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Staatsanwaltschaft weitet Diesel-Ermittlungen gegen Continental aus

Deutlich mehr Conti-Mitarbeiter als bislang vermutet sollen an den VW-Dieselmanipulationen beteiligt gewesen sein. Die Zahl der Beschuldigten wächst.

Die Staatsanwaltschaft Hannover weitet den Kreis der beschuldigten Continental-Mitarbeiter aus. Foto: dpa
Die Staatsanwaltschaft Hannover weitet den Kreis der beschuldigten Continental-Mitarbeiter aus. Foto: dpa

Nach weiteren Durchsuchungen an zwei Continental-Standorten vergrößert die Staatsanwaltschaft Hannover den Kreis der Beschuldigten in den laufenden Diesel-Ermittlungen gegen den Zulieferer. Wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Betrug ermitteln die Behörden nun gegen 41 und nicht mehr nur gegen neun aktive und ehemalige Continental-Mitarbeiter.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte gegenüber dem Handelsblatt die Ausweitung der Ermittlungen. „Bei den ersten beiden Durchsuchungen haben wir umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Daraus ergaben sich weitere Verdachtsmomente, auch gegen andere Personen. Deshalb sind nun zusätzliche Mitarbeiter von Continental beschuldigt“, sagte Oliver Eisenhauer.

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Neben den 41 Beschuldigten ermittelte die Staatsanwaltschaft auch wegen Aufsichtspflichtverletzungen gegen acht weitere Betroffene. Damit verbunden ist auch ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren gegen das Unternehmen selbst. Als Erstes hatte die „Wirtschaftswoche“ über die Ausweitung der Ermittlungen berichtet.

Die Zahl der Beschuldigten bei Continental ist verglichen mit anderen Diesel-Ermittlungen in der Autobranche sehr groß. Lediglich bei Volkswagen haben die Staatsanwälte mehr verdächtige Personen im Visier. In Braunschweig stehen rund 50 Ingenieure und Manager auf der Liste, erste Anklagen sind geschrieben.

Bei der VW-Tochter Audi sind es knapp 30. Hier hat das erste Strafverfahren bereits begonnen, unter anderem sitzt der ehemalige Vorstandschef Rupert Stadler auf der Anklagebank. Bei der Sportwagen-Tochter Porsche sind sieben Mitarbeiter beschuldigt, eine ähnliche Größenordnung haben die Ermittlungen bei Daimler, Fiat und bei einzelnen Zulieferern.

Der Verdacht auf Beihilfe zum Betrug und Falschbeurkundung bezieht sich auf die Programmierung einer verbotenen Abschalteinrichtung im Diesel-Motor EA 189 des Volkswagen-Konzerns. Rund drei Millionen dieser Motoren hat VW zwischen 2009 und 2015 produziert. Continental hat den Autokonzern dabei mit Hochdruckpumpen, Injektoren und der Motorsteuerung beliefert.

Den Verdächtigten wird vorgeworfen, an den Diesel-Manipulationen von Volkswagen beteiligt gewesen zu sein. Auf Wunsch des Autobauers hätten sie eine sogenannte Fahrkurvenerkennung programmiert. Diese Software erkennt, wenn sich ein Fahrzeug auf einem Rollprüfstand befindet.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass diese Prüfstandserkennung mit dem Wissen der Conti-Ingenieure dafür missbraucht worden sein könnte, Abgasemissionen zu manipulieren. Continental widerspricht diesem Verdacht. Das Unternehmen habe an keinen seiner Kunden Software zum Zweck der Manipulation von Abgaswerten geliefert, teilte der Konzern mit.

Continental halten nicht nur die Ermittlungen gegen ihre Manager in Atem. Auch finanziell drohen dem Zulieferer beträchtliche Lasten. Das zeigen die Sanktionen, die andere Staatsanwaltschaften bislang in der Diesel-Affäre verhängt haben. Bosch kam mit 90 Millionen Euro bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart noch relativ glimpflich davon, ebenso wie ZF. Die Friedrichshafener mussten wegen fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht durch Verantwortliche 42,5 Millionen Euro zahlen.

Härter traf es die Autobauer selbst: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig etwa forderte von Volkswagen eine glatte Milliarde Euro, Konzerntochter Audi musste weitere 800 Millionen Euro aufwenden, um ein Verfahren in München beenden zu können. Beim Sportwagenbauer Porsche stellten die Ermittler eine Rechnung über 535 Millionen Euro. Daimler musste wegen der Verfehlungen 870 Millionen Euro an die Staatskasse bezahlen.

Was wussten die Conti-Ingenieure?

Bei den Autobauern schlug besonders der Abschöpfungsanteil des Bußgeldes zu Buche. Damit werden durch den Betrug zu Unrecht erzielte Gewinne eingezogen. Und die waren bei den Herstellern beträchtlich. Bei Bosch veranschlagte die Staatsanwaltschaft diese ungerechtfertigten Profite auf 88 Millionen Euro, die restlichen zwei Millionen Euro entfielen auf die eigentliche Buße.

Im Gegensatz zu Bosch wurde Continental vor den erneuten Razzien bereits zuvor zwei Mal durchsucht, im Januar und im Juli vergangenen Jahres. Damals wurden Standorte in Hannover, Frankfurt und Regensburg durchsucht. „Continental kooperiert unverändert vollumfänglich mit den Behörden“, heißt es weiter vom Konzern. Die Aussage steht allerdings im Widerspruch zum Vorgehen der Ermittlungsbehörden. Diese haben bereits im November vergangenen Jahres ein drittes Mal die Geschäftsräume in Regensburg durchsucht.

Im Raum steht die Frage, ob die Continental-Ingenieure die Software für die Prüfstandserkennung zwecks Emissionsmanipulation programmiert haben. Eine Prüfstandserkennung ist per se nicht illegal. Bei der Abgasuntersuchung wird das Fahrzeug auf dem Prüfstand lediglich über eine Achse beschleunigt. Damit die Fahrsysteme, zum Beispiel das ESP-System, nicht fälschlicherweise eingreifen, ist eine Prüfstandserkennung nötig.

Die allein aber ist nicht in der Lage, die Abgasemission zu manipulieren. Zulieferer wie Continental verweisen daher auf die Autobauer, die diese Prüfstandserkennung offenbar für die Abgasmanipulation missbraucht haben sollen.

Dieser Umstand dürfte auch der Grund sein, warum der ehemalige Konzernchef Elmar Degenhart nach einer intensiven internen Untersuchung, die er 2015 veranlasst hatte, eine aktive Beteiligung von Conti am VW-Dieselskandal ausgeschlossen hatte. Bislang gibt es auch keine Hinweise, dass Conti-Mitarbeiter VW die Einrichtung einer illegalen Abschalteinrichtung empfohlen hätten.