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Stimmungsumschwung an den Börsen – Sentiment-Experte sieht steigende Korrekturgefahr

Viele Anleger schwelgen in Euphorie – das gilt als Indiz für bald fallende Kurse. Worauf Anleger in den kommenden Handelstagen achten sollten.

Der beherrschende Thema an den Märkten ist das Brexit-Drama. Foto: dpa
Der beherrschende Thema an den Märkten ist das Brexit-Drama. Foto: dpa

Trotz Brexit-Chaos, Konjunkturflaute und Handelsstreit: Der Dax ist nicht zu bremsen und hat in der vorherigen Handelswoche um zwei Prozent zugelegt. In den vergangenen knapp vier Wochen hat der Dax mehr als 1000 Punkte gewonnen. „Es scheint, als bekommen Anleger keine Gelegenheit mehr, um auf den angefahrenen Zug noch aufzuspringen“, sagt Stephan Heibel nach Auswertung der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment und weiterer Indikatoren.

Der US-Index Dow Jones stieg in diesem Zeitraum lediglich um 0,8 Prozent. Das legt den Schluss nahe: Weil die Deutschland AG zuvor besonders stark unter der globalen Konjunkturabschwächung durch den Handelsstreit gelitten hatte, reicht schon der Ausblick auf Besserung für einen stärkeren Dax-Anstieg im Vergleich zu den US-Werten.

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Doch bald dürften sich die Börsenzeiten ändern. Noch vor zwei Wochen, als der Dax bei 12.400 Zählern lag, hatte das Handelsblatt-Sentiment signalisiert: Rücksetzer sind Kaufgelegenheiten.

Nun steht für den Inhaber des Analysehauses Animusx fest: „Für Anleger ist es inzwischen zu spät, neue Positionen einzugehen.“ Die Rally sei schon ein ordentliches Stück gelaufen, die Korrekturgefahr angestiegen. „Mit Neupositionen lieber warten, bis es einen kleinen Rückschlag gibt“, rät Heibel.

Aus einem anderen Blickwinkel gilt: Es ist ein guter Zeitpunkt, erste Gewinne zu sichern. Wer die Rally mitgenommen hat, der kann jetzt einen ersten Teil seiner Positionen verkaufen, den Gewinn einstreichen und den Rest laufen lassen, empfiehlt der Sentiment-Profi.

Was ist geschehen? Die kurzfristige Stimmungsindikator ist auf einen Wert von 4,8 gesprungen – und damit auf den höchsten Wert seit Ende 2017. „Das ist Euphorie und damit ein Warnzeichen für die weitere Entwicklung“, meint der Herausgeber des Börsenbriefs Heibel-Ticker.

Denn aus Stimmungsumfragen wie dem wöchentlichen Handelsblatt Dax-Sentiment unter mehr als 3500 Anlegern lässt sich – vereinfacht gesagt – folgendes ableiten: Bei Euphorie sind die meisten Anleger investiert und es fehlt weitere Nachfrage, sollten die Kurse fallen. Falls extremer Pessimismus herrscht, haben die meisten Investoren bereits verkauft und es reichen wenige Käufer, um die Kurse steigen zu lassen.

Allerdings lässt sich der Beginn einer solchen Korrektur nicht abschätzen. Während Niedergeschlagenheit ein ziemlich guter Indikator für bald steigende Kurse ist, kann Euphorie über einen längeren Zeitraum anhalten.

Ein Blick zurück bestätigt dies: Ende 2017, am 18. Dezember, lag der Euphorie-Wert bei 6,4. Damals notierte der Dax mit 13.245 Punkten in der Nähe seines Rekordhochs. Aber es dauerte noch rund sechs Wochen, bis die Korrektur begann. Ende Januar bis Ende März 2018 rutschte der Index auf 11.787 Punkte ab.

Bereits Mitte September dieses Jahres hatte der kurzfristige Stimmungsindikator mit einem Wert von 4,2 eine leichte Euphorie signalisiert. Damals sagte Heibel: „Immer dann, wenn bei Anlegern solch ein Verhalten festgestellt wurde, gab es zu einem späteren Zeitpunkt nochmals günstigere Kurse.“ „Kleiner Warnschuss für die Rally“ lautete damals die Überschrift.

Das Szenario trat auch so ein: Mitte September notierte der Index bei 12.469 Punkten, rutschte zwei Wochen später aber wieder unter die Marke von 12.000 Zählern.

Eine ähnliche Stimmungslage erkennen auch die Experten der Investmentberatungsfirma Sentix am deutschen Aktienmarkt. Das Sentix-Sentiment ist auf den höchsten Wert seit Anfang 2018 geklettert. „Das stellt für gewöhnlich kurzfristig eine Bürde dar“, heißt es in der Sentix-Studie,. „Aber für den Dax erwarten wir noch keine Trendwende.“

Einfluss auf die weitere Entwicklung an den deutschen Aktienmärkten dürfte in erster Linie die laufende Berichtssaison haben. Brexit und Handelsstreit steuern auf eine weitere Verlängerung zu, ohne dass es kurzfristig zu einer Verschlechterung der Situation kommt. Die Konjunktursorgen scheinen ebenfalls bereits ihr Maximum erreicht zu haben, erste Keime der Hoffnung sind zu erkennen.

Diese Woche geht es weiter mit einer ganzen Reihe von Unternehmensberichten. Nach Covestro am heutigen Montag veröffentlichen mit Beiersdorf, Fresenius, Deutsche Bank, Bayer und Volkswagen fünf weitere Dax-Konzerne dieser Tage Quartalszahlen.

