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„Streaming-Plattformen werden im Augenblick zu sehr gehypt“

Der Produzent Wolf Bauer arbeitet derzeit am zweiten Teil des internationalen Kinoerfolgs „Der Medicus“. Der frühere Ufa-Chef gilt als Vordenker der Filmbranche. Bereits seit vielen Jahren gehört der Gründer der Ufa Cinema dem Kuratorium der Bertelsmann-Stiftung an.

Herr Bauer, ist der unglaubliche Erfolg von Netflix für die Produzenten ein Glück oder auch eine Herausforderung?
Beides zugleich. Netflix und andere Streaming-Plattformen sind eine Bereicherung des Inhaltmarktes. Sie treiben damit die Nachfrage an. Sie sind Teil der digitalen Transformation, die sich lange angekündigt hat und nun Medienwirklichkeit ist. Ich sehe darin eine willkommene Ergänzung zum bisherigen Angebot an Bewegtbildern. Netflix, Amazon, Entertain und Sky erweitern die Vielfalt insbesondere in der Programmnische, sie bedienen Genres wie zum Beispiel Dystopien, Horror, Mystery oder Fantasy, die das öffentlich-rechtliche und private Fernsehen weitgehend aufgrund geringer Reichweitenchancen auslassen.

Und worin besteht die Herausforderung?
Bald kommen noch sehr viel größere Unternehmen wie Apple, Youtube, Warner AT & T oder Disney mit eigenen Videoplattformen auf den Markt. Dadurch wird es ein Überangebot von Plattformen und Programminhalten geben. Das ist eine völlig neue Erfahrung für Produzenten, die ihre Entwicklung und Innovationsanstrengungen noch einmal deutlich steigern müssen. In den untergegangenen Zeiten des Duopols im linearen Fernsehen herrschte ja immer eher ein Engpass an Chancen und Abspielmöglichkeiten.

Immer mehr Plattformen, immer Inhalte – macht der Zuschauer das alles mit?
Es gibt die Gefahr, den Zuschauer zu überfordern. Schon jetzt hat er die Qual der Wahl zwischen Öffentlich-Rechtlichen, werbefinanzierten Sendergruppen, Bezahlsendern und Streaming-Plattformen. Überangebot schafft auch Überdruss. Schon heute können sich Familien oder Paare abends gar nicht mehr auf ein Programm einigen oder finden am nächsten Tag niemanden mehr mit dem sie über ihre Lieblingsserie sprechen können. Die Streaming-Plattformen scheinen mir im Augenblick auch etwas zu sehr gehypt. Die Begeisterung mancher Journalisten spiegelt nicht das Interesse der Zuschauer wieder.

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Was meinen Sie damit?
Netflix, Amazon oder Sky erreichen bei stark beworbenen Serienepisoden gerade mal 150.000 bis 200.000 Zuschauer in Deutschland. Leuchtturmprogramme der linearen Sender erreichen dagegen fünf bis zehn Millionen Menschen. Lineares Fernsehen hat immer noch eine völlig andere Reichweite und adressiert ein Massenpublikum. Mit ihren Mediatheken bauen sie ihre Zuschauerzahlen zudem noch weiter aus. So hat beispielsweise die „Charité“-Serie in der zweiten Staffel zusätzlich zu ihren Spitzenquoten in der linearen Ausstrahlung noch Millionen Zuschauer pro Episode in der ARD-Mediathek. Vor allem die 14- bis 29-Jährigen nutzen bevorzugt das non-lineare Angebot.

Befinden wir uns im goldenen Zeitalter für Produzenten angesichts des wachsenden Angebots von Plattformen?
Für uns Produzenten wird durch die Erweiterung des deutschen Marktes das in den USA schon seit langem zitierte goldenen Zeitalter des Fernsehens endlich Realität.

Europas größter Fernsehkonzern, die RTL Group, will in den nächsten drei Jahren mindestens 350 Millionen Euro in Streamingdienste investieren. Reichen die finanzielle Mittel, um Netflix & Co. die Stirn zu bieten?
Das wird der Markt zeigen. Die RTL-Gruppe oder auch Pro Sieben Sat.1 verfügen über ein enormes inhaltliches Angebot, das sie zunehmend auch non-linear ausbreiten. Ihre starken Programmmarken haben treue Zuschauerschaften, die man nicht unterschätzen sollte. Zudem werden für die neuen Streaming-Angebote auch exklusive neue Programmleuchttürme geschaffen.

Wie wird sich der TV-Markt entwickeln?
Der zunehmende Wettbewerb von privaten Sendern, Öffentlich-Rechtlichen, Sky, Netflix, Amazon und anderen schraubt die Anforderungen an Programmqualität immer weiter nach oben. Der Drang zu grandiosen Highlights wird sich weiter verstärken. Zum Vorteil der Zuschauer.

Ist es dadurch leichter für Produzenten an die großen Etats zu kommen? Sie selbst planen den zweiten Teil der Bestseller-Verfilmung „Medicus“.
Wir haben bei der Finanzierung von „Medicus 2“ einen guten Lauf. Der Kinofilm wird wieder deutlich über 20 Millionen Euro kosten. Nach dem exorbitanten Erfolg des ersten Teils möchte jeder Partner auch gerne beim zweiten Teil mitmachen.

… und wie sieht es für weniger prominente Produktionen aus?
Eins ist klar, für neue und aufwendige Serienprojekte ist heute durch die erhöhte Nachfrage die Finanzierung einfacher geworden. Der Produzent kann durch die Vielfalt der Auswertungsmöglichkeiten komplexe Partnerschaften eingehen und so die Budgetgröße deutlich nach oben heben. Der globale Markt fragt nach authentischen Geschichten gerade aus Europa. Der weltweite Erfolg der UFA-Produktion „Deutschland ´83“ ist dafür ein Beispiel. Die Serie lief in Großbritannien auf Channel 4 sogar mit Untertiteln äußerst erfolgreich und hat sich weltweit exzellent verkauft. Im Augenblick läuft die 2. Staffel Deutschland 86 auf Amazon.

Droht angesichts des ungebremsten Booms nicht auch eine Blase in der Filmproduktion?
Weniger in der Programmkreation und Produktion, sondern eher bei den Plattformen. Wir kommen zweifellos an einen Punkt des Überangebots. Den ‚tipping point, definiert allerdings der Zuschauer.

Wann wird dieser Punkt erreicht?
Noch sind wir nicht so weit.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.