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"Ich spürte, dass die Fans mich nicht mehr akzeptieren“

"Ich spürte, dass die Fans mich nicht mehr akzeptieren“

Nach fünf Jahren als Co-Trainer von Ralf Rangnick wurde Mirko Slomka 2006 über Nacht Cheftrainer vom FC Schalke 04.

Unter Slomka gelang S04 die Deutsche Vizemeisterschaft und der Klub schaffte es bis ins Viertelfinale der Champions League. Auch mit Hannover 96 sorgte der Niedersachse für Furore, qualifizierte sich regelmäßig fürs internationale Geschäft und erreichte 2012 das Viertelfinale der Europa League.

Beim HSV, dem Karlsruher SC und 2019 wieder in Hannover hatte Slomka allerdings weniger Erfolg. Mit Autor und Business-Coach Mounir Zitouni redet Slomka in einer neuen Folge des SPORT1-Podcast „Leadertalk“ über seine großen Fehler in Schalke und Hannover, wie er zu seinem ehemaligen Manager in Hannover, Jörg Schmadtke, oder zum Schalker Clemens Tönnies steht, wieso eine gute Konfliktstrategie für einen Trainer überlebenswichtig ist - und was er von Arsène Wenger lernte.

Das Ende bei Hannover 96 im Dezember 2013 schmerzt Mirko Slomka noch heute. Das war eindeutig mein Fehler gewesen, weil ich mit einem anderen Verein kokettiert habe“, sagt er heute.

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„Es war eine nicht ganz unerhebliche Chance. Und das spüren die Menschen um einen herum, insbesondere die Fans. Ich habe in Hannover gespürt, dass die Fans mich nicht mehr akzeptieren, weil ich meinen Vertrag nicht sofort verlängert habe. Das war ein ganz großer Fehler. Das war vielleicht der größte Fehler meiner Karriere, weil ich möglicherweise heute noch da wäre. Wir hatten in der Europa League als Gegner Atlético Madrid. Und der jetzige Trainer von Atlético saß schon damals mir gegenüber auf der Bank. Er ist immer noch da. Das ist der ganz große Unterschied.“

Die ständigen Trainerwechsel sieht Slomka kritisch: „In den letzten Monaten hatten wir die Trainerwechselei von A nach B. Es ist jedem selbst überlassen, ich persönlich finde, man sollte sich schon zu 1000 Prozent identifizieren.“

Slomka rät zu positiver Konfliktbereitschaft

Auch bei seiner ersten Trainerstation auf Schalke zwischen 2006 und 2008 würde Slomka heute einiges anders machen:

„Es gibt Dinge, die muss man als Trainer lernen, insbesondere Konfliktstrategien. Das kann man nicht alles aus dem Bauch heraus entscheiden. Ich hatte mit Andreas Müller eine starke Persönlichkeit als Sportdirektor. Natürlich hatten wir Konflikte, wenn es um die Mannschaft, um Ziele ging. Natürlich hatten wir unterschiedliche Meinungen.“

Und wie geht man damit um?

„Man muss auf der einen Seite die Dinge abwägen, die einem persönlich wichtig sind, und die versuchen durchzusetzen oder zumindest eine Position zu erlangen, wo beide gewinnen können. Die große Stärke eines Leaders kann auch mal sein nachzugeben. Ich weiß jetzt, dass das für mein Gegenüber total wichtig ist. Ich gebe nach, um vielleicht an einer anderen Ecke etwas anderes durchzusetzen. Das war nicht meine ganz große Stärke.“

Auch, weil auf der anderen Seite starke Persönlichkeiten wie Clemens Tönnies und Martin Kind waren. „Das ist auch nicht ganz einfach. Das sind ja auch echte Leader und Typen, die natürlich Macht beinhalten. Man muss auch sagen, jeder Cheftrainer ist auch machtbezogen, sonst könnten wir diese Rolle gar nicht ausfüllen.“

