Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • Nikkei 225

    38.460,08
    +907,92 (+2,42%)
     
  • Dow Jones 30

    38.460,92
    -42,77 (-0,11%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.521,93
    -2.233,73 (-3,62%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.384,66
    -39,44 (-2,77%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.712,75
    +16,11 (+0,10%)
     
  • S&P 500

    5.071,63
    +1,08 (+0,02%)
     

Nach Staatseinstieg: Lufthansa sucht Kontrolleurinnen, die dem Bund gefallen

Der neue Großaktionär darf zwei Personen in den Aufsichtsrat senden. Aufsichtsratschef Kley sammelt Vorschläge. Gesucht werden Managerinnen mit Erfahrung im Umgang mit dem Staat.

Der Chefkontrolleur der Lufthansa – hier bei der virtuellen Hauptversammlung vor wenigen Wochen – hat das Vorschlagsrecht bei der Berufung der Aufsichtsratsvertreter des Bundes. Foto: dpa
Der Chefkontrolleur der Lufthansa – hier bei der virtuellen Hauptversammlung vor wenigen Wochen – hat das Vorschlagsrecht bei der Berufung der Aufsichtsratsvertreter des Bundes. Foto: dpa

Seit gut zwei Wochen ist der Bund Großaktionär der Lufthansa. Am 2. Juli wurde der im neun Milliarden Euro schweren Rettungspaket vereinbarte Einstieg des Staates vollzogen. Seitdem gehören dem Bund über das Vehikel des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) exakt 20,05 Prozent des Grundkapitals des Luftfahrtkonzerns.

Damit kann nun eine zweite Voraussetzung des staatlichen Hilfspakets umgesetzt werden: die Entsendung zweier neuer Mitglieder in den Aufsichtsrat des Unternehmens, die mehr oder minder als Vertreter des Staates agieren.

WERBUNG

Die spannende Frage lautet: Wer werden diese Personen sein? Die beteiligten Parteien schweigen beharrlich. Weder im Umfeld der Lufthansa noch in Regierungskreisen werden entsprechende Namen genannt.

Doch es gibt Hinweise, welche Kriterien bei der Suche nach geeigneten Kandidaten eine zentrale Rolle spielen. So soll mindestens einer der beiden Posten mit einer Frau besetzt werden, am besten sogar beide. Das ist sowohl im Unternehmensumfeld als auch aus der Politik zu hören.

Das Kriterium überrascht nicht. Für eine Regierung, die seit Längerem für eine stärkere Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen wirbt, wäre es blamabel, zwei Männer in das Kontrollgremium der „Hansa“ zu entsenden. Zumal Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) gerade erst angemahnt hat, dass etwa in deutschen Vorständen noch zu wenig weibliche Vertreter sitzen, und auch dort eine Quote festschreiben will.

Hinzu kommt: Das Führungspositionengesetz (FüPoG) schreibt seit einiger Zeit vor, dass 30 Prozent der Posten in Kontrollgremien einer börsennotierten Gesellschaft mit Frauen besetzt werden müssen. Im aktuellen Aufsichtsrat der Lufthansa trifft das auf sechs der insgesamt 20 Posten zu. Der Konzern hält die gesetzliche Vorgabe also ein.

Im Umfeld von Lufthansa wird aber nicht ausgeschlossen, dass eine Frau unter den beiden Mitgliedern sein wird, die ihren Platz für die Vertreter des Bundes räumen. Um die gesetzliche Quote einzuhalten, wäre in dem Fall die Berufung einer Frau sogar zwingend.

Bislang ist völlig unklar, wer im Kontrollgremium Platz machen muss. „Es gibt keine Möglichkeit, einen bestellten Aufsichtsrat vor Ablauf seines Mandats zu verabschieden, es sei denn, er würde in der Hauptversammlung abgewählt“, sagte Karl-Ludwig Kley vor Kurzem in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. Der Verzicht ginge nur freiwillig.

Ein zweites Kriterium ist Erfahrung im Umgang mit dem Staat als Anteilseigner. Zwar wurde im Vertrag zum Rettungspaket festgelegt, dass die beiden Aufsichtsräte, die der Bund stellen wird, grundsätzlich unabhängig agieren sollen. Damit steht fest, dass keine Vertreter des Staatsapparats – also etwa Staatssekretäre – infrage kommen. Doch klar ist auch: Der Bund wird keinem Kandidaten zustimmen, dem er nicht vertraut.

Managerinnen mit Erfahrung gesucht

In Summe lenken die Kriterien den Blick in Richtung jener Unternehmen, an denen der Bund bereits längere Zeit Anteile hält. Das sind die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, die Deutsche Bahn und die Commerzbank. Bei diesen Unternehmen wiederum dürften vor allem die Frauen in den jeweiligen Vorständen gute Chancen haben, für einen Aufsichtsratsposten bei Lufthansa angefragt zu werden.

Aufsichtsratschef Kley hatte klargemacht, dass für ihn unternehmerische Qualitäten bei der Besetzung eine zentrale Rolle spielen. „Mir ist es an dieser Stelle wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir für die professionelle Besetzung des Aufsichtsrats viel Lob bekommen haben. Ich werde auch künftig keine Abstriche bei der Qualität akzeptieren“, sagte er dem Handelsblatt.

Kley spielt bei der Auswahl der Kandidaten eine wichtige Rolle. Es ist vertraglich vereinbart, dass er nach Rücksprache mit dem Nominierungsausschuss von Lufthansa dem Bund geeignete Kandidaten vorschlägt. Lehnt dieser die genannten Personen ab, beginnt das Prozedere von vorn.

Der Chefkontrolleur hätte in Reihen der vier genannten Unternehmen mehrere Möglichkeiten. Insgesamt sitzen dort sieben Frauen in den Vorständen – alle mit viel Managementerfahrung. Wie aus dem Unternehmensumfeld zu hören ist, soll der eine oder andere Name der Vorständinnen sogar schon länger auf der Liste stehen, die Kley für solche Fälle stets parat hat.

Der Aufsichtsratschef selbst lässt sich nicht in die Karten schauen. Auf die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, Kandidaten bei Unternehmen mit Staatsbeteiligung zu suchen, antwortete er lediglich: „Ich habe eine Liste, die ich aber sicher jetzt und hier nicht mit Ihnen teilen werde.“ Wann eine Entscheidung über die Nachbesetzung fallen wird, ist offen. Derzeit weilt Kley im Urlaub in Italien. Das Telefon hat er auch dort an. „Ich warte auf ein Signal aus Berlin“, sagte er kürzlich.

Bei dem Rettungspaket für Lufthansa hatte vor allem die Staatsbeteiligung für Unruhe gesorgt. Der Bund hat die Anteile zum „Vorzugspreis“ von 2,56 Euro erhalten, zahlt also deutlich weniger als den Aktienkurs zum Zeitpunkt des Einstiegs. Zudem erfolgte der Einstieg über eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts. Der Aktienbesitz aller anderen Anteilseigner wurde also verwässert.

Das störte vor allem den Münchener Unternehmer Heinz Hermann Thiele, der mit 15,5 Prozent bei Lufthansa eingestiegen war. Zwischenzeitlich sah es so aus, als würde er mit seinen Anteilen auf der Hauptversammlung Ende Juni die erforderliche Mehrheit für die Verabschiedung des Rettungspakets blockieren. Doch er stimmte am Ende zu. Durch den Staatseinstieg ist sein Aktienanteil nun rechnerisch auf 12,4 Prozent gesunken.