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Stiglitz zu Euro: Sieben Regeländerungen notwendig

Der Schuldige der Eurokrise sei der Euro selbst, so Nobelpreisträger Josef E. Stiglitz. Sieben Reformen könnten helfen. Die Alternative: Eine Trennung der Euro-Staaten.

„Dass die Eurozone seit 2008 keine gute Leistung gezeigt hat, ist eine Untertreibung“, sagt Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Josef E. Stiglitz in einem durch das „Project Syndicate“ veröffentlichten Kommentar. Die EU-Mitgliedsstaaten hätten schlechter performt als die EU-Länder außerhalb der Eurozone und sogar wesentlich schlechter als die USA selbst, das Epizentrum der Krise. Und damit noch nicht genug: „Die Länder der Eurozone mit der schlechtesten Wirtschaftsleistung stecken mitten in einer Depression. Es geht ihnen schlechter als es vielen Ländern während der Weltwirtschaftskrise 1930 ging.“ Länder wie Deutschland, denen es scheinbar gut gehe, kämen nur im Vergleich mit anderen Ländern der Eurozone gut weg. „Ihr Erfolg geht auf Kosten ehemaliger ‚Partner‘.“

Verschiedene Erklärungen für diesen Zustand

„Deutschland beschuldigt gerne die Opfer und zeigt mit dem Finger auf Griechenlands Lasterhaftigkeit und auf die Schulden und Defizite anderer Staaten.“ Dabei werde vergessen, dass Spanien und auch Irland vor der Eurokrise Überschüsse und niedrige Schuldenquoten verzeichnen konnten. „Die Krise hat Defizite und Schulden hervorgerufen – und nicht anders herum.“ Bevor der Euro eingeführt worden sei, hätten viele Länder sehr gut bis überdurchschnittlich abgeschnitten. „Nicht Faulheit hat zum Absturz geführt. Was sich geändert hat, war das Währungskonstrukt.“

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Auch Politiker selbst nimmt der Ökonom hart ins Gericht: „Fehlgeleitete strukturelle Reformen haben die Situation zweifelsfrei verschlimmert.“ Aber die Eurozone sei eben ein politisches Konstrukt. „Es war unvermeidbar, dass Deutschland mit lauter Stimme sprechen wird.“ Mit den verfügbaren Werkzeugen, hätte jedoch nicht einmal der brillanteste Ökonom die Eurozone zum Blühen bringen können.

All dies lasse nur einen logischen Schluss zu: Der Euro sei schuld. „Nicht einmal der weltbeste Politiker hätte den Euro richtig konstruieren können.“ Denn die einheitliche Währung habe den Mitgliedsstaaten den wichtigsten Anpassungsmechanismus genommen: Den Wechselkurs.

Verträge müssen geändert werden

Damit der Euro funktioniere, müssten, so Stiglitz, sieben Punkte geändert werden:

- Die Konvergenzkriterien, das heißt die Forderung, dass Defizite weniger als drei Prozent des BIPs betragen sollen, muss aufgegeben werden

- Die strenge Sparpolitik, so sein Vorschlag, soll durch eine Wachstumsstrategie ersetzt werden - unterstützt durch einen Solidaritätsfonds für Stabilisierung.

- Anstelle des aktuell krisenanfälligen Systems, in welchem sich Länder in einer Währung verschulden, die nicht unter ihrer Kontrolle steht, soll die Eurozone Eurobonds oder ähnliche Mechanismen einführen.

- Lasten, meint der Experte, müssen umverteilt werden: Länder die einen Überschuss ausweisen sollen sich zu höheren Löhnen und Staatsausgaben verpflichten. So wird sichergestellt, dass die Preise dieser Länder stärker steigen, als die der Länder mit einem Leistungsbilanzdefizit.

- Das Mandat der Europäischen Zentralbank muss geändert werden. Aktuell fokussiert sie sich nur auf das Thema Inflation. Anders als die US-amerikanische Zentralbank. Sie berücksichtigt auch Arbeitslosigkeit, Wachstum und Stabilität.

- Stiglitz fordert zudem eine Bankenunion mit gemeinsamer Einlagensicherung

- sowie eine Industriepolitik, die es Ländern erlaubt, auf die führenden Volkswirtschaften aufzuholen.

Noch fehle jedoch der politische Wille, diese Vorschläge umzusetzen. „Eine Trennung in Freundschaft wäre daher besser, als der aktuelle Stillstand“, schließt der 73-jährige.

Auch Professor Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des ifo-Instituts, glaubt das Europa unter dem Euro nicht funktioniert. Trotzdem setzt er sich wiederholt für die Europaidee ein. Zuletzt auf dem zweiten €uro Fund Forum in München. Dort macht er deutlich, vor welcher Gefahr die europäische Idee steht und wie sie gerettet werden kann. Sinns Nachfolger, Clemens Fuest, ist sich ebenfalls mit Stiglitz nicht immer einig.

(TL)