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Spurlos im Web unterwegs: Alternativen zu den Datenkraken

Sie heißen Mozilla, Posteo oder Tutanota: Gerade in Coronazeiten steigt das Interesse an Onlineangeboten ohne kommerzielle Anwendung. Was davon zu halten ist.

Logos von verschiedenen Internetbrowsern: Neben dem beliebten Chrome von Google ist Mozilla Firefox eine Alternative, die weniger Daten über den Nutzer sammelt. Foto: dpa
Logos von verschiedenen Internetbrowsern: Neben dem beliebten Chrome von Google ist Mozilla Firefox eine Alternative, die weniger Daten über den Nutzer sammelt. (Bild: dpa)

Dass Daten der Rohstoff der Zukunft sind, zeigt sich überdeutlich in der Coronakrise: Der Ölpreis steht unter Druck, aber die Kurse der Internetriesen aus dem Silicon Valley sind kaum zu bremsen. Google und Facebook sind Weltmeister im Datensammeln. Amazon, weiter nördlich in Seattle zu Hause, sammelt und benutzt sie in großem Umfang für das eigene Marketing.

Für Konsumenten ist das eine zwiespältige Entwicklung. Manchen ist es egal, was mit ihren Daten passiert. Viele sorgen sich aber, dass damit Missbrauch getrieben werden könnte. Diese Befürchtung ist in Deutschland weit verbreitet, aber auch in anderen Ländern. Amnesty International kam 2019 in einer Studie mit dem Namen „Surveillance Giants“ über Google und Facebook zu dem Schluss: „Das auf Überwachung basierende Geschäftsmodell der beiden Firmen zwingt die Leute, einen faustischen Pakt einzugehen.

Was passiert mit meinen persönlichen Daten?

Sie können ihre Menschenrechte online nur ausüben, wenn sie sich in einem System unterwerfen, das auf dem Missbrauch dieser Rechte beruht.“ Die Organisation wirft den Giganten „einen beispiellosen Angriff auf das Recht auf Privatheit“ vor, mit einer Reihe von Folgeeffekten, die „ernsthafte Risiken für die Meinungsfreiheit und das Recht, nicht diskriminiert zu werden, darstellen“. Vereinfacht gesagt: Diese Überwachungstechniken sind sehr fragwürdig. Norwegische Verbraucherschützer kommen in einer neuen Studie zu dem Ergebnis, dass einige Dating-Apps, darunter Tinder, sogar illegal Daten weitergeben.

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Im Internet unterwegs: Wie privat ist privates Surfen?

So viel zum mangelnden Schutz der Privatsphäre. Viele Nutzer von Onlinediensten ärgern sich aber auch einfach, dass die Anbieter mit den Informationen und der Aufmerksamkeit, die sie ihnen zur Verfügung stellen, riesige Gewinne machen. Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass im Internet, weil es keine geografischen Barrieren gibt, noch schneller als in der materiellen Welt einzelne Unternehmen monopolartige Macht an sich reißen können.

Doch wer mehr Sicherheit für seine Daten möchte, findet im Internet längst andere Kommunikationsdienste. Was aber taugen Threema, Thunderbird und Co.? Fakt ist jedenfalls ein weitverbreitetes Bedürfnis, private Informationen auch privat zu halten. Umso erstaunlicher ist manchmal die Diskrepanz zum alltäglichen Verhalten.

Browser – das Fenster zur virtuellen Welt

Obwohl es zum Beispiel sehr einfach ist, Suchmaschinen und E-Mail-Dienste ohne große Datenabzocke zu nutzen, werden vielfach gängige, kommerzielle Systeme trotz einer grundsätzlich kritischen Haltung weiter benutzt. Dabei gibt es leicht verfügbare Informationen zu Alternativen etwa von Netzpolitik.org oder Digitalcourage.de. Auch die Verbraucherzentralen beschäftigen sich mit dem Thema.

