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Die Strategien der Flash-Boys

Hochfrequenzhändlern wird nachgesagt, dass ihre Aktivitäten zu Verzerrungen an den Märkten führen. FundResearch stellt einige der teilweise illegalen Strategien vor.

Seit Juli kennen die Börsenkurse in China nur eine Richtung – abwärts. Das (Other OTC: DASX - Nachrichten) setzte Börsen weltweit unter Druck: Am 24. August konnten sie sich dem Abwärtssog schließlich nicht mehr entziehen. In der Folge rutschte der DAX beispielsweise unter die 10.000-Punkte-Marke und der Dow-Jones brach um 1.000 Punkte ein. Für viele Anleger war das kein berauschender Tag (Other OTC: TAGOF - Nachrichten) . Brian Donnelly, Chef eines Hochfrequenzhändlers, dagegen jubelt: „Das sind die Tage für die wir hier alle arbeiten. Es ist der wohl beste Tag seit dem Flash Crash 2010.“ Douglas Cifu, ebenfalls Chef eines Hochfrequenzhändlers ergänzt: „Unsere Firma ist für solche Märkte gemacht. Der Montag war einer unserer ertragreichsten Tage.“ Schließlich wird an solchen „schwarzen“ Tagen in kurzer Zeit viel gehandelt. Das beflügelt die Umsätze.

Hochfrequenzhändlern kommt jedoch eine umstrittene Rolle zu. Auf der einen Seite stehen die Vorteile: „Diese bestehen in den Strategien, die zur Marktliquidität, zur Effizienz des Preisfindungsprozesses oder zur Markteffizienz beitragen“, erklärt Peter Gomber vom House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt in der „Börse-ARD“. Auf der anderen Seite wird Hochfrequenzhändlern Marktmanipulation und –verzerrung vorgeworfen. Besonders der berühmte Flash-Crash im Mai 2010 hat die Branche ins Zwielicht gerückt, auch wenn die Rolle der Hochfrequenzhändler nicht eindeutig bestimmt werden konnte. Damals rutschte der Dow Jones innerhalb von Minuten um rund zehn Prozent ab. In der „New York Times“ konnte man danach lesen: „Für einen Moment schien es, als würde der Ausverkauf Computer und auch menschliche Systeme überwältigen.“ Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei. „Meine Hypothese wäre, dass Hochfrequenzhandel in extremen Marktphasen eine destabilisierende Wirkung hat“, zitierte die „Financial Times Deutschland“ damals den Berliner Ökonom Nikolaus Hautsch. Zusätzlich befeuert hat die Debatte schließlich das Buch „Flash-Boys“ von Micheal Lewis. Darin klagt er die Praktiken und die Moral von Hochfrequenzhändlern an.

Die Einstellung der Händler erklärt er mit folgendem Beispiel: Man (Swiss: MAN.SW - Nachrichten) nehme eine Aktie X, deren Kurs an allen US-Börsen bei 80 Dollar steht. Jetzt wird an einer Börse ein großes Paket verkauft, der Kurs der Aktie X sinkt dort auf 79,98. Hochfrequenzhändler kaufen nun an dieser Börse für den neuen, niedrigeren Kurs und verkaufen an alle anderen Börsen zu 80 Dollar, bevor der Kurs dort offiziell angepasst wird. Dafür müssen sie logischerweise in Milli-, Mikro- oder Nanosekunden handeln können und einen Informationsvorsprung besitzen. Ende 2014 bestätigte eine Studie, über die das „Wall Street Journal“ und die „Wirtschaftswoche“ berichteten, dass dies auch tatsächlich der Fall sei: Einige bezahlende Abonnenten würden Informationen und Meldungen der US-Börsenaufsicht SEC tatsächlich bis zu zehn Sekunden eher erhalten als andere. Aktuell berichtet „die Zeit“, dass eine Studie der US-Börsenaufsicht SEC nun auch bestätige, was zuvor nur vermutet wurde: Hochfrequenzhändler seien die dominante Komponente im Markt und können ihn in fast allen Bereichen in seiner Performance beeinflussen. Mutmaßungen über den Einfluss des Hochfrequenzhandels hatten den Deutschen Bundestag schon vor zwei Jahren dazu veranlasst, Börsen und Händler durch ein Gesetz zur „Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel“ zu regulieren. „Bestimmte Handelspraktiken, welche ohne Handelsabsicht getätigt werden, um das Funktionieren der Handelssysteme zu stören oder zu verzögern oder andere Handelsteilnehmer zu täuschen“, werden demnach als Marktmanipulationen eingestuft.

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Peter Kasiske vom Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie der Universität München schätzt, dass etwa 40 Prozent der Transaktionen an europäischen Börsen automatisch abgewickelt werden. In seinem Aufsatz „Marktmissbräuchliche Strategien im Hochfrequenzhandel“ (erschienen 2014 in der Zeitschrift Wertpapiermitteilungen) stellt er zudem einige bedenkliche oder problematische Strategien der Hochfrequenzhändler vor. Sie sollen Handelsvorteile zu Lasten langsamerer Marktteilnehmer abschöpfen:

Spam und Cancel: Etwa 90 Prozent der aufgegeben Orders werden sofort wieder storniert. Durch solche Scheinaufträge würden andere Marktteilnehmer über tatsächliche Kauf- und Verkaufsaufträge getäuscht. Ziel sei es beispielsweise Nachfrage zu suggerieren, um Käufer anzulocken.

Quote Stuffing: Das Funktionieren von Handelssystemen soll durch eine Vielzahl aufgegebener und stornierter Orders, die bearbeitet werden müssen, verzögert werden. So versuche diese Strategie die Großrechner von Handelsplätzen um Millisekunden zu verlangsamen oder andere Hochfrequenzhändler zu stören. Auf diese Weise sollen Arbitrage-Gewinne erzielt werden.

Front Running oder auch Pining: Orderbücher sollen ausgespäht bzw. „erkundet“ werden. Durch das Absenden kleiner Oders würden minimale Zeitunterschiede bei der Antwort Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Orderbuchs zulassen. Ähnlich funktioniere das Sniping, stellt die Deutsche Bundesbank fest: Das fortlaufende Versenden von Orders soll Limits erkennen lassen.

Momentum Ignition: Ein vorhandener Markttrend soll durch die Eingabe von Aufträgen oder einer Auftragsserie vorgetäuscht oder verschärft werden, um andere Hochfrequenzhändler auf die Fährte zu locken und den Trend zu beschleunigen. Der Initiator verschafft sich damit Gelegenheiten für die Eröffnung oder Auflösung seiner Position. Diese Strategie ziele direkt darauf ab, Börsenkurse zu beeinflussen.

Haben Hochfrequenzhändler auch am 24. August ihre Finger im Spiel gehabt? Die Comdirect mache die in den Depots vieler Anleger eingebauten Stop-Loss-Orders für die Kursverluste an diesem Tag verantwortlich, so die „ARD-Börse“. Zudem sei die Zahl der Käufer bei Xetra in den vergangenen Jahren gesunken. Hinzukomme, dass Banken aufgrund der Eigenkapitalanforderungen keinen Eigenhandel mehr betreiben können und als kurzfristige Käufer damit ausscheiden würden.

(TL)