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Solaranlagen auf dem Balkon: So viel bringen die Mini-Kraftwerke wirklich und darum wird es günstiger, wenn ihr mit dem Kauf wartet

Solaranlagen für den Balkon werden in Folge der Energiekrise gehypet – und können von Laien selbst installiert werden. - Copyright: Erdark/Getty Images
Solaranlagen für den Balkon werden in Folge der Energiekrise gehypet – und können von Laien selbst installiert werden. - Copyright: Erdark/Getty Images

In Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine und der damit einhergehenden Preisrally bei Gas und Strom hat in diesem Jahr ein regelrechter Run auf Solaranlagen eingesetzt – überwiegend mit dem Ziel vieler Verbraucher, autarker zu werden vom Strommarkt. Aber die Investition ist groß und für viele Menschen ohne Eigenheim gar nicht zugänglich. Daher gab es parallel einen weiteren Hype: Solaranlagen auf dem Balkon oder der Terrasse, die schlicht über einen handelsüblichen Stecker angeschlossen werden können. Kleine Kraftwerke also, die Strom für den Eigenbedarf produzieren sollen.

Bereits Ende 2021 waren laut der Verbraucherzentrale 190.000 solcher Systeme in Deutschland im Einsatz. Im laufenden Jahr dürfte die Zahl deutlich angestiegen sein. Der Vorteil: Grundsätzlich können Laien die Anlage selbst aufstellen und anschließen. Auch das Anbringen außen am Balkongeländer könnten die Interessenten selbst übernehmen, erklärt Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW – wenn sie es sich selbst zutrauen und besonders auf Sicherheit achten.

Was es vor der Anschaffung zu beachten gibt, haben wir hier für euch zusammengetragen.

Wie funktioniert ein Balkonkraftwerk?

Grundsätzlich funktioniert eine Solaranlage für den Balkon wie eine Solaranlage für das Dach: Sie besteht aus einem oder mehreren Solarpaneelen, die bei Sonneneinstrahlung Gleichstrom produzieren. Daran angeschlossen ist ein sogenannter Wechselrichter, der den Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt. So kann der Strom ins Netz eingespeist werden – und das funktioniert bei Balkonkraftwerken ganz einfach über einen Stecker.

Bei Balkonkraftwerken handelt es sich aber nicht um große Photovoltaikanlagen, wie sie beispielsweise auf Einfamilienhäusern installiert sind. Sie haben im Regelfall nur eine Anschlussleistung von bis zu 600 Watt, die durch den Wechselrichter bestimmt wird. Heißt: Auch wenn ihr zwei Paneele mit jeweils 350 Watt Maximalleistung installiert, wird der Output vom Wechselrichter begrenzt. Das soll vor einer Überlastung des heimischen Stromnetzes schützen. Zum Vergleich: Anlagen auf Einfamilienhäusern bieten Spitzenleistungen von mehreren Kilowatt.

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Balkonkraftwerke sind also vor allem dazu gedacht, für den Eigenbedarf zu produzieren. Wenn die Anlage Strom produziert, greifen Haushaltsgeräte wie Kühlschränke und Waschmaschine darauf zurück – und reduzieren so die Strommenge, die vom Netzbetreiber bezogen wird. Das senkt auf Dauer die Stromkosten. Der Verbraucherzentrale zufolge reicht für den Eigenbedarf meist schon ein Standard-Modul mit 350 bis 360 Watt.

Wie viel Strom liefert ein Balkonkraftwerk?

Wie viel Strom so ein Balkonkraftwerk liefert, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören neben Anzahl und Leistung der Paneele auch die Ausrichtung des Balkons, der Winkel, in dem die Module am Balkon angebracht sind. Und natürlich, wie viele Sonnenstunden es über das Jahr gibt.

Einen guten Eindruck der unterschiedlichen Parameter gibt ein Solar-Rechner der HTW Berlin. Nutzer können hier an verschiedenen Parametern drehen und sich eine Einschätzung der Stromproduktion geben lassen. Ein Beispiel: Ein einzelnes Panel mit 350 Watt Nennleistung produziert laut dem Rechner in einem Jahr rund 240 Kilowattstunden in einem Jahr – vorausgesetzt das Panel hängt gerade an einem Südbalkon. Steht das Panel im 45-Grad-Winkel vom Balkongitter ab, lässt sich die Stromproduktion laut dem Rechner auf 340 Kilowattstunden erhöhen. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Zwei-Personenhaushalt verbraucht laut dem Vergleichsportal Verivox pro Jahr etwa 2100 Kilowattstunden.

Wie viel kostet eine Solaranlage für den Balkon und welche Anbieter gibt es?

Die Preise für Balkonkraftwerke gehen teils deutlich auseinander. Auf die kleinen Anlagen spezialisiert haben sich beispielsweise Anbieter wie das Leipziger Startup Priwatt oder auch Firmen wie Yuma, EET Energy oder Alpha Solare. Aber auch Shops wie Plugin Energy oder Lieckipedia haben die Stecker-Anlagen im Sortiment. Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft gibt es mehr als 150 Anbieter für Stecker-Solaranlagen. Eine detailliertere Marktübersicht bieten die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und das PV-Magazin.

Bei Priwatt beispielsweise gibt es ein einzelnes Modul mit Wechselrichter ab 499 Euro. Mit einer Balkonhalterung zahlen Nutzer bereits 661 Euro. Zwei Module, die dann die vollen 600 Watt Anschlussleistung bieten, kommen entsprechend auf rund 1080 Euro. Ähnlich sind die Preise bei Anbieter Yuma.

