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Staatliche Zensur und Putins Propaganda: Wie das Internet zurzeit für Russen aussieht

Russlands Präsident Wladimir Putin schaut auf ein Smartphone (Foto aus dem Jahr 2017).
Russlands Präsident Wladimir Putin schaut auf ein Smartphone (Foto aus dem Jahr 2017).

Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges, heißt es. Acht Tage nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sperrte die russische Kommunikationsbehörde Roskomnadsor den Zugang zu ausländischen Nachrichtenseiten wie BBC, Deutsche Welle und Voice of America. Auch Facebook wurde gesperrt, was Chief Operating Officer Sheryl Sandberg darauf zurückführte, dass das Unternehmen die Beiträge der russischen Staatsmedien bei Facebook auf ihre Richtigkeit überprüft hatte.

Roskomnadsor verbot daraufhin auch die soziale Plattform Instagram für die 80 Millionen Nutzer des Landes und versetzte damit die russische Influencer-Branche in Aufruhr. Die russische Generalstaatsanwaltschaft forderte ein Gericht auf, Meta, das Eigentümer von Facebook, WhatsApp und Instagram ist, als extremistische Organisation einzustufen.

All das sei ein Echtzeit-Beispiel für das sogenannte "Splinternet", sagt Andrew Sullivan, Vorsitzender der Lobbygruppe "Internet Society".

Das letzte große westliche soziale Medium in Russland: Whatsapp

Russlands Verbote seien "ein Zeichen für die Zersplitterung des Internets entlang geografischer, politischer, kommerzieller und/oder technologischer Grenzen" und "die Antithese zu dem, wie das Internet konzipiert wurde und funktionieren sollte", erklärt er.

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Das russische Internet war vor der Invasion schon nicht völlig frei. Das soziale Netzwerk LinkedIn ist verboten und die Plattform TikTok wurde bereits zensiert. Aber die staatliche Zensur ist mit dem Krieg noch weiter gestiegen, da der Kreml versucht, vor den schätzungsweise 122 Millionen russischen Internetnutzern zu verbergen, dass der Krieg bisher nicht so verlaufen ist wie geplant.

WhatsApp funktioniert noch immer in Russland. Nach YouTube ist der Messaging-Dienst die am meisten genutzte Social-Media-Website im Land: Über 65 Prozent der russischen Internetnutzer sind laut Daten von dem Unternehmen "eMarketer" monatlich auf der Plattform aktiv.

Um zu sehen, wie das Internet für Nutzer in Russland aussieht, verfolgte Business Insider die DNS-Abweisungen verschiedener russischer ISPs mithilfe des Open Observatory of Network Interference (OONI) Explorers. Business Insider arbeitete mit den Forschern von OONI und den Analysten von Top10VPN zusammen, die einen Blick darauf werfen konnten, wie die BBC-Nachrichtenseite in Russland mit dem Astrill Virtual Private Network (VPN) aussieht.

Laut OONI zensiert Russland Websites auf unterschiedliche Weise, indem es Internetanbietern eine Liste von Websites vorgibt, die sie selbst sperren müssen, oder indem es Dienste "auf zentralisierte Weise" drosselt. In der Praxis können die Russen die Sperren durch VPNs umgehen, was bedeutet, dass die Zensur nur stückweise erfolgt.

So wird das russische Internet für diejenigen aussehen, die kein VPN benutzen:

Ein russischer Nutzer, der versucht, Facebook ohne VPN zu besuchen, könnte die unten stehende Sperrseite angezeigt bekommen.

Wenn Business Insider gesperrte Seiten besuchte, zeigten sie meist dasselbe an: Eine entschuldigende Nachricht, die erklärt, dass die Seite nicht zugänglich ist und die Nutzer auf verschiedene russische staatliche Sperrlisten und offizielle Webseiten verweist. Ansonsten gibt es kaum Erklärungen und keine offensichtlichen Hinweise auf die Invasion der Ukraine (die Russland als "Sondereinsatz" bezeichnet).

Wenn ein russisches Gerät versucht, auf Facebook zuzugreifen, wird eine Fehlermeldung angezeigt, die wie folgt lautet: "Zugriff verweigert. Der Zugriff auf diese Seite ist verboten, da sie in das 'Unified Register of Prohibited Sites' aufgenommen wurde, das Informationen enthält, deren Verbreitung in der Russischen Föderation verboten ist, oder in die 'Federal List of Extremist Materials' auf der Website des Justizministeriums." (Wir haben für die Übersetzung Google Translate verwendet - die Übersetzungen sind also möglicherweise nicht ganz präzise). Andere gesperrte Websites zeigen ähnliche Meldungen an.

Auch Instagram ist blockiert

Instagram ist in Russland sehr beliebt und Influencer haben dort Millionen von Anhängern gewonnen. Im Vorfeld der Sperrung am Montag posteten russische Influencer tränenreiche Videos, in denen sie sich von ihren Followern verabschiedeten. Olga Buzova, die 23,3 Millionen Instagram-Follower hat, postete am Sonntag ein fast siebenminütiges Video. "Ich habe keine Angst davor, zuzugeben, dass ich euch nicht verlieren möchte", sagte sie auf Russisch und schluchzte dabei.

