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Warum die Stadt Bochum ihre Aktien verkauft

Der einflussreiche kommunale Aktionär Bochum treibt den Verkauf seiner RWE-Aktien voran – und hat die nächste Tranche platziert. Der rasante Kursanstieg ist auch für Kämmerer anderer Städte und Gemeinden verlockend.

Bochum macht ernst und kappt die mehr als ein Jahrhundert andauernde Verbindung zum Energiekonzern RWE: Die Holding für Versorgung und Verkehr (HVV), die die Aktien für die Stadt hält, platzierte in den vergangenen zwei Handelstagen die nächsten 2,2 Millionen Papiere am Markt. Bei einem durchschnittlichen Kurs von knapp unter 20 Euro nahm sie dabei knapp 44 Millionen Euro ein.

Bochum hatte im Oktober schon eine erste Tranche von 2,2 Millionen Stück verkauft. Damals lag der Kurs zwischen 15 und 15,65 Euro und die Ruhrgebietsstadt erzielte rund 33 Millionen Euro. Derzeit ist noch eine Tranche von 2,2 Millionen Stück in ihrem Besitz. Auch sie soll verkauft werden.

Dabei war Bochum bis vor einem Jahr nach Dortmund, Essen und Mülheim an der Ruhr noch der viertgrößte der kommunalen Aktionäre, die seit der Gründung von RWE die Geschicke des Energiekonzerns entscheidend mitbestimmten. Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) hatte bei den Verhandlungen mit seinem Koalitionspartner, den Grünen, aber den Ausstieg zugesagt.

Jetzt nutzte Bochum den zuletzt drastischen Kursanstieg für den Verkauf der nächsten Tranche. Seit Anfang des Jahres hat die RWE-Aktie, die in den vergangenen Jahren massiv unter der Energiewende litt, rund 70 Prozent an Wert zugelegt und war der erfolgreichste Wert im Deutschen Aktien-Index (Dax). In der vergangenen Woche hatte sie einen zusätzlichen Schub bekommen, als RWE zusammen mit Eon und EnBW einen überraschenden Erfolg beim Bundesverfassungsgericht erzielte. Der Konzern kann mit einer Milliarden Euro schweren Rückzahlung der Brennelementesteuer rechnen.

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Es bleibt abzuwarten, ob weitere kommunalen Aktionäre den Kursanstieg nutzen. Die Beteiligung war im vergangenen Jahrzehnt schon von rund einem Drittel auf nur noch rund 23 Prozent abgeschmolzen.

„Die Kursentwicklung ist sehr erfreulich, die RWE-Aktie erreicht ein Niveau, das wir schon lange nicht mehr gesehen haben“, sagte Günther Schartz, Landrat des Landkreises Trier-Saarburg, dem Handelsblatt: „Es ist klar, dass sich kommunale Aktionäre wie jeder Privataktionär Gedanken machen.“

Schartz ist auch Vorsitzender des Verbandes der kommunalen RWE-Aktionäre (VKA) und sitzt im Aufsichtsrat des Energiekonzerns. Der Landrat hat aber eine deutliche Empfehlung für die Verbandsmitglieder: „Wer voreilig verkauft, springt zu kurz“, sagt der CDU-Politiker: „Das bringt zwar schnell einen Mittelzufluss, RWE bietet jetzt aber auch wieder Aussicht auf langfristig stabile Dividenden.“


Zahlreiche Städte prüfen den Ausstieg

Tatsächlich hat sich die Lage für den Energiekonzern und seine Aktionäre deutlich verbessert. In den vergangenen Jahren steckte RWE tief in der Krise. Durch die Energiewende wurde das bisherige Kerngeschäft – der Betrieb von Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken – entwertet.

RWE musste Milliarden abschreiben und verbuchte noch 2016 einen Rekordverlust von fast sechs Milliarden Euro. Zweimal setzte der Konzern zuletzt die Dividende für Stammaktionäre aus. Das brachte viele Kämmerer in Schwierigkeiten, waren die Erträge in den klammen Haushalten doch fest eingeplant. Zahlreiche Städte prüfen seither den Ausstieg.

Der Börsengang von Innogy im Herbst, als RWE das ertragreiche Geschäft mit erneuerbaren Energien, Vertrieb und Netzen erfolgreich an die Börse brachte, entspannte aber die Finanzlage des Konzerns. Der Verkauf einer ersten Tranche von 23 Prozent brachte 2,6 Milliarden Euro ein.

Mit weiteren Verkäufen kann RWE-Chef Rolf Martin Schmitz zusätzliche Milliarden erlösen. Es gibt sogar Spekulationen über eine Fusion mit dem französischen Engie-Konzern. Schmitz stellte den Aktionären für 2017 zudem schon eine feste Dividende von 50 Cent in Aussicht – und will das Niveau in den Folgejahren mindestens halten. Und jetzt kommt noch das positive Urteil zur Brennelementesteuer dazu.

