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Trumps China-Sanktionen werden zum Bumerang für den Chiphersteller Micron

Mit den Schwankungen in der Branche kann der Speicherchiphersteller umgehen. Den Verkaufsverboten der US-Regierung steht Micron aber machtlos gegenüber.

Für Sanjay Mehrotra ist eins völlig klar. „Die USA und China müssen einen Weg finden, um ihren Konflikt zu lösen.“ Der Handelsstreit der beiden größten Volkswirtschaften würde der ganzen Welt schaden, sagte der Chef des Halbleiterkonzerns Micron dem Handelsblatt.

Vor allem aber leidet Micron – und das in vielerlei Hinsicht. Der weltweit viertgrößte Chipproduzent darf seinen chinesischen Großkunden Huawei wegen der von US-Präsident Donald Trump verhängten Sanktionen nur noch eingeschränkt beliefern. „Das kostet uns Umsatz“, so Mehrotra. Langfristig noch viel bedrohlicher dürfte sein, dass die Volksrepublik nun unter Hochdruck Alternativen zu den US-Chips entwickelt.

Dabei ist Micron selbst einer der Gründe, warum sich Trump mit China zofft. Zumindest sieht das der Präsident so. „Micron wurde untersagt, seine Produkte in China zu verkaufen“, behauptete Trump vergangenen Monat in einer Rede vor den Vereinten Nationen. „Aber wir wollen Gerechtigkeit.“

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Für Trump ist Micron ein Beispiel, wie die Chinesen geistiges Eigentum der Amerikaner klauen. Demnach hätten sie erst das Know-how von Micron gestohlen, um dann darauf ein Patent zu beantragen. Anschließend sei dem US-Konzern der Verkauf dieser Produkte in dem Land untersagt worden.

Trump bezieht sich auf eine Klage, die der Konzern schon Ende 2017 gegen den chinesischen Wettbewerber Fujian Jinhua sowie einen Taiwaner Anbieter eingereicht hat. Das amerikanische Justizministerium schloss sich den Vorwürfen vergangenes Jahr an.

„Natürlich muss geistiges Eigentum in China respektiert werden“, unterstrich Mehrotra. Gleichzeitig sei das Geschäft mit Huawei aber sehr wichtig. Der Technologiekonzern ist der drittgrößte Kunde der gesamten Halbleiterindustrie. Insgesamt gehören vier chinesische Firmen zu den global zehn umsatzstärksten Abnehmern von Chips: Neben Huawei sind das den Marktforschern von Gartner zufolge Lenovo, BBK Electronics and Xiaomi. Micron hat daher bei den US-Behörden Lizenzen beantragt, um Huawei weiterhin beliefern zu dürfen. Bislang erfolglos.

Schwaches Speicherchip-Geschäft

Das Geschäft für Micron wäre auch ohne den Streit der Großmächte herausfordernd genug. Denn die Preise für Speicherchips sind in den vergangenen Monaten regelrecht eingebrochen. Das zeigt sich in den jüngsten Zahlen der Firma aus Idaho. Im vierten Quartal des Geschäftsjahrs, es endete am 29. August, ging der Umsatz um mehr als 40 Prozent auf 4,9 Milliarden Dollar zurück.

Es ist typisch für das Geschäft mit Speicherchips, dass es kräftig auf und ab geht. Neu bei Micron ist: Die Firma ist trotzdem noch profitabel. So stürzte zwar der Gewinn gegenüber dem Vorjahr von 4,3 Milliarden Dollar auf 637 Millionen ab. In früheren Jahren aber mussten die Amerikaner stets einen Verlust im Abschwung ausweisen.

Die Flaute spüren in diesen Tagen auch die größten Konkurrenten von Micron, die südkoreanischen Hersteller Samsung und SK Hynix. Beim Elektronikkonzern Samsung ist der operative Gewinn im zweiten Quartal um mehr als die Hälfte gesunken; das lag vor allem an der schwachen Halbleitersparte. Smartphones, Fernseher und Hausgeräte konnten das Minus bei den Chips nicht ausgleichen.

