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„So geht man nicht mit gut ausgebildeten Leuten in Deutschland um!“

Sich bei Tesla in Grünheide zu bewerben, könnte ein Vorsatz für 2021 sein. Es handelt sich doch um den vielleicht modernsten Autobauer der Welt. Doch was Menschen berichten, die sich schon beworben haben, schreckt ab.

2021 als Schichtleiter im neuen Tesla-Werk in Grünheide anfangen, so hatte sich der Bewerber seine Zukunft vorgestellt. Im Herbst schickte er seine Bewerbung los. Es kann ja kein Fehler sein, beim womöglich modernsten Autobauer der Welt zu arbeiten – könnte man sich denken.

Doch was dann passierte, war nicht unbedingt das, was man vom wertvollsten, digitalsten und schnellsten Autokonzern erwarten würde: Gerade mal einen Tag vor dem Bewerbungsgespräch kam die E-Mail mit dem Termin. Dummerweise wurden in der Mail „zwei unterschiedliche Örtlichkeiten für das Gespräch genannt“, berichtet der Bewerber später bei Kununu, einer Online-Plattform für Arbeitgeberbewertungen. Weil Tesla nicht auf Anrufe und E-Mails reagiert habe, ging der Bewerber auf gut Glück los – zu einer der beiden Adressen, einem Hotel. „Die Dame an der Information konnte mir nicht sagen, ob ich richtig bin“, erzählt er. Irgendwann wurde er aber zu einem Gespräch „in einer Art Pausenraum“ gebeten. Zwei Leute von Tesla waren da, eine dritte Person war online zugeschaltet. Zu trinken gab es nichts, aber das war auch nicht nötig: „Nach zehn Minuten war Funkstille.“ Nach dem Gespräch habe es keine Reaktion mehr auf E-Mails oder Anrufe gegeben. Fazit des Bewerbers: „So verhält man sich nicht. Ganz schlechter Stil!“

Wer bei Kununu das Feedback von Dutzenden Tesla-Bewerbern studiert, gewinnt den Eindruck, dass das Chaos bei Tesla-Bewerbungen eher die Regel als die Ausnahme ist. Von den Rückmeldungen auf Bewerbungen in Grünheide seit Ende August sind zwei Drittel überwiegend negativ.

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„Ich habe mich schon zwei Mal beworben, da Teslas Image in den Medien ja cool ist“, berichtet ein Bewerber: „Wenn ein Unternehmen allerdings nicht mal das Geld hat, eine standardisierte Absage-Mail zu verschicken, ist das einfach schwach. So geht man nicht mit gut ausgebildeten Leuten in Deutschland um!“ Ein anderer Bewerber schreibt: „Ich habe eine E-Mail von einem Recruiter erhalten und wurde gefragt, wann es mir für ein Interview passen würde. Daraufhin habe ich drei Vorschläge gemacht, danach aber kam gar keine Rückmeldung mehr.“ Ein weiterer Bewerber, der einen Management-Posten in Grünheide anstrebte, empört sich: „Die Manager sollten freundlicher sein. Kein Grund für Arroganz. Und kein Grund für acht Gespräche. Wir bewerben uns nicht für den US-Kongress oder das Paradies!“

2021 wird das deutsche Jahr für Tesla – so oder so. Nun entscheidet sich, ob das Werk der bislang größte Triumph des Autobauers wird oder eine peinliche und teure Dauerbaustelle. Es könnte das Jahr sein, in dem das in nie gesehener Rekordzeit errichtete Werk in Grünheide die Serienproduktion aufnimmt, Europa mit Tesla-Fahrzeugen in nie dagewesener Qualität flutet und die US-Firma ihrem eigentlichen Ziel einen entscheidenden Schritt näherkommt: Nicht nur wie ein guter Massenhersteller zu verkaufen, sondern endlich auch wie ein solcher Gewinne zu erwirtschaften.

Es könnte aber auch das Jahr sein, in dem die deutschen Aktivitäten des Unternehmens beweisen, dass Firmengründer Elon Musk sich zu viel vorgenommen, zu viel versprochen hat und dass die Aktionäre des sagenhaft hoch bewerteten Unternehmens vor allem eines noch lange nicht sehen werden: schöne, solide Gewinne.

Wie gut die Autos aus Grünheide sein werden? Niemand kann das heute sagen, auch Elon Musk nicht. Schließlich will er in Deutschland mit neuen Methoden eine neue Fahrzeuggeneration bauen. Fest steht aber: Wenn es Tesla nicht in kürzester Zeit gelingt, viele gute Leute für das Werk zu gewinnen, werden 2021 in Grünheide weder gute noch schlechte Autos vom Band laufen, sondern gar keine. 7000 Leute will Tesla bis zum angepeilten Produktionsstart im Sommer einstellen.

Die zuständige Arbeitsagentur Frankfurt (Oder) hat bislang gut 1000 Bewerber mit Tesla zusammengebracht, nun laufen die Auswahlverfahren an. Die erste Vermittlung sei der Leiter eines Unternehmensbereichs gewesen, sagt Agenturchef Jochem Freyer im Gespräch mit der WirtschaftsWoche, aber der Schwerpunkt werde bei Produktionsmitarbeitern liegen.

Es sind nicht nur Bewerber-Rückmeldungen, die Tesla in ein schlechtes Licht rücken und Freyer die Arbeit erschweren. Auch die derzeitigen Tesla-Mitarbeiter im deutschlandweiten Vertrieb, in Werkstätten und beim Ableger Tesla Grohmann in der Eifel zeichnen auf Kununu kein rosiges Bild des Autobauers. Gerade einmal 46 Prozent der Tesleraner würden ihren Arbeitgeber weiterempfehlen. Bei Volkswagen etwa sind es 86 Prozent. 44 Prozent der Tesla-Angestellten empfinden ihr Gehalt als schlecht oder sehr schlecht. Bei Volkswagen dagegen sagen 86 Prozent, ihr Gehalt sei gut oder sehr gut. Die Gehaltszufriedenheit bei Volkswagen ist 26 Prozent über dem Branchendurchschnitt, bei Tesla liegt sie 17 Prozent darunter. Ähnliches Bild bei der Firmenkultur: Bei Tesla ist sie laut Kununu stark unterdurchschnittlich, bei VW ist sie – Dieselgate hin, Dieselgate her – stark überdurchschnittlich.

Bewertungen auf Internetplattformen „zu lesen und richtig einzuordnen ist sicher für viele Arbeitgeber und Bewerber relevant“, sagt Arbeitsagentur-Chef Freyer. Die Arbeitsagentur habe mit Tesla intensiv über die Fach- und Arbeitskräftesituation in Deutschland gesprochen: „Das Unternehmen weiß, dass es für gutes Personal auch gute Angebote und Rahmenbedingungen braucht. Umgekehrt passt aber auch nicht jeder zu Tesla.“

Mehr zum Thema: Der Chef der zuständigen Arbeitsagentur erklärt, was man wissen sollte, bevor man seine Bewerbung an Tesla abschickt.