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So erklärt Adidas, warum es seine Mietzahlungen aussetzt

Geschlossener Adidas-Store in Hamburg (Bild: Reuters)
Geschlossener Adidas-Store in Hamburg (Bild: Reuters)

Viele Konzerne wie auch H & M oder Deichmann wollen wegen der Coronakrise die Mietzahlungen aussetzen. Die Wut entlädt sich aber vor allem am Sportkonzern Adidas.

Es war das beste Jahr unserer Geschichte“, brüstete sich Kasper Rorsted noch Mitte März, als er die Ergebnisse für 2019 präsentierte. Selbstbewusst fügte er hinzu: „Wir haben gehalten, was wir versprochen haben.“ Der Adidas-Chef ist selten um kraftvolle Worte verlegen – einen klaren Kompass inbegriffen.

Und genau deshalb ist er mit seinem Konzern nun in einen ganz besonderen Shitstorm geraten: Als die Coronakrise auch über Herzogenaurach hereinbrach, sah sich der Däne gezwungen, die Mietzahlungen seiner Shops, wo immer das nun gesetzlich möglich ist, auszusetzen. Trotz Milliardenrücklagen. Die Empörung war Rorsted sicher.

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So wie Adidas machen es indes jetzt viele deutsche und internationale Konzerne. Alle ihre Läden sind wegen der Pandemie geschlossen, und so wollen sie möglichst schnell die Kosten senken. Auch Lokalrivale Puma will die Miete erst einmal nicht mehr überweisen, ebenso Filialisten wie Deichmann mit 1500 Geschäften hierzulande, H & M mit 460 Shops in der Bundesrepublik sowie die Elektronikkette Mediamarkt und Saturn.

Kein Unternehmen aber wird für diese Entscheidung so sehr kritisiert wie der Turnschuh-Hersteller Adidas. Auf Twitter kulminierte ein Sturm der Empörung, der beileibe nicht nur von jugendlichen Trendsettern getragen wurde. „Ich dachte immer, Manager hätten auch soziale Verantwortung“, empörte sich etwa Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer. Durch solchen „Wild-West-Kapitalismus“ würden Unternehmen zum Feindbild: „Schrecklich.“

Auch Politiker wie Bundesjustizministerin Christine Lambrecht maßregelten Rorsted: „Wenn jetzt finanzstarke Unternehmen einfach ihre Mieten nicht mehr zahlen, ist dies unanständig und nicht akzeptabel“, sagte sie in Berlin. Die Corona-Hilfsgesetze böten dafür keine Grundlage. Es gelte weiterhin: „Mieter müssen selbstverständlich ihre Miete zahlen. Falls sie tatsächlich infolge der Krise in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten, kann ihnen lediglich für einen begrenzten Zeitraum nicht gekündigt werden.“

Und Arbeitsminister Hubertus Heil sagte im Handelsblatt-Interview: „Ich halte das Verhalten von Adidas für unverantwortlich und habe dafür kein Verständnis. Adidas hat in den vergangenen Jahren hohe Gewinne erzielt.“ Jetzt müssten alle die Krise gemeinsam schultern, dabei dürfe sich niemand wegducken.

Es ist zwar so, dass Vermieter das Mietverhältnis im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht kündigen dürfen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt aber im Grundsatz bestehen.

Was die Konsumenten in den sozialen Netzen besonders ärgert: Adidas sei kerngesund und lade die Last der Krise nun auf andere ab – so zumindest der Vorwurf. In der Tat, zuletzt ging es der Marke mit den drei Streifen glänzend. Der Gewinn ist vergangenes Jahr um zwölf Prozent auf gut 1,9 Milliarden Euro geklettert.

Es trifft nur 26 Adidas-Läden in Deutschland

Das Unternehmen hatte zum 31. Dezember abzüglich aller Schulden fast 900 Millionen Euro in der Kasse. Die Dividende soll daher um 15 Prozent steigen, insgesamt will Kasper Rorsted 800 Millionen Euro an die Anteilseigner ausschütten. Finanzvorstand Harm Ohlmeyer kündigte noch vor zweieinhalb Wochen zudem einen Aktienrückkauf an, Wert: bis zu eine Milliarde Euro.

