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So will Ex-Premier Tsipras die Macht in Griechenland zurückerobern

Der ehemalige griechische Premier Alexis Tsipras will sein Linksbündnis Syriza zurück in die Regierung führen. Dabei stößt er auf heftigen Widerstand.

Erst am Freitag lieferte sich der griechische Oppositionschef Alexis Tsipras in der Vouli, dem Athener Parlament, ein leidenschaftlich geführtes Rededuell mit dem konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. An diesem Samstag muss sich Tsipras der nächsten kontroversen Debatte stellen, diesmal im Zentralkomitee (ZK) seiner Partei. Wie die Parlamentsdebatte, wird auch die zweitägige Sitzung der 150 Mitglieder des obersten Parteigremiums kein Spaziergang für Tsipras.

Sechseinhalb Monate nach der Parlamentswahl vom Juli 2019, bei der die Wähler den Konservativen Mitsotakis zum neuen Premier bestimmten und Tsipras auf die Oppositionsbank schickten, ringt das Bündnis der radikalen Linken (Syriza) immer noch um den künftigen Kurs. Tsipras versucht, die Partei, die bei ihrer Gründung 2004 nicht mehr als eine politische Sekte war und ihren Aufstieg der griechischen Finanzkrise verdankt, auf eine breitere Basis zu stellen. Aber die Strategie ist umstritten.

Die Tagung des ZK an diesem Wochenende gilt als wichtige Weichenstellung im Vorfeld des nächsten Syriza-Parteitags, der Anfang Mai stattfinden soll. Bei der Wahl im Juli 2019 landete Syriza zwar mit acht Prozentpunkten Abstand hinter der konservativen Nea Dimokratia auf dem zweiten Platz.

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Gegenüber 2015 verlor das Linksbündnis aber nur vier Stimmenprozente – ein achtbares Ergebnis, das dem Ex-Premier Tsipras die Option auf eine künftige Rückkehr an die Macht gibt. Vorausgesetzt, der Syriza-Chef bringt seine zerstrittene Partei bis zu den spätestens im Juli 2023 fälligen nächsten Wahlen wieder auf eine Linie.

Tsipras setzt dabei auf eine Erweiterung ins politische Zentrum. Eine Namensänderung soll die neue Verortung unterstreichen: „Syriza – Fortschrittliche Allianz“ könnte die Partei künftig heißen. Als Zusatz ist auch „Grüne Allianz“ im Gespräch – ein bewusst zweideutiger Begriff, der nicht nur eine Besinnung auf ökologische Themen benennt.

Politische Öffnung ist umstritten

Damit könnte Syriza auch Anhänger der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) umgarnen. Die sozialdemokratische Partei, deren Symbol eine grüne Sonne ist, dominierte die politische Bühne Griechenlands in den 1980er Jahren, befindet sich aber im Niedergang, seit sie zu Beginn der Krise 2010 einen harten Sparkurs einschlagen musste. Viele Pasok-Politiker sind bereits zu Syriza übergelaufen.

Genau diesen Zulauf will der starke kommunistische Syriza-Flügel stoppen. Die Traditionalisten, die in der Parlamentsfraktion und den Parteigremien etwa ein Drittel stellen, wollen keine Öffnung. Sie fürchten eine ideologische Kontaminierung mit sozialdemokratischem oder gar, noch gefährlicher aus ihrer Sicht, liberalem Gedankengut. Stattdessen fordern sie eine Rückkehr des Linksbündnisses zu seinen marxistischen Wurzeln.

Tsipras kommt zwar, wie viele führende Syriza-Funktionäre, selbst aus der stalinistischen kommunistischen Partei KKE. Er hat aber in seinen viereinhalb Regierungsjahren gelernt, dass man Kompromisse eingehen und Allianzen schließen muss, wenn man die Macht behalten oder sie, wie jetzt, zurückerobern will.

Den Syriza-Altfunktionären geht es nicht nur um ein ideologisches Reinheitsgebot, sondern auch darum, die eigene Macht in der Partei zu sichern. Gezielt hintertreiben die Tsipras-Kritiker deshalb das Werben der Parteiführung um neue Mitglieder. Bis zum Parteitag im Frühjahr sollte Syriza 180.000 Mitglieder haben, so das von Tsipras ausgegebene Ziel. Tatsächlich sind es aber nur 35.000. Wenn es bis zum Konvent gelingt, die Zahl von 50.000 eingeschriebenen Mitgliedern zu erreichen, wäre das schon ein Riesenerfolg.

Für kontroverse Debatten im ZK dürfte auch ein Papier sorgen, das jetzt die drei Altfunktionäre Giannis Dragasakis, Thodoris Dritsas und Aristidis Baltas vorgelegt haben. Auf 83 Seiten ziehen sie eine Bilanz der Regierungsjahre und analysieren die Gründe der Syriza-Niederlage bei der letzten Wahl. Die Bestandsaufnahme beginnt mit der ernüchternden Feststellung, die Partei sei 2015 gar nicht auf die Regierungsübernahme vorbereitet gewesen. Die Syriza-Führung habe „die Realität ignoriert oder fehlinterpretiert“, heißt es in der Analyse.

Tsipras' Verfehlungen

Schwere Fehlentscheidungen sehen die Verfasser vor allem in den ersten sechs Regierungsmonaten, als Tsipras mit seinem Konfrontationskurs gegenüber den Euro-Partnern das Land fast aus dem Euro kegelte und in den Staatsbankrott schickte. Die Tsipras-Regierung habe ihre Möglichkeiten, die internationalen Gläubiger zu „erpressen“, völlig überschätzt und die Stimmung in der Eurozone nicht richtig wahrgenommen, heißt es in dem Papier.

Mit den massiven Steuererhöhungen, die die Regierung im Rahmen ihres Sparkurses den Bürgern und Unternehmen verordnete, habe Syriza die Mittelschicht verprellt. Im Wahlkampf 2019 sei es der Partei überdies nicht gelungen, den Wählern eine Zukunftsperspektive aufzuzeigen.

Die vor dem Urnengang von Tsipras verteilten Wahlgeschenke, wie Sozialleistungen und Steuersenkungen, hätten ihre Wirkung verfehlt, weil sie von den Wählern als plumper Versuch eines Stimmenkaufs durchschaut wurden, stellen die Verfasser der Analyse fest.

Unter dem Strich ist das Papier eine vernichtende Kritik an der Parteiführung. Dennoch ist es keine Frage, wer sich in den Flügelkämpfen am Ende durchsetzen wird: Tsipras. Ein anderes Zugpferd hat Syriza nicht. Ohne ihn würde die Partei schnell wieder zu einem politischen Mauerblümchen verkümmern, wie sie es vor der Krise war. Damals kam Syriza auf Stimmenanteile zwischen drei und fünf Prozent.

Tsipras‘ größte Herausforderung ist deshalb nicht, sich in den Flügelkämpfen als Vorsitzender zu behaupten, sondern die Partei zusammenzuhalten. Am linken Rand wildert bereits sein früherer Finanzminister Yanis Varoufakis. Bei der letzten Parlamentswahl kam er mit seiner Partei MeRA25 auf 3,4 Prozent und neun Abgeordnetensitze. Eine weitere Abspaltung kann Tsipras sich nicht leisten, wenn er an die Macht zurück will.