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Start-up Holidu profitiert in der Coronakrise von Ferien daheim

Die Pandemie schränkt Fernreisen ein. Davon profitieren die Gründer Johannes und Michael Siebers: Sie vermitteln über Holidu Ferienhäuser im Netz – in der Krise vor allem in Deutschland.

Die Hotelbesitzer klagen, die Fluggesellschaften sind verzweifelt: Corona trifft die Tourismusbranche mit voller Wucht. Bei Johannes und Michael Siebers dagegen läuft das Geschäft gut wie nie, obgleich auch sie von der Reiselust leben. Die Gründer vermitteln mit ihrem Start-up Holidu Ferienhäuser und Ferienwohnungen. Die sind in der Pandemie besonders gefragt, weil Familien und Freunde so unter sich bleiben.

Sechs Jahre nach Gründung haben die Brüder mit Holidu im Mai erstmals die Gewinnschwelle überschritten. Und in diesen Tagen kommt noch einmal eine Menge frisches Geld aufs Konto: Gerade hat sich der Ex-Chef von Booking.com, Kees Koolen, mit mehr als vier Millionen Euro an dem Münchener Unternehmen beteiligt.

„Im März haben wir uns noch gefragt, ob jetzt alles kaputt geht, was wir jahrelang aufgebaut haben“, sagt Johannes Siebers. Als ganz Europa in den eigenen vier Wänden eingesperrt war, seien die Buchungen über Nacht eingebrochen. Die 220 Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit, erklärt der 35-Jährige. Als das Reisen im Mai wieder im Inland möglich wurde, hätten sich die Leute dann aber um die Quartiere gerissen.

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Und so blieb es dem Unternehmen zufolge den ganzen Sommer. Die Deutschen zog es in Schwarzwald und Spessart, die Italiener nach Südtirol und die Niederländer an die Nordseeküste. Daher rechnet der Betriebswirt mit einem zweistelligen Umsatzplus in diesem Jahr. Wie hoch die Erlöse genau ausfallen, verrät Siebers indes nicht. Es handele sich um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag.

Die Gründer ergänzen sich bestens

Holidu besteht aus zwei Teilen: Auf der einen Seite vermitteln die Brüder Ferienquartiere. Dabei nehmen sie selbst Vermieter unter Vertrag, ihre Software durchforstet als Meta-Suchmaschine aber auch Hunderte andere Portale wie Fewo-Direkt oder Booking.com. Damit würden ihre Kunden immer den besten Preis bekommen, versprechen die gebürtigen Badener. Buchen die Leute über Holidu, kassiert das Start-up eine Provision.

Auf der anderen Seite bieten sie unter dem Namen Bookiply ein softwarebasiertes Paket für Vermieter: Damit können Eigentümer ihre Häuser und Appartements auf den unterschiedlichsten Online-Reiseportalen präsentieren. „So wird es für die Anbieter viel leichter, auf allen Plattformen präsent zu sein“, erklärt der 33-jährige Michael Siebers. Auch bei Bookiply kassieren die Brüder bei jeder Buchung.

Johannes und Michael ergänzen sich: Der eine ist Kaufmann, der andere Informatiker. „Schon als Kinder haben wir gemeinsam im Garten Seilbahnen gebaut und Baumhäuser“, erinnert sich Michael. Zusammen ist es ihnen gelungen, 65 Millionen Euro bei Finanzinvestoren einzusammeln. Größte Anteilseigner sind EQT aus Schweden sowie die niederländische Prime Ventures.

Investor Kees Koolen kennt Holidu und sitzt im Beirat. Der Niederländer ist voll des Lobes: „In den fünf Jahren, in denen ich bereits mit Holidu zusammenarbeite, ist mein Vertrauen in das Team nur gewachsen“, sagt der Co-Gründer des Hotelportals Booking.com.

Das Unternehmen könne Kundenbedürfnisse mit Daten exakt bestimmen und mit innovativer Technologie bestmöglich bedienen: „Und dies in einer für die Branche herausragenden Weise.” Es sei dies eine gute Zeit für das Start-up, findet der 55-Jährige: „Die Covid-19-Pandemie hat die Karten in der Reisebranche neu gemischt, und Holidu ist einer der klaren Gewinner am Markt.“

Die Konsumenten buchen kurzfristig

Die Seuche ist freilich auch an den Siebers nicht spurlos vorüber gegangen. Die Brüder unterhalten zahlreiche Büros im Ausland, etwa in Bozen und Faro, auf Teneriffa und Mallorca. Gerade auf den spanischen Ferieninseln war zuletzt aber kaum noch etwas los. Dazu kommt: Sie mussten vor allem im Frühjahr zahllose Stornierungen bewältigen, ein hoher bürokratischer Aufwand.

Hinzu kommt, dass die Kunden immer kurzfristiger buchen. Vergangenes Jahr hätten Konsumenten ihre Wohnung im Schnitt 90 Tage vor den Ferien ausgesucht, inzwischen seien es noch 60 Tage, so Johannes Siebers. Und da seien diejenigen schon mit berücksichtigt, die bereits heute ihr Domizil für den kommenden Sommer gesichert haben.

Trotzdem sieht es so aus, als könnten sich die Unternehmer auch in den nächsten Monaten auf eine gute Buchungslage einstellen, Ferienwohnungen im eigenen Land dürften weiterhin gefragt sein. Schließlich drängen Politiker die Bevölkerung geradezu: „Man kann ja auch Urlaub im Inland machen“, findet etwa Gesundheitsminister Jens Spahn.