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Warum die Sparkassen sparen sollen

Kleine Geldhäuser leiden besonders unter den Niedrigzinsen: Mit dem klassischen Bankgeschäft lässt sich immer weniger verdienen. Aus dieser Misere gibt es nur einen Ausweg, meinen die Autoren einer Studie.

Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist deutschen Sparkassen genauso ein Dorn im Auge wie ihren Wettbewerbern, den Genossenschaftsbanken. Beide lassen kaum eine Gelegenheit aus, ein Ende der niedrigen Zinsen in der Euro-Zone zu fordern. Immerhin liegt der Leitzins bei null. Zudem berechnet die EZB Geschäftsbanken einen Strafzins, wenn diese über Nacht Geld bei ihr parken.

„Es ist höchste Zeit für ein ‚Arrivederci‘ an die derzeitige Geldpolitik, die vielleicht zur Bekämpfung von Deflation geeignet ist, aber nicht zu einer Phase des konjunkturellen Aufschwungs passt“, sagte Uwe Fröhlich, Präsident des Verbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken, erst vergangene Woche.

Auch Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon äußert regelmäßig seinen Unmut über die EZB-Politik. Kein Wunder, wissen doch beide, dass die Minizinsen erstens ihren Kunden das Sparen erschweren und zweitens auf den Kreditinstituten lasten. „Die Sparkassen haben sich auf das ungesunde geldpolitische Umfeld eingestellt. Sie schöpfen bestehende Ertragsmöglichkeiten aus und senken konsequent die Kosten“, sagte Fahrenschon kürzlich. „Die Zinssituation wird uns aber auch in den nächsten Jahren massiv fordern.“

Einer Studie zufolge müssen viele der knapp 400 Sparkassen und fast 1.000 Volks- und Raiffeisenbanken noch sehr viel mehr tun als bisher: und zwar sparen, sparen, sparen. Das zumindest meinen die Experten der Unternehmensberatung Confidum. Die niedrigen Zinsen treffen die bodenständigen Sparkassen und Genossenschaftsbanken besonders. Denn die Minizinsen sorgen dafür, dass die Erträge im klassischen Bankgeschäft, der Hereinnahme von Einlagen und der Vergabe von Krediten, sinken.

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Confidum kommt zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken ihre Kosten im Schnitt um 25 bis 30 Prozent senken müssten, um längere Zeit mit den niedrigen Zinsen zurechtzukommen. Da das allein über Sachkosten nicht ginge, „bedeutet dies einen massiven Eingriff in die Personalkosten der Bank“, sind die Studienautoren Christof Grabher und Hans-Joachim Schettler überzeugt. Der überwiegende Teil der Kreditinstitute sei „weit davon entfernt, in einer länger anhaltenden Niedrigzinsphase eine nachhaltige Rentabilität zu erzielen“, lautet ihr Urteil.

Eine gewaltige Aufgabe für die Vorstände der Geldhäuser: Damit würden, was die Managementaufgabe betreffe, „Dimensionen erreicht, mit denen die meisten Vorstände einer Sparkasse oder VR-Bank bisher kaum konfrontiert waren“, warnen Grabher und Schettler. Zwar senken etliche Sparkassen und Genossenschaftsbanken bereits die Zahl ihrer Mitarbeiter, meist indem sie frei werdende Stellen nicht nachbesetzen. Betriebsbedingte Kündigungen kommen so gut wie nie vor.


Nur wenige Regionalbanken seien ausreichend produktiv.

Und solche Kündigungen wären auch schwer vermittelbar. Schließlich haben die Sparkassen im vergangenen Jahr zwei Milliarden Euro nach Steuern verdient, bei den Volks- und Raiffeisenbanken waren es 1,7 Milliarden Euro. Die Kosten drückten beide Finanzgruppen dabei nur leicht. Ein deutlicher Rückgang war aus Sicht des BVR auch deshalb nicht möglich, weil die Banken mehr für die verstärkte Regulierung der Branche aufwenden müssen.

Laut der Confidum-Studie müssten die Geldhäuser dennoch kräftig sparen. Die Autoren berufen sich bei ihrer Analyse auf eine spezielle Kennzahl, mit der sich die bilanzielle Kosteneffizienz abbilden lässt. Diese Größe halten sie für geeigneter als das Kosten-Ertrags-Verhältnis, das häufig als ein wichtiges Kriterium für die Verfassung einer Bank verwendet wird.

Die sogenannte Cost-Efficiency-Ratio misst das Verhältnis von Betriebsaufwendungen zum Kundengeschäftsvolumen, das sich unter anderem aus Kundenforderungen, Kundenverbindlichkeiten, Kundenwertpapieren in eigener und fremder Verwahrung, aber auch aus Bauspareinlagen und Krediten zusammensetzt. Die Kennzahl gebe Aufschluss über die Produktivität des Kundengeschäfts, erläutert Confidum.

Die Confidum-Berechnungen ergeben, dass die Kennzahl bei den Volks- und Raiffeisenbanken zuletzt im Schnitt 142 Basispunkte betrug und bei den Sparkassen 129 Basispunkte. Sie meinen aber, die Kennzahl dürfte nicht über dem Wert von 110 Basispunkten liegen, damit die Geldhäuser auf Dauer überleben. Derzeit würden nur 119 Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken diese Vorgabe erreichen.

