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Snap und Twitter: Das Comeback der Kellerkinder

Top-Influencerin Kylie Jenner: Plötzlich kein großer Snapchat-Fan mehr (Foto: Evan Agostini/Invision/AP)
Top-Influencerin Kylie Jenner: Plötzlich kein großer Snapchat-Fan mehr (Foto: Evan Agostini/Invision/AP)

Der Blick auf die Kursentwicklung überrascht: Nicht Apple, Alphabet oder Facebook zählen im laufenden Jahr zu den erfolgreichsten Internetaktien, sondern zwei zwischenzeitlich abgeschriebene Kellerkinder: Snap und Twitter. Was hinter dem Börsencomeback steckt.

Die Weisheit kommt aus dem Neuen Testament: Die Letzten werden die Ersten sein. An der Wall Street gilt das oft genug mit Beginn eines neuen Börsenjahres. Anno 2018 überraschen unterdessen zwei gefallene Internet-Lieblinge mit Comeback-Signalen, die zum Jahreswechsel kaum einer erwartet hätte.

Der in der Gunst der Investoren brutal abgestürzte 280-Zeichen-Dienst Twitter vermeldete vor zwei Wochen überraschend in der 12-jährigen Unternehmensgeschichte erstmals in einem Quartal einen Gewinn, der mit einem Plus von 91 Millionen Dollar im Dreimonatszeitraum vom Oktober bis Dezember durchaus beträchtlich ausfiel.

Endlich profitabel, Umsätze steigen wieder

Mehr noch: Nach drei Quartalen im Rückwärtsgang kehrte der Social Media-Pionier zudem überraschend auch wieder zum Umsatzwachstum zurück: Statt wie von Analysten erwartet 686 Millionen konnte Twitter tatsächlich 731 Millionen Dollar erlösen – ein Plus von zwei Prozent gegenüber dem Ergebnis im Vorjahreszeitraum, das noch bei 717 Millionen Dollar gelegen hatte.

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Für Mitbegründer Jack Dorsey war es der große Befreiungsschlag, auf den der 41-Jährige seit der Übernahme der Amtsgeschäfte als CEO von Twitter Mitte 2015 hatte schmerzhaft lange warten müssen. Als Dorsey den Chefsessel – nach dem Vorbild von Apple-Gründer und CEO Steve Jobs – zunächst nur interimsmäßig bestieg, notierte der damals schon angeschlagene Kurznachrichtendienst noch bei rund 35 Dollar. Nach gescheiterten Übernahmebemühungen, Massenkündigungen und einem Exodus an Topmanagern wurde die Twitter-Aktie unterdessen bis auf rund 14 Dollar durchgereicht.

Wie nachhaltig ist Twitters Comeback?

Davon hat sich der 2006 gegründete Social Media-Pionier inzwischen wieder deutlich erholt. Tatsächlich haben sich die Kurse seit dem Allzeittief mehr als verdoppelt. Eine regelrechte Kursexplosion legte Twitter nach der jüngsten Quartalsbilanz hin und notiert seit Jahresbeginn nunmehr bei Kursen von 33 Dollar bereits um 36 Prozent im Plus.

Doch nach der schnellen Kurserholung, die Twitter inzwischen wieder deutlich über den Ausgabekurs von 2013 bei 26 Dollar befördert hat und den Börsenwert wieder auf fast 25 Milliarden Dollar hat anschwellen lassen, bleibt die Frage, wie nachhaltig das Comeback eigentlich ist. Für Vermögensverwalter Doug Kass von Seabreeze Capital etwa ist das Kurspotenzial allerdings bei Kursen jenseits von 30 Dollar ausgeschöpft.

Snap-Comeback: Kursexplosion von 48 Prozent an einem Tag

Noch explosiver fiel das Comeback beim deutlich jüngeren Social Media-Rivalen Snap aus, dessen Gründer Evan Spiegel in einem PR-Stunt einst alle Tweets löschte, um zu demonstrieren, dass er in der Gegenwart lebt – und nicht in der Vergangenheit. Um sagenhafte 48 Prozent – von 14 auf knapp 21 Dollar – schoss die Muttergesellschaft von Snapchat nach Bekanntgabe der jüngsten Quartalsbilanz an tatsächlich nur einem Handelstag in die Höhe.

