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Wie der SMS-Chef den Anlagenbauer neu erfinden will

Der Stahlwerkausrüster aus Düsseldorf rechnet über Jahre mit sinkenden Umsätzen. Vorstandschef Burkhard Dahmen sucht darum nach neuen Geschäftsfeldern.

Am neuen Hauptstandort in Mönchengladbach hat Burkhard Dahmen den Grundstein für die Zukunft der SMS Group bereits gelegt. Seit dem Sommer lässt dort der Anlagenbauer, der derzeit noch in Düsseldorf residiert, eine neue Zentrale errichten. Fünf Standorte, die im Moment in der Region räumlich getrennt voneinander arbeiten, sollen so zusammengeführt werden.

Es ist ein Projekt, das auf den ersten Blick so gar nicht zu den Geschäftszahlen passt – hatte die SMS, die vor allem Kunden aus der Stahlindustrie beliefert, im Corona-Jahr 2020 doch einen Rückgang des Auftragseingangs von rund 30 Prozent zu verkraften. Und schon vor der Krise durchlief der Konzern ein Sparprogramm: Rund 570 Stellen waren von dem Abbau betroffen.

Doch Dahmen versichert, die Kosten für den Neubau seien keine zusätzliche Belastung, sondern werden durch den Verkauf der Bestandsimmobilie in Düsseldorf sowie Einsparungen refinanziert. „Letztere erzielen wir dadurch, dass wir keine weiteren Immobilien anmieten und unser Bestandshaus in Düsseldorf nicht renovieren müssen“, sagte der Manager dem Handelsblatt. Zudem sei der Betrieb des neuen Campus langfristig günstiger, weil der Neubau energetisch effizienter sei.

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Die Zeichen stehen auf Umbruch beim Spezialanlagenbauer für die Metallindustrie. Das gilt nicht nur für die Firmenimmobilien, sondern auch fürs Produktportfolio. Denn die Kunden der SMS Group durchleben derzeit den größten technologischen Wandel ihrer Geschichte – da muss ein Ausrüster mitziehen, der seine Produkte letztlich in Zusammenarbeit mit den Kunden entwickelt.

Bis 2050, so sieht es der Klimaplan der Europäischen Union vor, soll die Branche komplett CO2-frei produzieren. Das geht nur mit neuen Anlagen, die beispielsweise mit Wasserstoff statt mit Kohle produzieren. Doch angesichts milliardenschwerer Umsatzverluste in der Branche kann kaum ein Stahlhersteller die hohen Investitionen dafür aus eigener Kraft stemmen.

Dabei hat die Corona-Pandemie die finanzielle Notlage der Branche weiter verschärft. Das hat auch negative Auswirkungen auf das Geschäft der SMS Group: Weil die Investitionszurückhaltung vieler Hersteller wohl andauert, bis die Konjunktur wieder komplett anspringt, rechnet Vorstandschef Dahmen bis mindestens 2023 noch mit sinkenden Umsätzen im Kerngeschäft.

Auf zu neuen Ufern

Schon vor einiger Zeit hat sich der Stahlwerkausrüster daher nach neuen Geschäftsfeldern umgesehen – und hat damit erste Erfolge. So hat der Konzern beispielsweise im Sommer ein neues Hochregallagersystem für Container am Hafenterminal von Dschabal Ali in Dubai fertig montiert. Die Technologie hat die SMS Group firmenintern neu entwickelt. „Wir kennen uns damit aus, schwere Lasten zu heben – das lässt sich auch in anderen Sektoren nutzen“, so Dahmen.

Es ist ein Beispiel dafür, wie die SMS Group versucht, ihre bereits bestehenden Kompetenzen in andere Geschäftsfelder auszudehnen. Ein weiteres ist die Recyclinganlage für Elektroschrott, die das Unternehmen kürzlich für einen Kunden in Russland gebaut und in Betrieb genommen hat. Damit lassen sich Edelmetalle wie Gold und Platin aus Elektroschrott zurückgewinnen.

Auch für die Transformation im Kerngeschäft, den Wandel zur klimaneutralen Stahlproduktion durch Einsatz von Wasserstoff, sieht Dahmen die SMS Group gut gerüstet. „Der Wandel betrifft bei uns vor allem den Geschäftsbereich Metallurgie, der sich mit der Primärstahlerzeugung beschäftigt“, so der Manager. Dabei seien die Kollegen, die dort arbeiten, exzellente Verfahrenstechniker und fachlich daher gut auf die neuen Technologien vorbereitet.

Erst im November verlieh das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium der SMS Group den Landespreis „Wirtschaft im Wandel“, bei dem Unternehmen geehrt werden sollen, die den Strukturwandel des Wirtschaftsstandorts NRW in besonderer Weise symbolisieren. Die SMS Group hat die Entwicklung von Anfang an mitgemacht – und blickt mittlerweile zurück auf eine fast 150-jährige Geschichte.

2021 hätte das Unternehmen, das sich seit vier Generationen im Besitz der Industriellenfamilie Weiss befindet, eigentlich seinen runden Geburtstag gefeiert. Doch wegen der Pandemie und des andauernden Neubaus der Firmenzentrale will Dahmen die Feierlichkeiten auf 2023 verschieben. In der Zwischenzeit hat er auch der Firmenstruktur der SMS Group eine Frischzellenkur verordnet.

Mehr Verantwortung für die Ländergesellschaften

Bei der Vorlage der Jahreszahlen Mitte Dezember gab Dahmen bekannt: Ab 2021 sollen die Entscheidungen im Unternehmen stärker dezentralisiert werden. Statt einer zentralen Koordination in Deutschland, die bei den Geschäftsbereichen angesiedelt ist, soll die Verantwortung für sämtliche Projekte und das Servicegeschäft sowie die Digitalisierung künftig auf Regionen übertragen werden. „Näher ran an den Kunden, mehr Volumen generieren, Schwierigkeiten früher erkennen“, lautet Dahmens Devise.

Der Konzernumbau soll eine Evolution, keine Revolution werden, so der Vorstandschef. „Die Neuordnung unterstützt die Umsetzung unserer langfristigen Wachstumsstrategie.“ So will die SMS Group insbesondere im Service und mit neuen Geschäftsmodellen wie Equipment as a Service wachsen. „Hierbei kommt es immer stärker darauf an, Kompetenzen aus verschiedenen Unternehmensbereichen zu bündeln und beim Kunden vor Ort zu sein.“

An die Stelle der bisherigen Geschäftsbereiche sollen sogenannte „Centers of Excellence“, also Kompetenzzentren treten. Die wiederum steuern ihre Beiträge zu den einzelnen Projekten bei. Derzeit laufen dazu Gespräche mit den Mitarbeitergremien. Ab dem Frühjahr soll die neue Führungsstruktur dann umgesetzt werden.

Im Vorstand der SMS Group sind die Zuständigkeiten für Innovationen bereits klar verteilt: Während sich Technologiechef Hans Ferkel um die Entwicklung und Einführung neuer Produkte kümmert, ist Digitalchefin Katja Windt für die Digitalisierung der Produkte und Prozesse zuständig. Beide waren in den vergangenen zwei Jahren neu in die Geschäftsführung eingetreten und haben den Veränderungsprozess seit 2018 daher mitgestaltet.