Die Geldhäuser wissen um die Herausforderungen. Der BVR nutzt selbst auch das Kosten-Effizienz-Verhältnis – neben einer Vielzahl anderer Vergleichs- und Orientierungsdaten, wie ein Sprecher des Verbandes sagt. Die Kennzahl hat dem BVR zufolge aber auch Schwächen. Zudem hält er die Confidum-Simulationen zu notwendigen Kosteneinsparungen für stark mit Annahmen behaftet. Die Studienautoren verteidigen indes ihren Ansatz.

Auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) verwendet Kennzahlen aus der Studie bereits seit langem selbst, wie er mitteilt. Und zeigt sich selbstbewusst: „Auch ohne Beratungsunternehmen wissen der DSGV, die Regionalverbände und erst recht die Institute vor Ort sehr genau, was zu tun ist, und ergreifen die entsprechenden Maßnahmen.“

KONTEXT

Die profitabelsten und unprofitabelsten Sparkassen-Regionen 2016

Sparkassen-Verbände

Die mehr als 400 Sparkassen in Deutschland sind in 12 regionalen Verbänden organisiert. Eine viel beachtete Messgröße für die Profitabilität der Sparkassen ist das Betriebsergebnis vor Ergebnis im Verhältnis zur Bilanzsumme. Der Sparkassenverband Westfalen-Lippe hat über die erwarteten Gewinne im Jahr 2016 diverser Verbände informiert.

Platz 1

Ostdeutscher Sparkassenverband

Bilanzsumme 2015:112 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:1,04 Prozent (Vorjahr: 1,15 Prozent)

Quelle: SVWL, OSV

Platz 2

Sparkassenverband Westfalen-Lippe

Bilanzsumme der Mitglieder 30.6.2016:126 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,95 Prozent (Vorjahr: 1,08 Prozent)

Quelle: SVWL

Platz 3

Sparkassenverband Schleswig-Holstein

Bilanzsumme der Mitglieder 2015:37,6 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,88 Prozent (2014: 0,89 Prozent)

Quelle: SVWL, SGVSH

Platz 4

Sparkassenverband Baden-Württemberg

Bilanzsumme der Mitglieder 2015:178,6 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,84 Prozent (2015: 0,97 Prozent)

Quelle: SVWL, SVBW

Platz 5

Bayerischer Sparkassenverband

Bilanzsumme der Mitglieder 2015:193 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,82 Prozent (2015: 0,95 Prozent)

Quelle: SVWL, SVB

Platz 11

Rheinischer Sparkassen- und Giroverband

Bilanzsumme der Mitglieder 2015:154 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,69 Prozent

Quelle: SVWL, SVB

Platz 12

Hanseatischer Sparkassen- und Giroverband

Bilanzsumme der Mitglieder 2015:54 Milliarden Euro

Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,65 Prozent

Quelle: SVWL, DSGV

KONTEXT

Ausschüttende und ausschüttungsfähige Sparkassen

Gesamt

Insgesamt: 418 SparkassenAusschüttungsfähig: 398davon schütten tatsächlich aus: 140 Sparkassen

(Quelle: Deutsche Bundesbank - k.A. für Berlin, Bremen, Hamburg)

Baden-Württemberg

Insgesamt: 53Ausschüttungsfähige Sparkassen: 37Ausschüttende Sparkassen: 1

Bayern

Insgesamt: 72 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 71Ausschüttende Sparkassen: 16

Brandenburg

Insgesamt: 11Ausschüttungsfähige Sparkassen: 11Ausschüttende Sparkassen: 3

Hessen

Insgesamt: 34 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 34*Ausschüttende Sparkassen: 14

Mecklenburg-Vorpommern

Insgesamt: 10Ausschüttungsfähige Sparkassen: 9Ausschüttende Sparkassen: 3

Niedersachsen

Insgesamt: 44 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 44* Ausschüttende Sparkassen: 13

Nordrhein-Westfalen

Insgesamt: 106 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 106*Ausschüttende Sparkassen: 45

Rheinland-Pfalz

Insgesamt: 26 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 24Ausschüttende Sparkassen: 13

Saarland

Insgesamt: 7 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 7Ausschüttende Sparkassen: 6

Sachsen

Insgesamt: 12 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 12Ausschüttende Sparkassen: 12

Sachsen-Anhalt

Insgesamt: 13 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 13Ausschüttende Sparkassen: 3

Schleswig-Holstein

Insgesamt: 14 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 14*Ausschüttende Sparkassen: 3

Thüringen

Insgesamt: 16 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 16*Ausschüttende Sparkassen: 8

*) Keine Ausschüttungsanforderungen 2012. Um die Anonymität der Institute sicherzustellen, wurden keine Angaben zur Ausschüttungsfähigkeit der Sparkassen in den Bundesländern Bremen und Hamburg gemacht. Dort sind nur sehr wenige Institute tätig. Keine Angaben zu Berlin, weil für die Berliner Sparkasse keine Daten auf Einzelinstitutsbasis verfügbar sind.