Werbung
Deutsche Märkte schließen in 8 Stunden 15 Minuten
  • DAX

    18.145,73
    +8,08 (+0,04%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.021,66
    +13,49 (+0,27%)
     
  • Dow Jones 30

    38.503,69
    +263,71 (+0,69%)
     
  • Gold

    2.337,50
    -4,60 (-0,20%)
     
  • EUR/USD

    1,0692
    -0,0013 (-0,12%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.501,96
    +391,88 (+0,63%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.417,41
    -6,69 (-0,47%)
     
  • Öl (Brent)

    83,47
    +0,11 (+0,13%)
     
  • MDAX

    26.712,04
    +87,02 (+0,33%)
     
  • TecDAX

    3.291,21
    +4,30 (+0,13%)
     
  • SDAX

    14.259,71
    +206,46 (+1,47%)
     
  • Nikkei 225

    38.460,08
    +907,92 (+2,42%)
     
  • FTSE 100

    8.077,65
    +32,84 (+0,41%)
     
  • CAC 40

    8.105,78
    0,00 (0,00%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.696,64
    +245,33 (+1,59%)
     

Die USA fürchten Mexikos Flüchtlinge: Eine Grenze zwischen Angst, Hass und Hoffnung

Am Abend setzt sich Miguel Rodriguez gern in seinen Garten. Endlich klingt die Hitze des Tages ab. Um ihn herum tollen seine sechs Shar-Peis, bullige und kompakte Hunde. Die chinesische Rasse galt in den Siebzigerjahren als fast ausgestorben. Doch heute sind die faltigen Hunde verbreitet, auch weil sie als ausgezeichnete Kampfhunde gelten. „Wenn ein Flüchtling auf mein Grundstück kommt, dann kriegen sie ihn.“

Von seinem Gartenstuhl schaut der 61-jährige Rodriguez auf einen hohen rostbraunen Drahtzaun, gerollter Stacheldraht – die Grenzmauer zu Mexiko. Über die sechs Meter hohe Hürde klettern Flüchtlinge mit aus Stricken und Holztritten selbst gebastelten Leitern. „Aber in letzter Zeit bleiben viele einfach vor dem Grenzzaun stehen und warten auf die US-Patrouille“, erzählt der Amerikaner, „damit sie um Asyl bitten können.“

Rodriguez wohnt in Chihuahuita, einem Stadtteil in El Paso, der direkt an der amerikanisch-mexikanischen Grenze liegt. Der Rentner trägt eine Militärmütze, darauf ist ein im Comicstil gezeichneter Totenschädel zu sehen. Er ist ein hart gesottener, aber freundlicher Typ. Ein ehemaliger Soldat mit einem grauen Schnurrbart und einer offenen Art. Neben seinen wilden Hunden hat er noch einen Chihuahua. „Der ist der Gefährlichste.“

Am Anfang sei er gegen den Bau der Mauer gewesen, wie viele in der Nachbarschaft. Heute ist Rodriguez davon begeistert, es sei viel sicherer geworden. „Ich wähle Trump“, sagt der Rentner mexikanischer Abstammung. „Trump ist kein Rassist“, verteidigt er den US-Präsidenten, die Flüchtlinge wollten nur stehlen und faulenzen. „Das ist eine Invasion.“

WERBUNG

Es sind die Worte Donald Trumps. Vor wenigen Monaten erklärte der Präsident den nationalen Notstand: Die Flüchtlinge würden das Land überrennen. Jetzt legte er nach: Ab dem 10. Juni will Trump alle Waren aus Mexiko mit einem Zoll von fünf Prozent belegen und ihn „graduell anheben, bis die illegalen Migranten, die durch Mexiko in unser Land gelangen, nicht mehr kommen“.

Der Eintrag auf Twitter vor einer Woche versetzte die Börse in einen Schockzustand, der Dow Jones fiel auf ein Viermonatstief. Unternehmen wie General Motors, aber auch deutsche Firmen mit Produktion in den USA wie BMW oder Daimler sind betroffen.

Sie beziehen im großen Umfang Rohstoffe oder Lieferteile aus Mexiko. Insgesamt exportierte das Land 346 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr in die USA. „Unternehmen laufen wie auf Eierschalen“, sagt Diane Swonk, Chefökonomin der Beratungsfirma Grant Thornton.

Der Anlass für Trumps Entscheidung waren neue Flüchtlingszahlen. Im April verdoppelte sich die Zahl der an der Südgrenze aufgegriffenen Flüchtlinge auf 109.000. Im Haushaltsjahr 2019 rechnet die US-Grenzschutzbehörde mit insgesamt 913.000 Flüchtlingen.

Die Zahl liegt noch viel höher, rechnet man die Menschen hinzu, die unentdeckt ins Land kommen. Nach einer Schätzung von Victor Manjarrez, Experte für Grenzsicherung an der University of Texas in El Paso, kommen in diesem Jahr rund 1,4 Millionen Menschen über die mexikanische Grenze in die USA. Das sind mehr, als 2015 in die EU kamen. „Eine Krise“, sagt Manjarrez.

Die meisten Menschen flüchten aus El Salvador, Guatemala und Honduras. Gewalttätige Banden, Landenteignungen, Korruption und Armut treiben sie in den Norden. Doch laut Manjarrez trägt auch der Mauerbau dazu bei. „Trump macht die Grenze zu“, so lautet die Werbung von Schleppern, die viele dazu bringt, sich auf den Weg zu machen – immer öfter in sogenannten Konvois, die stellenweise aus mehreren Tausend Menschen bestehen.

