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So will das Start-up Neufund die Unternehmensfinanzierung demokratisieren

„Wir sind besser als die Nasdaq“, die US-Technologiebörse. Beim Klassentreffen der Kryptobranche, der „Money Conf“, in Dublin vergangene Woche war Neufund mit solchen Ankündigungen noch Außenseiter. Doch jetzt macht das Berliner Start-up Ernst.

Am Mittwoch will Neufund seine Geschäftsidee der Öffentlichkeit vorstellen und die ersten sechs Partner verkünden für eine neuartige Form der Unternehmensfinanzierung, die den globalen Beteiligungsmarkt revolutionieren soll. Zu den Firmen gehören der Onlinehändler Brille24, Blockstate, Uniti, MySwoop, Next Big Thing und Emflux Motors.

Alle wollen ihre Firmenanteile nicht mehr klassisch per Aktie an der Börse ausgeben, sondern als sogenannte Tokens, virtuelle Beteiligungen, die Neufund über eine eigene Plattform verkaufen will. Bis November sollen die ersten Finanzierungsrunden laufen, über 1 000 Investoren haben sich registriert.

„Wir werden die Unternehmensfinanzierung demokratisieren“, erklärt Gründerin Zoe Adamovicz im Gespräch mit dem Handelsblatt. Erstmals sollen auch Privatleute Zugang zu Wagniskapitalrunden bekommen: „Ich will, dass auch die Großmutter oder der Student mit kleinen Ersparnissen mitmachen kann.“

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Bisherige Formen der Unternehmensfinanzierung seien intransparent und teuer. „Als Start-up Zugang zu Venture-Capital zu bekommen ist schwer, das ist eine geschlossene Welt“, sagt Adamovicz. Die Alternative, der klassische Börsengang, sei kompliziert und teuer.

Anders läuft es in der wilden Welt der Kryptowährungen. In der Vergangenheit haben dort viele Unternehmen versucht, sich über sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) Geld zu besorgen. Ausgegeben werden Tokens als Äquivalent zu Unternehmensanteilen. Sie können aber auch lediglich den Zugang zu einem Portal ermöglichen oder simplen Spendenquittungen ähneln. Der Markt für ICOs ist 2017 auf über sechs Milliarden Dollar praktisch explodiert.

Die Kehrseite: Viele Investoren wurden dabei Opfer von Betrügern. „Derzeit können sich Investoren, die über Kryptowährungen Unternehmen finanzieren, nicht sicher sein, ob die ausgegebenen Tokens auch tatsächlich für die Zwecke verwendet werden, für die sie angekündigt werden“, beschreibt Adamovicz das Dilemma.

Bei Neufund soll das anders laufen, die Firma plant sogenannte Equity Token Offerings (ETO). „Bei einem ETO erwirbt der Investor Rechte an dem Unternehmen, die er auch gerichtlich geltend machen kann“, sagt Adamovicz. Alle von Neufund angebotenen Firmen sollen etabliert sein und über funktionierende Geschäftsmodelle verfügen. Damit starte „die Ära der legalen und sicheren ICOs“, so das vollmundige Versprechen. Und mit ihm gehen die Probleme los.

Obwohl alles ganz legal ablaufen soll und Gründerin Adamovicz betont, man habe sich bewusst für Deutschland als Standort entschieden: Neufund unterliegt nicht der laufenden Finanzaufsicht der Bafin, wie die deutsche Regulierungsbehörde mitteilt. Zum Einzelfall will sich die Bafin grundsätzlich nicht äußern, nur so viel: „Das Unternehmen Neufund ist uns bekannt.“ Die Behörde stellt klar: „Unternehmen, die nicht in unserer Datenbank enthalten sind, haben keine Erlaubnis, um beispielsweise Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen zu erbringen.“

Im Klartext: Jede Firma muss selbst prüfen, ob sie ein genehmigungspflichtiges Geschäft betreibt und dann die Erlaubnis bei der Bafin beantragen. Sollte eine Firma unerlaubt tätig sein, drohten Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, erklärt die Bafin.

Agiert Neufund außerhalb der deutschen Finanzaufsicht? „Die Plattform bewegt sich nach meiner Einschätzung in einer rechtlichen Grauzone“, sagt Professor Volker Brühl vom Center for Financial Studies der Frankfurter Universität. Knackpunkt sei vor allem die Frage, wie die ausgegebenen Tokens rechtlich eingestuft werden.

Neufund selbst strebt eine Einstufung als Vermögensanlage an. Wie bei der Ausgabe von Wertpapieren (Aktien) muss in diesem Fall ein Prospekt erstellt werden, den die Bafin billigen muss; ansonsten gelten geringere Auflagen.

Nach wie vor befürchtet Neufund allerdings, dass die Tokens als Wertpapiere gewertet werden. „Wenn es dazu kommen sollte, wäre der Aufwand für einen Token-Verkauf genauso hoch wie für einen Börsengang, und Blockchain als alternative Finanzierungsform wäre in Deutschland tot“, warnt Neufund-Investor Frank Thelen, Gründungspartner bei Freigeist Capital.

Bei einer Einordnung als Wertpapier müssten die Tokens durch Clearstream verwaltet werden, dem Zentralverwahrer für Wertpapiere der Deutschen Börse. Dies würde aber dem dezentralen Charakter der Blockchain-Datenbank zuwiderlaufen. Blockchain bringe eine eigene Protokollfunktion mit, argumentiert Thelen.

Bafin in schwieriger Lage

Finanzprofessor Brühl hält die Einstufung der Neufund-Macher aber nicht für stichhaltig: „Wie Neufund die Tokens vermarktet, liegen sie wesentlich näher an einem Wertpapier als an einer Vermögensanlage.“ Das liege vor allem an der Handelbarkeit. „Tokenisation kommt von Securitisation, Verbriefung“, erklärt Brühl.

Im Neufund-Fall bedeute das, dass die eigentlichen Unternehmensanteile bei einer Einzweckgesellschaft namens Neumini liegen. Diese gebe die Tokens heraus, die die Rechte an den Gesellschaftsanteilen, etwa Dividendenzahlungen, repräsentierten. „Das ist ein Kunstgriff, um nicht direkt Wertpapiere auszugeben“, sagt Brühl. „Das ist clever gemacht, rechtlich sind die Tokens aber als Wertpapier einzustufen. Alles andere wäre nicht sachgerecht.“ Für das Angebot der Tokens bräuchte Neufund eine Lizenz zur Kapitalanlagevermittlung, unterläge also in jedem Fall der Bafin-Aufsicht.

Neufund plant schon für den Fall, dass man sich mit den deutschen Behörden nicht einig wird. Denn Länder wie Malta und Frankreich seien bereits dabei, „diese Finanzierungsform unter vereinfachten Bedingungen zuzulassen“. Sollte die Bafin Tokens als Wertpapiere einstufen, scheint der Weg Neufunds vorgezeichnet.

„Wenn es nicht klappt, gehen wir nach Malta“, sagt die Gründerin. Erste Bande sind bereits geknüpft. „Wir möchten zusammen mit Maltas Regierung die Schaffung weiterer kryptofreundlicher Regulierungen lostreten“, erklärte Adamovicz vor Kurzem.

Noch hat die Bafin keine Entscheidung getroffen. Überhaupt verhalte sich die Finanzaufsicht in Sachen Kryptowährungen und ICOs bislang sehr passiv, bemängelt Brühl. Das sei einerseits verständlich, schließlich sollten keine zarten Pflänzchen zertreten werden. Andererseits stehe die Bafin in der Pflicht, den Anleger frühzeitig zu schützen.