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Stagflation Light? Konjunktur ächzt angesichts Angebotskrise

(Bloomberg) -- Letztes Jahr kam die Weltwirtschaft ruckartig zum Erliegen. Dieses Jahr kam sie wieder in Bewegung, doch fuhr sich erneut fest in einem der größten Staus aller Zeiten. Neue, von Bloomberg Economics entwickelte Indikatoren illustrieren das Ausmaß der Probleme, die sich in einigen Regionen noch weiter verschlimmern - vor allem in Europa.

Das Maß quantifiziert, was in überall auf der Welt mit bloßem Auge sichtbar ist – in Supermärkten mit leeren Regalen, in Häfen, vor denen Schiffe warten, in Autowerken, wo die Produktion wegen fehlenden Mikrochips stillsteht. Und: steigende Preise auf breiter Front.

Zentralbanken lassen bereits ihre ursprüngliche Annahme „vorübergehender“ Inflation fallen. Das könnte sie dazu bringen, steigenden Preisen mit Zinsanhebungen entgegenzuwirken, die die bereits ins Stocken geratene konjunkturelle Erholung stoppen könnten.

Den Probleme zugrunde liegt ein Mix aus überlasteten Verkehrsnetzen, Arbeitskräftemangel an Schlüsselstellen und der hohen Nachfrage nach Waren in den USA, die auch durch Pandemiestimuli angeheizt wurde. Auch in der Produktion hapert es. Hersteller wurden von der Wucht der Erholung überrascht, nachdem sie letztes Jahr angesichts der Lockdowns Bestellungen reduziert hatten.

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In Vietnam verloren Turnschuhfabriken Wanderarbeiter, die aus Angst vor Covid-19 in ihre Heimatprovinzen zurückgegangen waren. China ist mit neuen Ausbrüchen des Virus konfrontiert und reagiert mit gezielten Sperren. Das befeuert die Preise für industriell hergestellte Güter.

Die neuen Indikatoren von Bloomberg Economics aggregieren diese Faktoren und zeigen eine Knappheit, die in den USA beinahe auf 20-Jahres-Hochs steht, für Großbritannien und die Eurozone ähnlich hoch und weiter steigend.

Datenbasis für sind etwa das Verhältnis von Lagerbeständen zu Umsätzen im Einzelhandel oder Auftragsbeständen bei Dienstleistern. Nullwerte weisen auf normale Bedingungen hin, negative Werte bedeuten ein Überangebot und positive Knappheit. Die Indizes illustrieren die abrupte Verschiebung vom Überangebot vor der Covid-Krise zu den heutigen Engpässen.

Bei globalen Herstellern wie Toyota wurde die berühmte Just-in-Time-Produktion Opfer der Engpässe. Giganten wie Amazon und Apple – die es gewohnt sind, ihre Lieferketten nach ihrem Willen zu gestalten – sehen keine schnelle Verbesserung. Amazons gesamter Gewinn im vierten Quartal könnte durch einen Anstieg bei Personal- und Fulfillmentkosten zunichte gemacht werden. Apple hat 6 Milliarden Dollar Umsatz verloren, weil die Nachfrage nicht befriedigt werden konnte. Im nächsten Quartal könnte es noch mehr werden.

Am Transportmarkt sollte sich die Lage nach dem chinesischen Neujahr Anfang Februar entspannen, „obwohl Störungen bis Mitte nächsten Jahres andauern könnten“, sagte Shanella Rajanayagam, von der HSBC. Bis sich die Lieferketten vollständig entwirren, aufgestaute Nachfrage bedient und Läger wieder aufgestockt sind, dürfte es noch einiges länger dauern.

Logistiksysteme bewegen sich während des Auf und Ab der Weltwirtschaft normalerweise nach vorhersehbarem Muster: Steigende Nachfrage kurbelt den Welthandel an und treibt erst Frachtraten und dann Kapazitäten in die Höhe. Kapazitäten werden ausgeweitet, bis sie zu groß sind. Dann kommt der Abschwung.

Die Pandemie hat diesen Kreislauf aus dem Gleichgewicht gebracht. Trotz Anzeichen einer Verlangsamung des Wachstums war die Pipeline des Welthandels noch nie so verstopft.

Vor Los Angeles liegen mehr als 70 Schiffe vor Anker. Diese sind mit Containern voller Waren beladen, die aneinandergereiht bis Chicago reichen würden. Selbst wenn die Schiffe ihre Ladung löschen können, träfen die Container auf Tausende weitere, die bereits auf ihre Fahrt ins Landesinnere warten. Es fehlen Lkw und Fahrer.

Eine längerfristige Lösung setzt voraus, Covid-19 in den Griff zu bekommen, aber auch neue Infrastruktur wie effizientere Häfen zu bauen und Kommunikationstechnologien zu verbessern.

In anderen Teilen der Welt folgten Lieferengpässe oft Unwettern oder und lokalen Virusausbrüchen, wie das jüngste Aufflammen von Covid-19 in Singapur zeigt. Dort liegen derzeit 53 Containerschiffen vor Anker, die höchste Zahl, seit Bloomberg im April mit der Erfassung dieser Daten begann.

Länder wie die USA, wo Kleidung und Unterhaltungselektronik gutteils aus Asien kommen, haben dann ein Problem. Angesichts der niedrigen Impfraten in vielen asiatischen Ländern dürfte sich das auch so schnell nicht bessern.

Knappes Angebot bedeutet steigende Inflation. Steht die Welt vor einer Wiederholung der Stagflation im Stil der 1970er Jahre? Damals dauerte es ein Jahrzehnt bis die US-Inflation über 10% stieg. Es ist unwahrscheinlich, dass die Notenbanken die gleichen Fehler heute nochmal machen. Auch liegt die Arbeitslosigkeit weit unter dem Höchststand der 1970er Jahre und ist rückläufig.

Dennoch ist das aktuelle Umfeld – vielleicht “Stagflation light” – eine Herausforderung für Zentralbanker.

Ein Beibehalten der Zinssätze würde eine Fortsetzung der Konjunkturerholung ermöglichen, aber es besteht die Gefahr, dass die Preise weiter steigen. Geldpolitische Straffung würde die Inflation dämpfen, jedoch durch eine Drosselung der Nachfrage, nicht durch eine Verbesserung des unzureichenden Angebots.

Es gibt keinen Präzedenzfall, an dem sich ablesen ließe, wann oder wie sich die Bedingungen normalisieren.

„Die aktuelle Situation ist einzigartig und unterscheidet sich deutlich von den isolierteren Störungen, die die Welt schon erlebt hat“, sagte John Butler, Präsident des World Shipping Council. „Auch die Art und Weise, wie sich der aktuelle Stau letztendlich löst, wird anders sein.“

Überschrift des Artikels im Original:Stagflation Lite Stalks World Economy as Supply Crisis Deepens

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