Mit dem Browser fängt alles an, darüber läuft immer noch ein Großteil der Informationen. In der Vergangenheit hat es regelrechte Schlachten zwischen den Anbietern gegeben. Zunächst hat sich Microsoft gegen Netscape durchgesetzt, zurzeit ist Google mit dem Browser Chrome weit vorn. Unter der Bezeichnung Chromium existieren einige Browser, die im Kern auf die Chrome-Vorlage zurückgreifen, aber als Open-Source-Projekte, also mit öffentlich zugänglicher Software, weiterentwickelt worden sind.

Datenschützer empfehlen häufig Firefox

Datenschützer empfehlen als Alternative zu kommerziellen Browsern häufig Mozilla Firefox. Dieser Browser wird von einer Stiftung betrieben, er ist ursprünglich aus Netscape entstanden. Er verspricht besseren Datenschutz als kommerzielle Konkurrenten. Originell, aber umstritten ist der Browser Brave. Er blockiert Anzeigen und verhindert nach eigener Aussage das Abgreifen von Nutzerdaten. Dabei gibt es verschiedene Einstellungen mit mehr oder weniger Blockade.

Gleichzeitig hat Brave aber eigene Anzeigenkunden. Am 7. April 2016 schrieben 14 US-Verlage, darunter die Herausgeber der „New York Times“ und des „Wall Street Journals“, einen Brief an Brave-Gründer und -Chef Brendan Eich in San Francisco mit dem Vorwurf: „Ihr Plan, unsere Inhalte zu nutzen, um ihre Anzeigen zu verkaufen, ist nicht zu unterscheiden von einem Plan, unsere Inhalte zu stehlen, um sie auf ihrer eigenen Webseite zu veröffentlichen.“

Phishing: So nehmen Sie es mit Datenräubern auf

Dieser „Diebstahl“ lässt sich aber auch wieder blockieren. Wer bei Brave die harte Blockade von Anzeigen wählt, wird zum Beispiel von der Webseite des Handelsblatts abgewiesen mit dem Hinweis, dass die Werbeeinnahmen gebraucht werden, um die Inhalte zu finanzieren.

Tor-Browser für besonders viel Anonymität

Eine Besonderheit von Brave ist die Möglichkeit, sich vom Browser akquirierte Anzeigen anzuschauen und dafür mit Token belohnt zu werden, die man wiederum spenden kann, zum Beispiel an Wikipedia, die britische Zeitung „The Guardian“, die Heilsarmee in Griechenland und die deutsche Webseite „Gute Frage“. Die Webseite batgrowth.com zeigt eine lange Liste dazu.

Diese Basic Attention Token (BAT) sind jeweils rund einen Viertel-Dollar wert, der Gesamtwert liegt bei 360 Millionen Dollar, was Rang 33 aller Kryptowährungen auf coinmarketcap.com entspricht. Interessant ist Brave also als Versuch, Nutzer an dem Gewinn, der mit ihnen gemacht wird, zu beteiligen und umgekehrt bestimmte Webseiten mit Mikrozahlungen zu unterstützen.

Wer besonders viel Wert auf Anonymität legt, kann sich auch einen Tor-Browser herunterladen. Er wird von dem nicht kommerziellen Tor-Project auf der Grundlage von Mozilla betrieben, nachdem die Grundlagen in den 90er-Jahren von der US-Marine als System einer geschützten Kommunikation gelegt worden ist. Tor bietet die Möglichkeit, staatliche Zensur zu umgehen und anonym Inhalte zu veröffentlichen, was vor allem in Staaten ohne Presse- und Meinungsfreiheit eine Rolle spielt. Es gibt aber auch Webseiten, die den Zugang von dort aus sperren.

