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So können selbst Druckereien überleben

Druckmaschinenhersteller - So können selbst Druckereien überleben

Fälschungssichere Etiketten, haushohe Plakatwände aus Kunststofffolie mit griffiger Werbebotschaft oder individuelle Botschaften auf handelsüblichen Fußbällen – die Druckindustrie lebt schon lange nicht mehr von Millionenauflagen, sondern sucht ihr Glück in der – meist lukrativeren - Nische. Zum Glück für die Hersteller von Druckmaschinen: Nach Jahren des Niedergangs mit tiefroten Spuren in der Bilanz und einer teilweisen Halbierung der Belegschaft geht es bei Heidelberger Druck & Co. langsam wieder aufwärts.

Rechtzeitig zur Weltleitmesse Drupa, die Ende Mai in Düsseldorf startet, übt sich die Branche in Optimismus. „Der Auftragseingang ist in diesem Jahr deutlich im Plus“, sagte der Chef von Koenig & Bauer, Claus Bolza-Schünemann, jüngst dem Handelsblatt. Er erwartet steigende Umsätze. Den Trend nach oben bestätigt auch Markus Heering, beim Maschinenbauverband VDMA für die Druckindustrie zuständig: „Die Situation hat sich normalisiert“, sagte er am Dienstag. „Für die Druckereien lohnt es sich wieder zu investieren.“

Jahrelang haben die sich seit der Wirtschaftskrise 2008/9 mit Neuanschaffungen zurückgehalten und angesichts der Überkapazitäten und des ruinösen Wettbewerbs lieber nach und nach ihren Kapitalstock angegriffen. Jetzt müssen sie neue Maschinen kaufen, um den Strukturwandel weiter voranzutreiben und gleichzeitig ihre Konkurrenzfähigkeit nicht zu verspielen. Das durchschnittliche Alter der Maschinen liegt nach Einschätzung des Branchenverbandes VDMA bei über 15 Jahren. Für 2016 erwartet der Branchenverband BVDM nun eine Zunahme der Investitionen um sieben Prozent. „Die Motive für den teilweise kräftigen Anstieg sind primär Ersatzbeschaffung, Kapazitätserweiterung und Rationalisierung“, heißt es bei den Druckern.

Dabei soll ausgerechnet die Digitalisierung für neue Umsätze und Geschäftsmodelle sorgen. Jahrelang galt das Internet jahrelange als potenzieller Totengräber für Maschinenhersteller und Druckereien: Die veränderte Mediennutzung hin zu Onlineangeboten ließ die Auflagen von Zeitungen und Zeitschriften rapide zurückgehen – das Brot-und-Butter-Geschäft beispielsweise für Koenig & Bauer. „Vor zehn Jahren haben wir noch 60 Prozent des Konzernumsatzes in medienorientierten Printmärkten erzielt“, sagte unlängst Bolza-Schünemann. „Heute liegen wir bei gut zehn Prozent.“

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Druckereien haben nur einen Teil des Wandels geschafft

An dessen Stelle ist der Verpackungsdruck getreten, der bei K&B inzwischen fast zwei Drittel der Geschäfte von rund 1,1 Milliarden Euro einnimmt. Der Markt für bedruckte Folien, Pappen, Dosen oder Tuben gilt mit Steigerungsraten von jährlich vier bis fünf Prozent als der Wachstumsmarkt schlechthin. Schätzungen zufolge soll schon in zwei Jahren die Schwelle von einer Billiarde US-Dollar weltweit überschritten werden. Der Trend spricht für mehr und aufwendiger gestaltete Verpackungen: die Weltbevölkerung wächst und damit der Konsum, edle Verpackungen werden zum Kaufanreiz und können die Ware nicht nur schützen, sondern den Verbraucher auch informieren.

Die Digitalisierung entlang der Produktionskette und neue Maschinen erlauben die Annahme auch kleinerer und individualisierter Druckaufträge. „Der Kunde will nicht mehr nur: schneller, höher, weiter“, sagt Gerold Linzbach, Chef von Heidelberger Druckmaschinen. „Sondern flexibel, unterbrechungsfrei, autonom und vernetzt.“

Um diesem Trend zu entsprechen hatte der Manager den Heidelberger Konzern stark auf Digitaldruck getrimmt. Auf der Drupa zeigt Heideldruck nur seine absoluten Neuheiten, wie die erste Maschine im A1-Format für industriellen Digitaldruck, die mit dem Partner Fujifilm entwickelt wurde. Auch der weltgrößte Druckmaschinen-Hersteller hat inzwischen aus dem Loch herausgefunden: Die Heidelberger hatten sich ein Umsatzwachstum zwischen zwei und vier Prozent nach 2,4 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2014/15 und eine Marge von acht Prozent (Ebitda) vorgenommen.

