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Spahn will Sonderkontrollen von Schnelltest-Betrügern – doch in einer internen Mail widersprechen ihm seine eigenen Beamten

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)

Monatelang waren Schnelltest-Zentren in Deutschland ein Millionen-Geschäft. Dank hoher Vergütungen durch den Steuerzahler und eines vergleichsweise geringen Aufwands für Aufbau und Betrieb eines Zentrums verdienten sich Betreiber eine goldene Nase. Doch nachdem vor zwei Wochen massive Betrugsfälle öffentlich wurden, soll nun Schluss mit Abzocke sein: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Betreibern künftig deutlich weniger Geld zahlen und sie stärker kontrollieren. Dazu – so Spahns neueste Idee – sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sogar Wirtschaftsprüfer in die Büros der Schnelltest-Betreiber schicken.

Während Spahn also mithilfe der KVen hart durchgreifen lassen will und das leidige Thema damit politisch endlich abräumen möchte, scheinen jedoch ausgerechnet seine eigenen Beamten Zweifel am Vorgehen des Ministers zu haben. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die Business Insider vorliegen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob wirklich die KVen überhaupt für die Kontrolle von Schnelltest-Abrechnungen zuständig sein können.

Bereits Ende April schrieb demnach eine Referentin des Bundesamtes für Soziale Sicherung in Bonn, das den milliardenschweren Gesundheitsfonds verwaltet, aus dem Gesundheitsleistungen bezahlt werden: "Unser Referatsleiter (...) wüsste jetzt auch keine Stelle, die für die Überprüfung der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes infrage käme". Zwar seien KVen laut Gesetz für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von vertragsärztlichen Leistungen zuständig. Doch bei den Schnelltest-Zentren seien die KVen nach Ansicht des Bundesamtes aus der Verantwortung raus, so die Referentin weiter. Der einfache Grund: "Es handelt sich ja nicht um ein KV-Mitglied." Das heißt: Die KVen können nach Ansicht des Bundesamtes gar keine Schnelltest-Zentren prüfen, weil diese gar keinen Vertrag mit ihnen haben, wie es bei Arztpraxen üblich ist.

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Laut der Unterlagen wollte die Referentin mit dem übergeordneten Gesundheitsministerium darüber noch reden. Ein paar Tage später schreibt sie lediglich, das Ministerium sei der Auffassung, dass die KVen das Recht und die Pflicht hätten, bei etwa überdurchschnittlichen Mietkosten für ein Zentrum den Erstattungsbetrag zu kürzen. Eine nähere Begründung erfolgt aber nicht.

Eine bloße Nebensächlichkeit ist das Problem, was die Beamtin beschreibt, nicht. Denn der Fehler liegt im Grundkonzept des Bundes für die Schnelltest-Zentren. Weil Spahns Ministerium – auch politisch getrieben durch die zahlreichen Probleme beim Corona-Management in der Vergangenheit – mit einem möglichst schnellen Aufbau vieler Zentren einen Erfolg vorweisen wollte, setzte man auf den Faktor Geld: Bis zu sechs Euro gab es vom Bund für jeden Test, dazu zwölf Euro pro Abstrich – viel Geld gemessen an den oft eher niedrigen Kosten der Betreiber. Gerade deshalb wäre von Anfang an die Frage, wie die Abrechnungen wirksam kontrolliert werden, wichtig gewesen. Doch genau hier gibt es bis jetzt kein effektives System – und auch die neue Verordnung, die jetzt von Spahn vorlegt wurde, dürfte daran nichts ändern.

Denn die KVen bekommen von den Schnelltest-Betreibern lediglich die Zahl der eingekauften Tests und die Zahl der Abstriche. Eine Überprüfung ist mangels weitergehender Informationen nicht möglich. So ist beispielsweise in Berlin vorgesehen, dass die Betreiber von Schnelltest-Zentren täglich den Behörden melden, wie viele Tests positiv oder negativ sind. Mit diesen Daten könnten die KVen Plausibilitätsprüfungen vornehmen. Fakt ist jedoch: Laut interner Runden sollen sich die Betreiber schlicht nicht an die Vorgaben halten – und damit durchkommen. Dazu kommt, dass es weder einen Datenaustausch zwischen den KVen und den Landesbehörden, bei denen sich Betreiber registrieren, noch zwischen den KVen und den Finanzämtern gibt. Diese müssten auch trotz neuer Verordnung erst geschaffen werden.

Und so kritisiert auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, im Gespräch mit Business Insider die neuen Kontroll-Pläne von Spahn: „Die Überprüfbarkeit ist weiter nicht gegeben, weil völlig ungeklärt ist, wie die Vorgaben operationalisiert werden sollen. So bleibt etwa völlig unklar, nach welchen Kriterien die Zentren und Teststellen von uns geprüft werden sollen – hier bestehen erhebliche Zweifel unter anderem in rechtlicher Sicht."

Gassen weiter: "Es wäre ja wenigstens sinnvoll, wenn Gesundheitsämter verpflichtet werden, uns Daten über positive oder negative Schnelltests pro Zentrum zur Verfügung zu stellen. Dann hätten wir wenigstens einen Ansatzpunkt für eine Kontrolle. So wird das ursprüngliche Problem jedoch nicht gelöst.“

In einem Brief an Spahn (hier als Download) geht Gassen sogar einen Schritt weiter: Darin empfiehlt er mehr Kontrollen durch Gewerbeaufsicht oder Zoll. Den KVen jedenfalls fehle "sowohl das rechtliche als auch das inhaltliche Rüstzeug".