Sein Verhältnis heute? Slomka erzählt: „Clemens Tönnies ist ein ganz enger Freund meiner Familie. Wir haben nie den Kontakt verloren. Ich habe ihn besucht in schlechten Zeiten. Er mich auch immer wieder kontaktiert, wenn es mir nicht so gut ging. Bei Martin Kind ist es komplett anders. Wir haben uns nie geduzt, was speziell ist. Dennoch habe ich immer das Gefühl, wenn wir telefonieren oder sehen, dass wir uns nah sind.“

Slomka schaut nicht im Zorn zurück. Sowohl mit Jörg Schmadtke, der damals in Hannover die Zusammenarbeit beendete, als auch mit Andreas Müller, seinem Sportdirektor auf Schalke, würde Slomka heute gern „nochmal zusammenarbeiten“.

Slomka betont im Leadertalk: „Ich hatte nie einen Streit mit Jörg Schmadtke, damit will ich mal aufräumen. Wir hatten unterschiedliche Meinungen, das ist ganz wichtig.“

Die Hauptaufgabe eines Trainers sieht Slomka heute darin, das Miteinander in einer Mannschaft zu optimieren:

„Wir schweben nicht mehr so oben drüber. Auf der einen Seite braucht man das fachliche Wissen, um eine Mannschaft zu überzeugen, auf der anderen Seite wissen wir alle, dass Empathie aktuell in jeder Leadership-Stelle elementar ist und der Befehlston sicherlich keine Rolle mehr spielt.“

Auch für Slomka war der überraschende Einstieg als Cheftrainer bei Schalke nicht ohne. „Ich hätte mir damals gewünscht, dass es einen Führerschein „Menschenkenntnis“ gibt. Wie schaffe ich das, all diese Typen zusammenzubringen, Verständnis aufzubringen für die Eigenarten und tolerant zu sein?“

Was der Niedersachse gelernt hat: „Wertschätzung, Anerkennung sind für mich die größten Drogen. Zuhören, sich zurückzunehmen, um zu reflektieren, eine Fehlerkultur für sich zu etablieren. Zu sagen, es war mein Fehler, es tut mir Leid und trotzdem in seiner Vorbildfunktion als Trainer stabil zu sein und sein Selbstvertrauen nicht zu verlieren.“

Und wenn es einfach nicht passt? Beim HSV 2014 war es so. „Hamburg war fantastisch, aber mit Dietmar Beiersdorfer kam ein Alpha-Tier, das überhaupt nicht zu mir passte. Für mich war klar, als er kam, dass meine Zeit sehr begrenzt sein wird in Hamburg.“

Mirko Slomkas Zukunft

Wie sieht die Zukunft von Mirko Slomka aus, der aktuell für Sky und Amazon das Fußball Geschehen einordnet:

„Ich bin irre gerne Trainer. Eine Gruppe von Menschen auf Ziele einzustimmen, zu motivieren, zu begeistern, ist im In- wie im Ausland immer spannend. Ich habe mir Gedanken gemacht, ob ich darüber hinaus Aufgaben im Fußballumfeld übernehmen könnte, Aufgaben mit Management-Aspekten, zum Beispiel. Meine Erfahrungen könnten auch da eine Rolle spielen“, will Slomka auf jeden Fall noch mal aktiv ins Fußball-Geschäft zurückkehren.

Die Trainerpersönlichkeiten, von denen er am meisten lernte, sind Ralf Rangnick und Arsene Wenger. Beim Ex-Trainer von Arsenal war Slomka mehrmals zwecks Praktika. „Eine tolle Persönlichkeit. Ich war mehrmals bei ihm im Training. Wir hatten einen tollen Umgang. Und den hatte er auch mit seinen Spielern, Es hat mich beeindruckt, wie er im Wechsel agierte, mal einzufordern, konzentriert zu sein im Training und danach sein T-Shirt auszuziehen und auf dem Platz mit den Spielern zu plaudern.“

Mounir Zitouni (50) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Auftreten, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.