Der Grund: Nach gleich drei Ergebnisverfehlungen in Folge vermochte der Stories-App-Anbieter die Wall Street doch noch zu überzeugen. „Das ist, was mit einer Aktie passiert, wenn die Stimmung überwältigend negativ ist, die Erwartungen sehr niedrig sind, und das Unternehmen andeutet, dass es einen Wendepunkt erreicht haben könnte“, erklärte Analyst Mark Mahaney von RBC Capital Market die Kursexplosion.

Ein Jahr nach dem Börsengang kann Snap die Wall Street endlich überzeugen

Tatsächlich konnte der streitbare CEO Evan Spiegel das erste Mal seit dem Börsengang vor genau einem Jahr die Wall Street positiv überraschen. Statt wie von Analysten erwartet 253 Millionen konnte Snap zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember tatsächlich 285,7 Millionen Dollar erlösen und damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein ansehnliches Umsatzwachstum von 72 Prozent ausweisen.

Die Verluste weiteten sich zwar wegen Aktienkompensationen im Zuge des Börsengangs aus; vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (Ebitda) lag das Minus je Aktie mit 0,13 Dollar aber über den Wall Street-Erwartungen (0,16 Dollar je Anteilsschein). Das Nutzerwachstum lag mit 9 Millionen neuen Mitgliedern ebenfalls über den Analystenerwartungen.

Kylie Jenner droht Comeback-Story wieder zunichte zu machen

Lohn des Zahlenwerks: Nach dem Kurssprung über die 20-Dollarmarke notierte die Snap-Aktie erstmals seit vergangenem Juli wieder über dem Ausgabekurs. Doch die Erleichterung währte nur kurz: In den vergangenen zwei Wochen äußerten Analysten – allen voran die Citigroup, die Snap als Verkaufsposition mit einem Kursziel von nur 14 Dollar herunterstufte – ihren Zweifel an der Nachhaltigkeit des Comebacks.

Die bislang größten Zweifel säte unterdessen Snapchats lange Zeit größte Befürworterin – Kylie Jenner. Ausgerechnet die 20-jährige Top-Influencerin, die als „KylizzleMyNizzle“ zum ersten großen Snapchat-Star avancierte, scheint keine rechte Lust mehr auf die Stories-App zu haben.

Redesign wird zur Belastung

Der Grund: Das schwer umstrittene Redesign, das eine klarere Trennung zwischen Freunden und Medien und Influencern bemüht. „Hm, habe gerade das neue Snapchat gesehen. Weiß nicht, was ich davon halten soll. Was meint Ihr?“, twitterte das beliebte Model Anfang Februar.

Zwei Wochen später schien die junge Mutter dann eine Entscheidung gefällt zu haben – zuungunsten der sechs Jahre alten Messenger-App. „Öffnet Ihr Snapchat auch nicht mehr. Oder geht es nur mir so? Oh, das ist so traurig“, fällte Jenner ein hartes Urteil, das die jüngere Halbschwester von Kim Kardashian danach mit Nettigkeiten („Ich hab dich aber immer noch lieb, Snap. Meine erste Liebe“) kaum abfedern konnte.

Die Folge: Die Dokusoap-Darstellerin rasierte Snap mit ihrem Tweet mal eben um 1,3 Milliarden Dollar – denn die Snapchat-Aktie stürzte am vergangenen Donnerstag um die Höhe dieses Börsenwertes ab. Bitterer Nebeneffekt für Evan Spiegel: Jenner hatte ihr Urteil ausgerechnet über den 280-Zeichen-Dienst verkündet, den der Snap-Chef längst als überholt geglaubt zu haben schien.

Doch tatsächlich hat die Vergangenheit zurückgeschlagen: Mit einer Marktkapitalisierung von 24 Milliarden Dollar ist Twitter an der Wall Street wieder deutlich mehr wert als Snap, das es aktuell auf 21 Milliarden Dollar bringt.