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Spotify bringt Podcast-Format „Your Daily Drive“ nach Deutschland

Früher arbeitete er mit Musikern, dann mit Youtubern, heute mit Podcastern. Foto: dpa

Der Studiochef der Plattform will mit Podcast-Eigenproduktionen den schwedischen Streaming-Avantgardisten unabhängiger von Musik und unterscheidbarer von Apple machen.

Wie es Courtney Holt gelang, Barack und Michelle Obama zu Spotify zu bringen? „Wir haben ihnen einen Plan präsentiert, der ihnen echt gefallen hat“, sagt der Mann mit dem dichten schwarz-grauen Vollbart und der Glatze. Ab kommendem Jahr will der weltgrößte Musik-Streamingdienst mit der Produktionsfirma „Higher Ground“ des Ex-US-Präsidenten und seiner Frau Podcasts produzieren.

Mit Netflix hat „Higher Ground“ bereits an der Dokumentation „American Factory“ über eine Fabrik in Amerikas Rust Belt gearbeitet. Und bei Spotify? „Higher Ground ist nach einem Stevie-Wonder-Song benannt“, sagt Holt. „Es gibt eine Verbindung zu Kultur und Musik, die die Obamas mit ihrer Initiative repräsentieren wollen. Also haben wir ihnen gezeigt, wie wir all diese Dinge zusammenbringen können.“ Im kommenden Jahr soll es losgehen, dann wollen Spotify und „Higher Ground“ mehrere Shows zusammen produzieren.

Einen US-Präsidenten a. D. als Partner wird Holt so bald nicht noch mal finden. Aber der Deal veranschaulicht gut, wie sich der globale Chef der „Spotify Studios“ die Zukunft der Plattform vorstellt: „Podcasts sind ein soziales Medium. Menschen folgen Menschen.“ In Deutschland hat die Plattform neben Satiriker Jan Böhmermann und Musiker Olli Schulz („Fest & Flauschig“) auch Autorin Charlotte Roche oder Moderatorin Palina Rojinski unter Vertrag.

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„Ein guter Podcast-Moderator muss wichtiger sein als das Thema oder der Gast“, sagt Holt, gerade bei Talk- und Interviewformaten. „Fast niemand hört ,Fest und Flauschig‘ wegen des Themas, über das Jan und Olli reden.“

Der jüngste Coup gelang Spotify mit der Verpflichtung von Comedian Felix Lobrecht und Autor Tommi Schmitt. Ihr Podcast „Gemischtes Hack“ ist vor allem beim jüngeren Publikum unter 30 Jahren beliebt und stand fast ein Jahr auf Platz eins der Spotify-Charts. Doch erst Ende August sicherte sich das Unternehmen die Exklusiv-Rechte daran.

Mix aus Musik und Podcasts

Holt ist mit seiner Chefin, Spotifys Chief Content Officer Dawn Ostroff, für die wichtigste Neuausrichtung in Spotifys Geschichte verantwortlich. Trotz knapp 19 Milliarden Euro Börsenbewertung ist die erfolgreichste europäische Tech-Gründung der vergangenen zwei Dekaden noch nicht profitabel. Zwar verteidigt das Fast-noch-Start-up seinen Titel als größte Musik-Plattform der Welt gegen Apple, Amazon und andere. Doch die Margen im Geschäft mit Labels und Superstars sind gering.

Podcast-Eigenproduktionen sollen den schwedischen Streaming-Avantgardisten unabhängiger von Musik und unterscheidbarer von Apple Music und Co. machen – ähnlich wie sich Netflix mit der Serie „House of Cards“ vom DVD-Verleih zum Streaming-Powerhouse transformierte.

Anfang 2019 hat Spotify für 300 Millionen Euro die Podcast-Produktionsstudios Gimlet und Parcast übernommen. Podcasts, die nur Bezahlkunden hören dürfen, schließt Holt aus. Die Produktionen sollen sich über eine längere Bindung von Abo-Kunden und zielgenauere Werbung finanzieren.

Spotifys größter Konkurrent ist – wie beim Musikstreaming – Apple. Auch an Podcast-Eigenproduktionen soll der iPhone-Konzern interessiert sein. Bislang dominiert Apple den globalen Podcast-Vertrieb mit der auf seinen Geräten vorinstallierten App. In Deutschland liegt Spotify laut der Analysefirma Voxnest dagegen schon vor dem großen Konkurrenten.

Holt sieht Musik und Podcasts nicht als zwei getrennte Standbeine für Spotify, sondern will beides verbinden. Deswegen bringt er nun das Format „Your Daily Drive“ nach Deutschland, als zweitem Land nach den USA. Der Mix aus personalisierten Songs und Nachrichten-Podcasts soll eine Radio-Morningshow ersetzen.

Podcasts und Musik verschmelzen

Zum Start sind unter anderem das Handelsblatt Morning Briefing und Formate von „Spiegel“, „Zeit“, „Süddeutscher Zeitung“ und Deutschlandfunk dabei. Daneben testet Spotify in Deutschland nun sowohl kuratierte als auch nutzergenerierte Playlisten für Podcasts, wie es sie für Musik bereits gibt.

Auch inhaltlich bringt Holt Musik und Podcasts zusammen: Besonders stolz ist der Vinyl-Fan auf Shows, die Geschichten über Musik und Musiker erzählen – wie „Stay Free“, eine Dokumentation über die Punkband „The Clash“, oder eine französische Produktion über Serge Gainsbourg. „Ich denke darüber nach, wie ein deutsches Äquivalent zu ‚Stay Free‘ aussehen könnte“, sagt Holt.

Doch Deutschland ist umgekehrt auch Labor für andere Länder: Von der deutschen Sendung „Talk-O-Mat“, in der zwei Prominente in einer Art Blind Date aufeinandertreffen, soll es bald eine englische Version geben.

Obwohl Holt bei Spotify für das gesprochene Wort zuständig ist, hat er seine Karriere in den frühen 90ern bei Musiklabels begonnen. „Ich war einer der Ersten, die sagten, dass wir uns für Technologie interessieren sollten“, sagt er. Stattdessen erlebte der gebürtige New Yorker frustriert, wie die Musikindustrie das Internet erst verschlief und dann verzweifelt versuchte, mit Klagen ihr tradiertes Geschäftsmodell zu retten. Er sei bei verschiedenen Labels immer der gewesen, der „als Kundschafter losgeschickt wurde, um mit diesen seltsamen Leuten aus dem Internet zu reden“.

2008 wechselte Holt dann selbst zu diesen „New Kids on the Block“: erst als Chef des Musikgeschäfts vom Facebook-Vorläufer MySpace und später zu Maker Studios, einem der weltgrößten Youtube-Produktionsnetzwerke. Dort beobachtete er aus der ersten Reihe, wie Kreative Plattformen nutzen, um berühmt zu werden, und welche Formate funktionieren. Seine Erfahrung: „Jeder hat heute die Möglichkeit, Youtube-Videos oder einen Podcast zu machen. Aber es ist schwer, es gut zu machen.“