen. Als Dank erhoffte sich Ministerpräsident Shinzo Abe, dass Trump zumindest die angedrohten Autozölle streicht.

Tatsächlich meldeten Japans Unterhändler Vollzug: Die USA hätten eingewilligt, die Autozölle während der Laufzeit des Vertrags nicht zu erhöhen, versicherte der damalige Chefunterhändler Toshimitsu Motegi. Der Vertragstext gibt Japan diese Sicherheit jedoch weder im vierseitigen Hauptteil noch in den zwei Anhängen schwarz auf weiß.