Für Bochum geht ein langes Engagement zuende. Die Kommune war 1906 an der Gründung der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen AG beteiligt, die damals sogar in der Stadt angesiedelt wurde und 2000 mit der RWE AG fusionierte.

KONTEXT

Deutschlands größte Energieversorger

Vattenfall

Umsatz 2016: 9,3 Milliarden Euro

Die hundertprozentige Tochter des staatlichen schwedischen Energiekonzerns Vattenfall AB ging 2002 aus der Fusion der HEW und der Vereinigte Energiewerke AG sowie dem Bergbauunternehmen Lausitzer Braunkohle AG hervor, zu der Anfang 2003 die Berliner Bewag hinzu kam. Vattenfall betreibt in Deutschland die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. Wie auch die übrigen Top-Vier-versorger in Deutschland musste der Konzern 2016 einen Umsatzrückgang hinnehmen.

EnBW

Umsatz 2016: 19,4 Milliarden Euro

Die Energie Baden-Württemberg AG erwirtschaftete noch 2010 mehr als die Hälfte ihres Gewinns aus dem Betrieb der vier konzerneigenen Kernkraftwerke Neckarwestheim eins und zwei, sowie Philippsburg eins und zwei. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima wurden die Werke Neckarwestheim eins und Philippsburg eins im Rahmen des Atom-Moratoriums 2011 stillgelegt. Der Anteil erneuerbarer Energieträger am EnBW-Energiemix soll bis 2020 von 12 auf 40 Prozent erhöht werden

Eon

Umsatz 2016: 21,8 Milliarden Euro

Der Energiekonzern Eon vollzog 2016 eine radikale Aufspaltung: Das traditionelle Energiegeschäft bestehend aus konventioneller Erzeugung (einschließlich Wasserkraft, ohne Kernenergie), globalem Energiehandel und dem Russland-Geschäft wurde in die eigenständige Gesellschaft Uniper ausgelagert. Eon will sich mit den verbliebenen Sparten erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze komplett auf den Energiemarkt der Zukunft ausrichten.

RWE

Umsatz 2016: 25 Milliarden Euro

Den umgekehrten Weg zu Eon ging ebenfalls 2016 RWE. Der Energiekonzern überführte nicht das traditionelle, sondern das Zukunftsgeschäft in eine neu gegründete Tochtergesellschaft mit Namen Innogy und brachte diese an die Börse. Im Zuge des Atom-Moratoriums wurden 2011 die RWE-Reaktoren Biblis A und B durch die Bundesnetzagentur stillgelegt.

KONTEXT

Platz 10

Den zehnten Platz belegt ein Energieversorger aus Südkorea: Korea Electric Power kam im April 2016 auf einen Marktwert von 33,1 Milliarden US-Dollar.

Quellen: Bloomberg; Factset; Forbes

Platz 9

Den neunten Platz belegt GDF Suez. Das französische Unternehmen hatte im April 2016 einen Marktwert von 39 Milliarden US-Dollar. Ein Jahr zuvor waren es noch 49,5 Milliarden Dollar gewesen.

Platz 8

hiAuf dem achten Platz befindet sich chinesische Energieversorger China Yangtze Power. Im April 2016 war der Konzern 41,8 Milliarden US-Dollar wert.

Platz 7

Dominion Resources auf dem siebten Platz der weltgrößten Energieversorger stammt aus den USA und hat einen Markt von 43,2 Milliarden US-Dollar.

Platz 6

Den sechsten Platz belegt ein Versorger aus Spanien: Iberdrola hat einen Marktwert von 44,1 Milliarden US-Dollar.

Platz 5

Der fünftgrößte Energieversorger stammt aus Spanien. Enel kam im April 2016 auf einen Marktwert von 44,6 Milliarden US-Dollar.

Platz 4

Auf dem vierten Platz befindet sich ein Unternehmen aus den USA: Southern Co. Der Versorger hatte im April 2016 einen Marktwert von 45,3 Milliarden US-Dollar.

Platz 3

Der drittgrößte Energieversorger der Welt kommt aus dem Vereinigten Königreich. National Grid hatte im April 2016 einen Marktwert von 51,4 Milliarden US-Dollar.

Platz 2

Auf dem zweiten Platz befindet sich ein amerikanisches Unternehmen: Nextra Energy. Der Wert des Energieversorgers beträgt 52,8 Milliarden US-Dollar.

Platz 1

Das US-amerikanische Unternehmen Duke Energy ist nach Marktwert wie schon 2015 der weltweit größte Energieversorger. Im April 2016 betrug sein Wert 53,1 Milliarden US-Dollar. 2,3 Milliarden Dollar weniger als im Vorjahr.