Trotz dieser Lichtblicke haben vor allem die Druckereien erst einen Teil ihres durch Überkapazitäten und Digitalisierung erzwungenen Wandels geschafft. VDMA-Experte Heering ist davon überzeugt, dass die Konsolidierung der Branche weiter gehen wird. In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der meist mittelständischen Betriebe in Deutschland mit 50 Mitarbeitern und weniger bereits drastisch von 14.000 auf 8.500 zurückgegangen. „Zu viele kleinere Druckereien betreiben den Job noch als Handwerk“, sagte Heering. „Dabei wird der Druck immer stärker industrialisiert.“

Die großen Online-Druckereien mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten zeigen bereits, wie es geht: Auftragseingang und -bearbeitung erfolgen digital, die Maschinen arbeiten rund um die Uhr, die Drucksachen landen über eine ausgefeilte Logistik binnen 24 Stunden beim Kunden. „Diese großen Druckereien verdienen auch Geld“, sagt Heering. „Hunderte der kleinen Druckereien werden das nicht überleben.“ Auch für Heideldruck-Chef Linzbach ist die zunehmende Automatisierung der Schlüssel, um wettbewerbsfähig zu bleiben: „Für die meisten Druckunternehmen wird die digitale Wertschöpfungskette unverzichtbar – schlicht um zukunftsfähig zu bleiben.“

KONTEXT

Chancen und Risiken des deutschen Maschinenbaus

Rückgrat der deutschen Wirtschaft

Mit mehr als einer Million Beschäftigten gilt der Maschinen- und Anlagenbau als größter industrieller Arbeitgeber in Deutschland. Doch die Zeit rasanter Zuwächse scheint für die mittelständisch geprägte Schlüsselindustrie erst einmal vorbei. Die Branche sieht sich einem Mix aus Chancen und Problemen gegenüber.

Quelle: dpa

Bremseffekt China

Die Schwäche wichtiger Märkte wie China bremst die extrem exportorientierten Maschinen- und Anlagenhersteller erheblich, denn das Riesenreich ist ein gewaltiger Absatzmarkt für Maschinen "Made in Germany". Doch die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sind vorbei. So rechnet der Branchenverband VDMA mit einen Ausfuhr-Rückgang um 6 Prozent auf gut 16 Milliarden Euro im Jahr 2015.

Bremseffekt Russland

Die seit 2014 wirksamen Sanktionen gegen Putins Reich haben in den Bilanzen der deutschen Maschinenbauer deutliche Spuren hinterlassen. 2015 sollte der Maschinen-Export dorthin nach Schätzungen nur noch rund 5 Milliarden Euro betragen, fast 3 Milliarden Euro weniger als zwei Jahre zuvor. In der Tabelle der Exportmärkte fiel Russland von Rang 4 auf Platz 10 zurück.

Entlastung und Risiko Ölpreis (1)

Der Absturz des Ölpreises senkt die Energiekosten bei der Produktion. Zugleich setzt er die Ölindustrie als Kunden der Maschinenbauer unter Druck. Die Folge: Investitionen werden verschoben. Komplizierte und daher teure Förderprojekte werden auf Eis gelegt.

Entlastung und Risiko Ölpreis (2)

Das Wartungsgeschäft entwickle sich dagegen robust, sagte Siemens-Chef Joe Kaeser jüngst. Weil der Verbrauch steige, müsse mehr Öl durch Pipelines gepumpt werden, wovon Siemens mit Ersatzteilen für Pumpen und Kompressoren profitieren könne. Siemens hatte 2014 den US-Kompressorenhersteller Dresser-Rand gekauft.

Rückenwind Euro

Durch den Kurs-Rückgang der Gemeinschaftswährung werden deutsche Produkte auf dem Weltmarkt tendenziell billiger. Das kann die Nachfrage ankurbeln. Insbesondere auf dem US-Markt sind deutsche Maschinen dadurch preislich im Moment sehr konkurrenzfähig. Auch im Euro-Binnenmarkt lief es zuletzt wegen des Nachholbedarfs besser.

Hoffnung Iran

Das Land hat nach dem Ende der Sanktionen großen Nachholbedarf, es fehlt überall an modernen Maschinen, Anlagen und Komponenten. Daher hofft die Branche auf steigende Nachfrage aus dem traditionell eng mit der deutschen Wirtschaft verknüpften Land. Wichtig ist dabei aus Sicht der Maschinenbauer ein sicheres Finanzwesen - ohne das Risiko, für am Ende doch nicht erlaubte Geschäfte belangt zu werden, etwa von US-Behörden. Der niedrige Ölpreis limitiert zudem die Finanzen der Islamischen Republik, wo auch Konkurrenten wie Frankreich, Italien und China unterwegs sind.

Hoffnung TTIP (1)

In den Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union ist dem Maschinenbau ein eigenes Kapitel vorbehalten. Der VDMA verspricht sich einen deutlich verbesserten Zugang zum US-Markt. Die Zölle für Einfuhren seien zwar prozentual eher niedrig, belaufen sich laut Verbandsschätzung für den Maschinenbau aber trotzdem auf hunderte Millionen Euro im Jahr.

Hoffnung TTIP (2)

Noch wichtiger wäre den Unternehmen der Wegfall anderer Handelshemmnisse, wenn es zum Beispiel um unterschiedliche Normen für Stecker, Kabel oder Gewinde geht. Derzeit verteuere die Umrüstung und notwendige Zertifizierung in den USA die deutschen Produkte um 5 bis 20 Prozent.

Hoffnung Afrika

Der afrikanische Kontinent gilt trotz aller Probleme als wachsender Exportmarkt mit Zukunft. Vor allem Länder südlich der Sahara streben nach VDMA-Einschätzung danach, Technologie für den eigenen wirtschaftlichen Fortschritt und die Etablierung einer verarbeitenden Industrie einzukaufen. Man wolle die eigenen Bodenschätze und Agrarprodukte im Land selbst verarbeiten. Allerdings ist bei den dafür notwendigen Maschinen die Konkurrenz groß: Vor allem die Chinesen haben sich große Marktanteile gesichert, aber auch Italien und die USA lagen zuletzt vor den deutschen Anbietern.