Eventuell muss zusätzlich noch ein neuer Zähler eingebaut werden. Ihr braucht für den Betrieb eures Balkonkraftwerks mindestens einen Zähler mit Rücklaufsperre. Sobald eure Anlage überschüssigen Strom ins Netz einspeichert, würde euer Zähler sonst nämlich tatsächlich rückwärts laufen. Heißt: Strom, den ihr eigentlich vom Anbieter bezogen habt, würde bei der Abrechnung nicht mehr gezählt. Für den Einbau darf euer Netzbetreiber allerdings keine Kosten in Rechnung stellen, so die Verbraucherzentrale – höchstens die jährlichen Messkosten können sich verteuern.

Sind Solaranlagen für den Balkon überhaupt verfügbar?

Bei der Beschaffung gibt es aber ein weiteres Problem: Ukraine-Krieg und Energiekrise hatten einen Run auf die kleinen Module ausgelöst – bei gleichzeitig gestörten Lieferketten. Bei vielen Anbietern waren die Module daher ausverkauft. Mittlerweile hat sich die Verfügbarkeit vielerorts verbessert, auf Nachfrage erklärten einige Anbieter aber, dass es weiterhin Probleme bei der Warenbeschaffung gebe – etwa bei Wechselrichtern oder Speichertechniken.

Trotzdem hat das auch Auswirkungen auf den Preis, wie Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Solarwirtschaft erklärte: „Infolge der Verknappung bei Solarkomponenten, steigenden Transport-, Arbeits- und Finanzierungskonditionen, beobachten wir in den letzten Monaten auch Preissteigerungen bei Solarsystemen.“ Der Verband hofft, dass sich die Lieferketten im Laufe des kommenden Jahres normalisieren.

Es könnte sich aber ohnehin lohnen, noch bis zum kommenden Jahr mit der Anschaffung eines Balkonkraftwerks zu warten. Denn mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sieht die Bundesregierung auch vor, den Kauf von kleinen Solaranlagen bis 30 Kilowatt-Peak von der Umsatzsteuer zu befreien. Gelten soll die Regelung ab dem 1. Januar 2023. Es könnte also sein, dass Anlagen noch einmal günstiger werden.

Windkraft
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Wann lohnt sich ein Balkonkraftwerk?

Das hat natürlich Auswirkungen auf die Frage, ab wann sich ein Balkonkraftwerk finanziell lohnt. Auch dafür lohnt ein Blick in den Rechner der HTW Berlin. Für den realen Wert kommt es natürlich auf das individuelle Nutzungsverhalten an. Denn wenn ihr beispielsweise Waschmaschine und Trockner trotz Balkonkraftwerk weiter über Nacht laufen lasst, fällt eure individuelle Stromersparnis natürlich deutlich geringer aus.

Trotzdem: Wenn wir das obige Beispiel von eines einzelnen Panels nehmen, das gerade am Balkongitter eins Südbalkons montiert wurde, könnt ihr laut dem Rechner rund 180 Kilowattstunden pro Jahr weniger von eurem Stromanbieter beziehen. Bezahlt ihr für die Stecker-Anlage und Unterbau also beispielsweise 600 Euro, dauert es bei einem Strompreis von 43 Cent pro Kilowattstunde rund acht Jahre, bis ihr das investierte Geld wieder raus habt. Dafür könnt ihr die Anlage bei einem Umzug allerdings einfach mitnehmen und ummelden, müsst also im Idealfall nicht neu investieren.

Wo ihr die Solarmodule anmelden müsst – und welchen Stecker ihr braucht

Die Module sind zwar nicht dazu gedacht, Strom für das Netz zu produzieren und einzuspeisen. Trotzdem müssen sie angemeldet werden. Mieter müssen ihren Vermieter fragen, Wohnungseigentümer die Eigentümerversammlung des jeweiligen Hauses, erklärt die Verbraucherzentrale. Außerdem müsst ihr die Balkonkraftwerke bei eurem Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur anmelden, im sogenannten Marktstammdatenregister.

Dazu kommen noch zwei weitere Hürden – nämlich der Stecker und die richtige Steckdose. Grundsätzlich können Balkonkraftwerke über einfache Schutzkontakt-Stecker (Schuko) angeschlossen werden. Die Norm des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik sieht allerdings einen sichereren Wieland-Stecker vor. Die Norm ist nicht verpflichtend, allerdings verlangen einige Netzbetreiber laut Dr. Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW die Installation einer Wieland-Steckdose – die von einem Elektriker durchgeführt werden muss. Solar-Experte Volker Quaschning hält das im Gespräch mich dem „Handelsblatt“ aufgrund der geringen Leistung für Unsinn: „Das ist ja weniger als ein Toaster, den Sie da anschließen“, sagte er der Zeitung.

Viele Wohnungen, gerade ältere Bauten, verfügen allerdings gar nicht über eine Balkonsteckdose, an der man die PV-Module anschließen könnte. Und im Winter möchte wohl kaum jemand ein Fenster offen stehen haben, um dort das Kabel durchzuführen. Auch der Einbau einer solchen Balkonsteckdose muss laut Dr. Reinhard Loch mit dem Vermieter abgeklärt und von einem Fachbetrieb durchgeführt werden. Diese Kosten kämen also hinzu und würden den Zeitraum, bis sich die Anlage amortisiert hat, deutlich verlängern.

Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW verbessert ein Speicher auf dem Balkon die Rentabilität der Anlage nicht: „Aus unserer Sicht lohnen sich Speicher wegen der geringen Größe der Balkonkraftwerke nicht“, erklärt Dr. Reinhard Loch. „Die sollte man also höchstens aus Eigeninteresse anbringen, also wenn man noch autarker werden will. Weniger aus Motiven der Wirtschaftlichkeit.“

Dieser Artikel erschien zuerst am 21. November.