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Steuerberater fordern Aufschub für Einkommensteuererklärungen

Überbrückungshilfen und die Mehrwertsteuersenkung sollen in der Coronakrise helfen. Bei Steuerberatern führen sie oft zu einem Rückstand der Routinearbeit – wie Steuererklärungen.

Die Büros hätten so viel zu tun, dass sie bei den normalen Steuererklärungen für 2019 erheblich im Rückstand seien. Foto: dpa
Die Büros hätten so viel zu tun, dass sie bei den normalen Steuererklärungen für 2019 erheblich im Rückstand seien. Foto: dpa

Nicht nur Gesundheitsämter, auch Steuerberaterbüros sind in der Coronakrise überlastet. Mit Überbrückungshilfen und der Mehrwertsteuersenkung hätten die Büros so viel zu tun, dass sie bei den normalen Steuererklärungen für 2019 erheblich im Rückstand seien, sagt Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer. Er habe deshalb mit dem Bundesfinanzministerium Kontakt aufgenommen. „Wir brauchen jetzt eine Verlängerung für alle Steuererklärungen aus dem Jahr 2019“, verlangt er.

Der Rückstand werde auch dadurch verschärft, dass die Unternehmer unter den Mandanten in der Pandemie mit vielen anderen Dingen beschäftigt seien und die Unterlagen ihren Steuerberatern nicht rechtzeitig lieferten. „Viele sagen ja, Steuerberater wären die Profiteure der Krise. Tatsächlich sind wir am Limit“, so Schwab.

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Fast jeder Mandant brauche Beratung dafür, wie er die Umsatzsteuersenkung umsetzt oder beantragt. „Maximalhonorare kann man dafür ja nicht nehmen“, sagt der Steuerberater. „Ich will das ja auch gar nicht, weil es meist langjährige Mandanten sind. Wir machen da wirklich keinen großen Reibach.“ Vor allem die Kredithilfe-Anträge bei der KfW seien sehr aufwendig.

Im Bundesfinanzministerium sieht man bisher keinen Anlass für eine generelle Fristverlängerung, so eine Sprecherin auf Anfrage. Im Einzelfall könnten sowohl Steuerpflichtige als auch Steuerberater eine Fristverlängerung beantragen. „Mit diesen Anträgen wird die Finanzverwaltung großzügig umgehen“, versprach sie.

Die meiste Arbeit mache aber die temporäre Mehrwertsteuersenkung. Mit dem Konjunkturpaket wurde zum 1. Juli der reguläre Satz von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent gesenkt. Am 1. Januar 2021 gelten wieder die alten Sätze. „Die Umstellung ist nicht so einfach, wie die Politik sich das vorstellt“, sagt Schwab.

Die Tücke liegt oft im Detail. Bei elektronischen Zeitungsabos oder Jahresmieten zum Beispiel betreffe die Mehrwertsteuersenkung oft rückwirkend das ganze Jahr. „Viele Rechnungen müssen also rückwirkend korrigiert werden“, so Schwab.

Komplizierte Gutscheine

Auch bei Gutscheinen werde es oft kompliziert für den Einzelhändler. Wenn etwa in einem Modeladen ein Kunde im Juli für 120 Euro einkauft und dabei einen Gutschein aus dem Juni einlöst, dann muss der Händler für 100 Euro 19 Prozent Mehrwertsteuer abrechnen, und für 20 Euro 16 Prozent. Der Aufwand sei für Einzelhändler und Restaurants erheblich. Das sei natürlich alles handhabbar. „Aber ich finde, dass der Ertrag im Vergleich zum Aufwand etwas zu gering ist“, meint der Steuerberater.

Bei den neuen Überbrückungshilfen, die Mittelständler seit diesem Monat ausschließlich über einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer beantragen können, hat sich die Kammer allerdings auch selbst erhebliche Mehrarbeit verschafft. Sie war an den Verhandlungen im Wirtschaftsministerium beteiligt.

Firmen, die im Lockdown im April und Mai besonders hohe Umsatzeinbußen hatten, können Zuschüsse zu den Fixkosten bis zu einer Höhe von 150.000 Euro bekommen. Durch das Zwischenschalten der Berater soll Missbrauch vermieden werden; allerdings braucht nun jeder Soloselbstständige für den Antrag einen Berater. Die Kammer habe organisiert, dass Interessierte ohne große Sucherei nur dafür einen Steuerberater finden können, so Schwab.

Ganz zufrieden mit den Überbrückungshilfen sind die Steuerberater nicht. „Für viele Soloselbstständige, Künstler zum Beispiel, ist es ein Problem, dass die Hilfen nur Betriebskosten abdecken“, sagt Schwab. Er hätte es besser gefunden, auch einen Unternehmerlohn vorzusehen. Denn Hartz IV zu beantragen sei für viele psychologisch ein Problem, etwa für einen vormals gut beschäftigten Synchronsprecher, der jüngst in seiner Praxis saß. „Wir beraten ja nicht zu Hartz IV, geben aber in der Krise teilweise jetzt auch Tipps“, sagt Schwab. „Meist gab’s dann auch keine Probleme.“

Ein Problem für Steuerberater sei auch, dass Unternehmen zu viel beantragte Überbrückungshilfen zurückzahlen müssen, es aber keinen Nachschlag gibt, wenn zu wenig beantragt wurde. „Ich kann verstehen, dass der Staat Planungssicherheit haben will, aber problematisch ist das trotzdem“, findet Schwab.

Der Steuerberater bestreitet zudem, dass es bei der ersten Soforthilfe im März viele Betrugsfälle gegeben hätte. „Die meisten Mandanten haben zu Anfang nur deshalb Fehler gemacht, weil sie Angst hatten, zu spät zu kommen, und deshalb nicht den Steuerberater gefragt haben“, sagt Schwab. Auch diese Fälle müssen die Berater nun aufarbeiten.