Sollte sich der Eindruck in der nun laufenden Woche bestätigen, dass die Zahlen „nicht so schlimm wie befürchtet“ ausfallen, dann könnte der Dax noch ein wenig weiter steigen, meint Sentimentexperte Heibel. Doch irgendwann reiche „nicht so schlimm wie befürchtet“ nicht mehr für neue Jahreshochs aus, da müsste dann ein „besser als erwartet“ aus den Zahlen ablesbar sein. „Bleibt das aus, dürfte das dann der Zeitpunkt sein, an dem der Dax eine wohlverdiente Verschnaufpause einlegt“, erläutert der Animusx-Geschäftsführer.

So haben Anleger nun den Kopf frei, um die Quartalszahlen der Unternehmen unbelastet zu bewerten. Und dabei wurde in der abgelaufenen Woche festgestellt, dass die Geschäfte gar nicht so schlecht laufen, wie vielfach befürchtet. Im Gegenteil: Viele Unternehmen haben sich auf die schwere Marktsituation eingestellt und vermelden trotz teilweise rückläufiger Umsatzzahlen dennoch steigende Gewinne.

Die aktuellen Ergebnisse zeigen: Jeder zweite der befragten Anleger (plus 18 Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) attestiert dem Dax einen Aufwärtsimpuls. Weitere 22 Prozent (plus vier Prozentpunkte) halten die jüngsten Zuwächse bereits für den Beginn einer Topbildung. Nur noch jeder Vierte (minus 14 Prozentpunkte) geht von einer Seitwärtsbewegung aus.

Steigende Kurse sind in der Regel gut für das Selbstbewusstsein von Anlegern. Aber nur 15 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) der Umfrageteilnehmer geben an, die Rally in der vergangenen Handelswoche voll und ganz erwartet zu haben.

56 Prozent (plus drei Prozentpunkte) wollen den Kursanstieg zum größten Teil erwartet haben. 23 Prozent (minus fünf Prozentpunkte) sehen ihre Erwartungen kaum erfüllt und weitere sechs Prozent (minus drei Prozentpunkte) wurden auf dem falschen Fuß erwischt.

Damit ist die Selbstzufriedenheit mit einem Wert von 1,3 noch immer auf einem sehr niedrigen, eher neutralen Niveau. Die Verunsicherung der Vorwochen ist verflogen, aber Selbstzufriedenheit aufgrund von Kursgewinnen sieht eigentlich anders aus. „Viele Anleger beobachten die Rallye unbeteiligt“, meint Heibel nach diesem Ergebnis.

Der Zukunftsoptimismus schwindet schnell: Nur noch jeder Fünfte (minus fünf Prozentpunkte) der Anleger glaubt an weiter steigende Kurse in den kommenden drei Monaten. Weitere 15 Prozent (plus sieben Prozentpunkte) gehen von einer Topbildung aus.

Hingegen steigt die Zahl der Pessimisten deutlich: 22 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) erwarten fallende Kurse. An eine Seitwärtsbewegung glauben mit 40 Prozent (minus fünf Prozentpunkte) die meisten Anleger. Insgesamt überwiegt bei der Zukunftserwartung der Pessimismus.

Dennoch wollen 23 Prozent (plus zwei Prozentpunkte) in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, unverändert 17 Prozent wollen Positionen verkleinern. Mit 59 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) wissen die meisten noch nicht, wie ihre nächsten Aktionen aussehen werden.

Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart ist wieder auf minus sieben abgerutscht und zeigt somit: Privatanleger sichern sich verstärkt gegen fallende Kurse ab. Die Profis hingegen, die an der Frankfurter Terminbörse Eurex handeln, haben so viele Call-Optionen in ihren Depots wie seit Dezember vergangenen Jahres nicht mehr. Die institutionellen Investoren setzen also durchweg auf steigende Kurse. Beide Indikatoren werden anhand realer Trades mit Hebelprodukten sowie Optionen berechnet.

Auch in den USA ist das Put-Call-Verhältnis zurückgegangen, was für deutliche Käufe von Call-Optionen spricht. Da sich aber die meisten US-Anleger vorher mit Put-Optionen, die von fallenden Kursen profitieren, stark abgesichert hatten, erfolgt nun lediglich eine Normalisierung. Die Investitionsquote der US-Fondsmanager ist um acht Prozentpunkte auf 65 Prozent angesprungen, liegt aber noch immer auf einem niedrigen Niveau.

Die US-Privatanleger haben eine Bullenquote von 7,3 Prozent, das entspricht einem leichten Überhang von Optimisten. Ein ähnliches Bild zeigt auch der auf technischen Marktdaten basierende „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Aktienmärkte. Ein Wert von 62 Prozent zeigt mehr Optimisten als Pessimisten. Andere kurzfristige Indikatoren zeigen an, dass in den USA kurzfristig zumindest eine kleine Verschnaufpause zu erwarten ist.

Eine interessante Situation hat sich nach Meinung von Heibel beim Gold entwickelt: Nachdem die Goldpreisrally auf 1.500 Dollar für extreme Euphorie unter den Goldanlegern gesorgt hatte, konnte diese positive Stimmung im September abgebaut werden.

Bemerkenswert dabei sei, dass der Goldpreis nur wenig fiel, die Stimmung der Anleger sich aber wieder normalisiert hat. „Nun ist eine Fortsetzung der Goldpreisrally möglich“, meint Heibel.