Tor bietet Zugang zum Dark-Web

Eine weitere Besonderheit: Der Browser bietet Zugang zum Dark-Web, in dem Webseiten mit der Endung „.onion“ erreichbar sind, die sonst unsichtbar bleiben. Die Webseite expressvpn.com hat in ihrem Blog interessante Seiten dieser Art aufgelistet, darunter eine von Facebook – um Zensur zu umgehen – und eine von der CIA. Aber Vorsicht: Das „dunkle Netz“ ist auch ein Tummelplatz für illegale Aktivitäten, wie zum Beispiel Drogenhandel.

Bericht: BKA liest WhatsApp über Browser-Verknüpfung mit

Manchmal wird dort sogar Mord auf Bestellung angeboten, aber in der Regel handelt es sich dabei um Betrug an den Auftraggebern, schreibt die „New York Times“. Doch wer sich, vielleicht auch nur zum Schein, auf kriminellen Unsinn einlässt, kann trotz aller Anonymität Ärger mit der Justiz bekommen – also Finger weg!

Suchmaschinen – mit und ohne Verfolgung

Google hat es geschafft, als Verb – „googeln“ – in den Duden zu kommen. Das allein macht schon die Marktübermacht des Konzerns, der an der Börse als „Alphabet“ notiert ist, deutlich. Der Konkurrent Bing von Microsoft hat nie einen vergleichbaren Anteil erreicht. Und Yahoo, einst ein Internetpionier, hat keinen eigenen Algorithmus mehr, sondern bedient sich bei Bing. Weitere originäre Suchmaschinen gibt es zumindest nicht in den westlichen Ländern. In Russland spielt Yandex eine große Rolle, in China Baidu. Alle kommerziellen Anbieter sammeln fleißig Daten über Nutzer und werten sie aus.

Eine relativ bekannte Alternative zu kommerziellen Angeboten ist Startpage. Die niederländische Suchmaschine sitzt auf Google und liefert auch weitgehend identische Ergebnisse, gibt aber die Adresse des Suchers nicht weiter. Außerdem ist es möglich, Webseiten anonym zu besuchen, indem man die entsprechende „anonyme Suche“ anklickt. Dann weiß auch die Webseite nicht, mit wem sie es zu tun hat. Die Bedeutung dieser Funktion wird möglicherweise unterschätzt: Was nützt mir eine anonyme Suche, wenn jeder, den ich finde, mich identifizieren kann? Manche Funktionen, etwa das Einloggen auf Webseiten, sind aber anonym nicht zugänglich.

Vergleichstest: Welcher Webbrowser ist der sicherste?

Ähnlich wie Startpage funktioniert die deutsche Suchmaschine Metager.de. Sie hat auch keinen eigenen Algorithmus, sondern greift auf verschiedene Quellen zu, die sie auch ausweist – ein Zeichen besonderer Transparenz. Wer einen Test macht, stellt fest, dass sich Metager häufig bei Yahoo bedient, aber manchmal zum Beispiel auch direkt bei Medien-Webseiten. Eine anonyme Suche ist auch hier möglich.

Duckduckgo sammelt keine Daten

Eine bekannte Alternative aus den USA ist Duckduckgo. Die Suchmaschine mit der lustigen Ente macht zurzeit in Deutschland viel Werbung damit, dass sie ihre Nutzer nicht verfolgt, also keine Daten sammelt. Sie bedient sich für die Suchergebnisse aus verschiedenen Quellen, betreibt aber auch einen eigenen „Web-Crawler“: keinen Algorithmus wie Google oder Bing, aber immerhin ein eigenes Programm, das das Web durchsucht. Duckduckgo anonymisiert nicht nur, sondern zeigt nach eigener Aussage tatsächlich bei jeder Suche mit identischem Suchbegriff auch identische Ergebnisse, einschließlich der Werbung. Die Alternative, die Website anonym zu öffnen, wird aber nicht angeboten. Die Suchmaschine findet sich manchmal als Alternative zu den kommerziellen Konkurrenten in Voreinstellungen auf Smartphones.