Die Marktforscher von Gartner gehen davon aus, dass die Preise der weit verbreiteten Dram-Speicherchips dieses Jahr gegenüber 2018 um 43 Prozent sinken werden. Grund dafür sei eine schwache Nachfrage bei nahezu unverändertem Angebot. Vor allem die Smartphone-Hersteller kaufen nicht mehr so viel ein. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr sind die Preise für die Halbleiter noch um ein Viertel geklettert, 2017 sogar um mehr als 60 Prozent.

Solche Schwankungen gibt es in der Industrie seit Jahrzehnten. Um das Geschäft etwas weniger anfällig für die Höhen und Tiefen zumachen, sucht Micron intensiv Abnehmer außerhalb der Computer- und Mobilfunkbranche. Autohersteller und Industriekunden sollen dafür sorgen, dass das Geschäft künftig gleichmäßiger verläuft. Mehrotra setzt dabei stark auf Deutschland. In München etwa arbeitet der Konzern eng mit BMW zusammen.

Vor großen chinesischen Konkurrenten werde Micron wohl noch ein paar Jahre Ruhe haben, glaubt Mehrotra. „Die Eintrittsbarrieren in unser Geschäft sind hoch.“ In der Tat: Das Geschäft ist enorm kapitalintensiv. Das sorgte über die Jahre für eine gnadenlose Auslese.

China setzt auf eigene Chipindustrie

1990 existierten dem deutschen Elektroverband ZVEI zufolge weltweit 31 Konkurrenten, darunter mit Siemens und SGS zwei aus Europa. Zehn Jahre später blieben nur noch 17 übrig, einziger europäischer Anbieter war damals die Siemens-Ausgründung Infineon. 2010 schließlich schrumpfte die Zahl der Wettbewerber auf 15, Europa war von der Landkarte der Speicherchip-Hersteller verschwunden.

Infineon hatte Mitte des Jahrzehnts seine Speichersparte unter dem Kunstnamen Qimonda an die Börse gebracht, auf eigenen Beinen hielt sich die Firma aber nicht lange. Inzwischen sind es nur noch fünf: Samsung und Hynix aus Südkorea, die US-Hersteller Micron und Western Digital und Toshiba aus Japan.

Nicht zuletzt angesichts der Verkaufsverbote von Donald Trump hat sich China daran gemacht, eine eigene Chipindustrie aufzubauen. Mehrotra fürchtet zumindest kurzfristig aber keine Konkurrenz aus der Volksrepublik. „In unserem Geschäft braucht es die nötige Größe, um kosteneffizient zu produzieren“, betonte Mehrotra. Zudem seien die Produktionsprozesse hoch komplex, hier habe Micron mehr als 40 Jahre Erfahrung. Ob China das schaffe, sei noch völlig unklar.

Auch wenn mit dem Teilabkommen etwas Entspannung in den Handelsstreit gekommen ist, bleiben die Preise unter Druck. Trotzdem ist der Micron-CEO zuversichtlich. „Die Nachfrage wächst derzeit stärker als das Angebot“, unterstrich Mehrotra. Er prognostiziert fürs laufende Quartal einen Umsatz von rund fünf Milliarden Dollar, gut ein Drittel weniger als im selben Zeitraum des Vorjahrs. Es wäre das vierte Quartal in Folge mit einem Minus von über 20 Prozent.

Die jüngsten Ergebnisse seien enttäuschend, urteilten demgegenüber die Analysten von Credit Suisse. Es sei jedoch ermutigend, dass Micron erstmals am Tiefpunkt eines Branchenzyklus noch profitabel sei. Außerdem befänden sich die Lagerbestände der Kunden jetzt wieder auf einem normalen Level. Der Speichermarkt scheine sich in die richtige Richtung zu bewegen, meinen die Experten von Barclays. Ein perfekter Auftakt für die Erholung sehe allerdings anders aus.

Das sehen auch die Investoren aus. Seit Mehrotra die Zahlen Ende September präsentierte, ist der Aktienkurs um mehr als zehn Prozent zurück gegangen. Gegenüber dem Jahrestiefstand im Juni beträgt das Plus jedoch noch immer rund ein Drittel. Offenbar bewerten die Investoren die Chancen durch steigende Speicherpreise höher als die Risiken aus dem Zank von Präsident Trump mit China.