Inzwischen aber habe sich die Lage dramatisch verändert, argumentiert Rorsted. Lediglich in drei Ländern weltweit laufe das Geschäft noch halbwegs normal: in China, Südkorea und Japan. In Europa, Nordamerika, Lateinamerika, in vielen Schwellenländern und Teilen Asiens seien jedoch die Läden geschlossen. Dort erwirtschafte der Konzern in normalen Zeiten aber 60 Prozent vom Umsatz.

Damit nicht genug: Es gehe in Deutschland lediglich um 26 Läden, die im Wesentlichen von großen Gesellschaften vermietet würden. Nur vier Verträge beträfen Privatleute, und die seien von der Mietstundung ausgenommen, teilte der Konzern auf Anfrage mit. Die betroffenen Vermieter, vor allem Immobilienfirmen und Versicherungen, seien sehr kooperativ.

Mit den vielen Tausend Sportfachhändlern, über die Adidas seine Shirts, Shorts und Schuhe hierzulande vertreibe, habe die Sache überhaupt nichts zu tun. Insgesamt unterhält Adidas weltweit 2500 Läden. Die Stundung der Miete sei zudem nur eine von vielen Maßnahmen, die Adidas vorsorglich zum Schutz des Unternehmens und seiner 60.000 Mitarbeiter ergreifen müsse.

Ähnlich wie Adidas geht Puma vor, die Nummer drei der Sportartikelindustrie hinter Nike und seinem fränkischen Erzrivalen. Der stationäre Handel sei völlig zum Erliegen gekommen. Es sei noch nicht absehbar, wann Puma den Betrieb wieder aufnehmen könne.

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„Es bleibt der Umsatz aus, der nötig ist, um die Miete für unsere Ladenlokale bezahlen zu können“, so eine Sprecherin. Ab April werde der Turnschuhhersteller daher die Mietzahlungen vorerst aussetzen. Der Konzern werde im Gespräch mit den Vermietern in Deutschland versuchen, eine tragfähige Lösung zu finden.

Puma wird dafür kaum kritisiert, Adidas dagegen sehr heftig. Das Label sieht sich seit dem Wochenende sogar mit Boykottaufrufen konfrontiert.

Parfümeriekette Douglas prüft Inanspruchnahme von Hilfsprogrammen

Die beiden SPD-Europaabgeordneten Katarina Barley und Timo Wölken zum Beispiel verkündeten auf Twitter, dass sie ab sofort nicht mehr bei Adidas einkaufen würden. „Als globaler Konzern mit 3,2 Milliarden Gewinn eine Schutzvorschrift für MieterInnen in Existenznot auszunutzen ist schäbig“, schrieb Barley.

Wölken twitterte, dass das Verhalten des Sportartikelherstellers „unter aller Sau“ sei. Ähnlich äußerten sich andere Konsumenten.

Adidas ist tatsächlich noch in einer vergleichsweise komfortablen Situation. Andere Konzerne stecken bereits in handfesten Schwierigkeiten. So will der Elektronikeinzelhändler Ceconomy wegen der Einbußen in der Coronakrise Finanzhilfen bei der staatlichen Förderbank KfW beantragen. Ceconomy ist die Muttergesellschaft von Mediamarkt und Saturn.

Das Geschäft der Düsseldorfer verläuft seit Jahren schleppend. Auch die Parfümeriekette Douglas hat bereits mitgeteilt, „die Teilhabe an den angekündigten nationalen und regionalen Hilfsprogrammen für betroffene Betriebe“ zu prüfen.

Es sind allerdings nicht nur die großen Konzerne, die unter den Ladenschließlungen leiden, sondern auch mittelständische Unternehmen wie die Modefirma Marc O‘Polo aus Stephanskirchen in Oberbayern. Deren Chef Dieter Holzer versucht ebenfalls, die Kosten schnell zu senken: „Wir sind mit unseren Vermietern im Gespräch, um für beide Seiten wirtschaftlich tragbare Lösungen zu finden“, sagte der Manager am Sonntag dem Handelsblatt.

Das German Fashion Council, der Lobbyverband der deutschen Modebranche, will von der Bundesregierung massive Hilfen, um ein Ladensterben wegen der Pandemie zu verhindern. In einem umfangreichen Forderungskatalog zur Krise schlägt die Organisation das Aussetzen und die Stundung von Mietzahlungen vor. Die könnten durch Bankbürgschaften gesichert werden, so der Vorschlag.

Der Adidas-Vorstand hat derweil sein Gehalt vorübergehend um die Hälfte gekürzt. CEO Rorsted verzichtet erst einmal monatlich auf gut 80.000 Euro.

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