Eine Alternative bietet auch Ecosia, eine deutsche Suchmaschine, die sich bei Bing bedient. Sie bietet ebenfalls einen gewissen Schutz der Privatsphäre. Zugleich investiert sie einen Teil der Erlöse, die sie durch ihre Nutzer erzielt, in die Pflanzung von Bäumen. Angeblich wird im Schnitt etwa für 45 Anfragen ein Baum gepflanzt, die Gesamtzahl bisher gibt Ecosia mit über 100 Millionen an. Auch dieser Ansatz ist interessant: die Nutzer, wenn auch nur ideell, an dem Gewinn beteiligen, der mit ihnen gemacht wird.

E-Mails – immer noch unverzichtbar

Heute ist es fast schon altmodisch, per E-Mail zu kommunizieren. Aber wenn es um umfangreichere Informationen geht, ist dieser Kanal immer noch unersetzbar. Umso wichtiger, auch hier auf Sicherheit und Schutz der Privatsphäre zu achten.

Eng verwandt mit dem Browser Firefox ist das Mail-System Thunderbird. Es ähnelt vom Design und den Funktionen her dem Outlook-Programm von Microsoft, das vor allem für geschäftliche Zwecke benutzt wird. Private Anleger finden eine Menge von Programmen, die sehr einfach über ein Log-in erreichbar sind. Die meisten gehören entweder Datenkraken wie Google oder Yahoo, andere wie Web.de traktieren den Nutzer mit Werbung.

Datenklau: Vorsicht vor Insta-Betrügern

Es gibt aber Anbieter, die versprechen, ohne Werbung und Datenweitergabe zu arbeiten und außerdem die Kunden maximal zu schützen. Ein Beispiel dafür ist Posteo. Dort kostet der einfache Dienst einen Euro pro Monat. Ähnlich arbeitet Mailbox.org. Bei Tutanota und Proton gibt es Basisversionen sogar gratis. Tutanota ist so voreingestellt, dass Empfänger mit Konten bei anderen Anbietern eine Mail nur mit einem vorher vereinbarten Passwort öffnen können; das lässt sich aber abschalten. Wenn man bedenkt, wie offen in Mails bei kommerziellen Anbietern manchmal selbst sehr persönliche Texte für die geschäftliche Auswertung sind, verwundert es schon, dass alternative Anbieter nicht häufiger verwendet werden.

Was es sonst noch gibt

Fazit: Man kann schon bei fundamentalen Anwendungen wie Browser, Suchmaschine und E-Mail, die fast jeder nutzt, den kommerziellen Giganten relativ einfach Paroli bieten, indem man sich ihnen ein Stück weit entzieht oder einen Teil der möglichen Gewinne alternativ verwendet. Die hier genannten Beispiele sind keine vollständigen Aufzählungen. Klar ist auch: Der beste Schutz ist fast nie ein vollständiger Schutz, es empfiehlt sich immer noch, sich online genauso zu benehmen wie in der analogen Welt.

Natürlich ist das gesamte Feld noch viel größer. Als Alternative zu Google Maps wird häufig das – von den Karten wie auch der Software her offene – Projekt openstreetmap.org Street erwähnt, auf dem auch eine Reihe von Apps beruhen. Eine ähnliche Funktionalität wie bei Google findet sich in der App „Here WeGo“. Sie gehört deutschen Autoherstellern; Nutzer werden gefragt, ob sie ihre Daten zur Verfügung stellen wollen. Bei vielen Anwendungen ist man darauf angewiesen, dass andere mitziehen. So gibt es zum Beispiel mit Threema oder Signal Alternativen zu WhatsApp. Bei Videokonferenzen, heute mehr denn je benutzt, ist zum Beispiel Jitsi.org eine Alternative zu Zoom und Co.

Ein nicht-kommerzielles Projekt sollte auch erwähnt werden: Wikipedia. Es ist keine Alternative, sondern inzwischen selbst alternativlos.

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