Buzova und ihre Instagram-Kollegen in Russland werden nun wahrscheinlich eine Fehlerseite sehen, wenn sie versuchen, auf den Dienst zuzugreifen. Sie lautet: "Wir entschuldigen uns, aber diese Ressource ist durch eine Entscheidung der staatlichen Behörden gesperrt. Ein vereinheitlichtes Register von Domänennamen, Internetseiten und Netzwerkadressen, die Informationen enthalten, deren Verbreitung in der Russischen Föderation verboten ist". Die Seite leitet die Nutzer weiter zur Rundfunkregulierungsbehörde Roskomnadzor und zur Liste der verbotenen Websites des Justizministeriums.

Die Website der BBC ist seit dem 4. März gesperrt

Russland hat ein gestörtes Verhältnis zu unabhängigen und ausländischen Medien und verbietet in regelmäßigen Abständen einzelne Journalisten und Medienunternehmen. Russland hat zwar bis jetzt noch keine ausländischen Journalisten aus dem Land verbannt, aber die Bedingungen für die Berichterstattung verschärft. Seit dem 4. März ist auch die Nachrichtenseite des britischen Senders BBC gesperrt.

Einige Nutzer, die versuchen, auf die BBC zuzugreifen, bekommen eine Fehlermeldung zurück: "Lieber Abonnent! Der Zugang zu einer Internet-Ressource wurde durch eine Entscheidung der staatlichen Behörden blockiert. Sie können den Grund für die Sperrung in der einheitlichen Registrierung sehen".

Wenn Russen versuchen, auf BBC zuzugreifen, wird eine andere Blockseite angezeigt: "Der Zugang zur Informationsquelle ist auf der Grundlage des Bundesgesetzes 'Über Informationen, Informationstechnologien und Informationsschutz' eingeschränkt."

Unabhängige Medien wie Current Time TV (Radio Free Europe) sind ebenfalls blockiert

Dies ist die Fehlerseite, die einige Nutzer in Russland erhalten, wenn sie versuchen, auf den unabhängigen russischen Nachrichtensender Current Time TV, einen Partner von Radio Free Europe, zuzugreifen. Sie lautet: "Lieber Abonnent! Diese Ressource ist blockiert".

Weiter heißt es: "Der Zugang zu dieser Seite ist gemäß den föderalen Gesetzen Nr. 114-FZ vom 25. Juli 2002 (über die Bekämpfung extremistischer Aktivitäten), Nr. 436-FZ vom 29. Dezember 2010 (über den Schutz von Kindern vor Informationen, die ihrer Gesundheit und Entwicklung schaden), Nr. 149- Föderales Gesetz vom 27. Juli 2006 (über Informationen, Informationstechnologien und Informationsschutz) und dem Erlass der Regierung der Russischen Föderation vom 26. Oktober 2012 Nr. 1101 eingeschränkt."

Die Nutzer werden aufgefordert, "sich an die bevollmächtigten Vertreter von Roskomnadzor und des Justizministeriums zu wenden."

Die Website der unabhängigen russischen Nachrichtenseite Meduza zeigt jetzt einen 404-Fehler an.

Bei einer Reihe anderer gesperrter Websites werden die Nutzer lediglich auf eine Fehlerseite weitergeleitet, statt auf eine Seite, die darauf hinweist, dass die Website aufgrund staatlicher Zensurmaßnahmen gesperrt wurde. Das ist bei vielen Nutzern der Fall, die versuchen, auf Meduza zuzugreifen, eine russischsprachige unabhängige Nachrichtenseite, die über die russische Invasion in der Ukraine berichtet hat.

Die Nachfrage nach VPNs in Russland stieg nach der Invasion um über 2.000 Prozent

Wie viele Internetnutzer in China umgehen auch die Russen die Zensur mit Tools wie VPNs und dem privaten Tor-Browser. Die Nachfrage nach VPNs, die die tatsächliche IP-Adresse eines Nutzers verschleiern, ist nach Angaben von "Top10VPN" am Vorabend des damaligen Instagram-Verbots in China um 2.000 Prozent gestiegen.

Das Statistik-Unternehmen SensorTower verzeichnete am Montag einen neuen Spitzenwert für Russen, die nach VPNs suchten. In der Woche vor dem Einmarsch in die Ukraine stieg die Nachfrage nach VPNs um 2.692 Prozent.

Sichere VPNs können jedoch teuer sein und russische Internetnutzer, die technisch nicht versiert sind, denken vielleicht nicht daran, sich eine VPN-Software anzuschaffen, sodass sie stattdessen mit einer wachsenden Zahl von Fehlerseiten und einem Mangel an unabhängiger Berichterstattung über die Invasion konfrontiert werden. Dadurch sind die Russen von mehreren globalen Kommunikations- und Informationswegen abgeschnitten und anfälliger für die vom Kreml verbreiteten Desinformationen über den Krieg.

Dieser Text wurde von Lisa Ramos-Doce aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.