Früher flohen vor allem Männer gen USA, um dort Geld zu verdienen und es zurück in die Heimat zu schicken. Doch seit einiger Zeit machen sich ganze Familien auf, im Vergleich zum Vorjahr sind es derzeit fünfmal so viele. Es hat sich herumgesprochen, dass „family units“ in den US-Asylgesetzen einen besonderen Schutz genießen und auf Jahre legal im Land bleiben dürfen.

Der Ansturm der Asylbewerber ist so groß, dass er eine Grenzstadt wie El Paso fast lahmlegt. Die Wartezeiten bei der Einreise in die USA aus Mexiko werden länger und länger. Grenzpendler kommen zu spät zur Arbeit oder zur Vorlesung, Grenzbeamte können sich nicht um den Warenverkehr kümmern, Unternehmen erhalten ihre Lieferungen nicht mehr, entlassen Arbeiter und Angestellte.

Ist die Mauer eine Lösung?

Deutschland hat Peter Svarzbein gut in Erinnerung. Früher fotografierte er für Kunden wie den „Spiegel“, er bewundert die Düsseldorfer Fotoschule. Heute sitzt der Mann mit Vollbart und Brille als Stadtabgeordneter in El Paso. An der Wand in seinem Büro hängen gerahmte Fotos, auf einem Regal steht eine Stereoanlage mit Verstärker, beim Interview am frühen Morgen wummert Soul-Rock durch das City Council.

Die vergangenen sechs Monate seien „ziemlich schädlich“ für die Stadt gewesen, erzählt Svarzbein. Allein gestern seien wieder 900 Flüchtlinge gekommen. „Die Menschen machen sich Sorgen“, sagt Svarzbein. Allerdings „nicht wegen der sogenannten Invasion“.

Für die meisten Anwohner seien nicht die Flüchtlinge das Problem, die würden nicht lange bleiben. Aber die Grenze sei dicht, und die Bundesregierung unternähme nichts, um sie frei zu halten. Die Wartezeiten seien unerträglich. Jeden Tag gingen in El Paso allein zu Fuß 85.000 Menschen hin und her, jedes Jahr würden Waren im Wert von 89 Milliarden Dollar transportiert. „Die Grenze ist eine Gelegenheit“, sagt der Abgeordnete, „und keine Bedrohung.“

Svarzbein fährt mit dem Auto an die Grenze, schon bald ist der rostbraune Grenzzaun zu sehen. El Paso liegt nicht an, sondern auf der Grenze, sie trennt die 700.000 Menschen auf der amerikanischen Seite und die 1,3 Millionen auf der mexikanischen. „Das ist ungefähr so, als ob man eine Mauer zwischen Manhattan und Brooklyn bauen würde“, klagt der Lokalpolitiker.

Die Mauer stammt nicht von Trump. Sie steht schon viele Jahre, wird jetzt aber ausgebaut. Einer der Planer war Manjarrez, der heute an der El-Paso-Universität arbeitet. 2005 machte er noch Karriere beim US-Grenzschutz, war nach Washington berufen worden. Damals hatte Präsident George W. Bush den „Secure Fence Act“ unterschrieben.

Das Gesetz schrieb den Bau einer Mauer an bestimmten Stellen der Grenze vor, wie es Experten wie Manjarrez vorgeschlagen hatten. Der Zaun sei in urbanen und ländlichen Gebieten wichtig, um den Grenzbeamten mehr Zeit zu geben, Grenzflüchtlinge zu entdecken und aufzugreifen.

Aber Manjarrez sagt auch: Eine Mauer an der ganzen Grenze macht keinen Sinn. Die meisten Gebiete sind Wüsten, Berge, Flüsse. In Zahlen gefasst: Auf nur rund 925 der insgesamt 1 954 Meilen der gesamten amerikanisch-mexikanischen Grenze sei ein Grenzzaun nützlich. Der von Donald Trump mit großer Vehemenz eingeforderte Mauerbau „löst das Problem nicht“.

Ein Toter im Fluss

Am liebsten ist Doug Christian draußen. Die Sorgen mit der Freundin vergessen, die Geldprobleme, den Ärger mit der Mutter. Der Texaner arbeitet seit 24 Jahren auf dem Rio Grande, macht mit Touristen Kanufahrten durch den Big-Bend-Nationalpark. Er redet gern und viel, ist eine Frohnatur mit Vollbart, Kopftuch, T-Shirt und Paddel.

Vor ein paar Monaten führte er ein junges Pärchen durch den Hot Spring Canyon. Wie immer ruderte er mit dem Kanu vorweg, um die beste Route durch den Fluss zu finden. „Da habe ich das Hemd gesehen“, sagt Christian.

Eine Leiche hing an einem Ast im Fluss fest. „Das Pärchen flippte aus.“ Nationalpark-Ranger holten den Mann, einen illegalen Grenzgänger, aus dem Fluss. Ein paar Tage später wurden auch sein Rucksack und die Wanderstiefel gefunden. „Ich schätze, dass er die Schuhe auszog und sie mit dem Rucksack auf dem Kopf durch den Fluss tragen wollte“, sagt Christian, „und dann weggespült wurde.“

Den Fremdenführer überraschte das Erlebnis nicht so sehr. Schon seit einiger Zeit sieht er oft Fußspuren am Fluss oder die Überreste von Lagerfeuern und improvisierten Zeltplätzen. Die Flüchtlinge stören ihn nicht, seine politische Überzeugung hat er auf seine wärmeisolierte Campingtasse geschrieben: „Nein zur Mauer“. „Deutschland hat eine Million Flüchtlinge aufgenommen“, sagt er, „und was machen wir?“

Terry Bishop trägt Cowboyhut, Jeans, Cowboystiefel und spricht Spanisch so fließend wie seinen texanischen Slang. Der Bauer lebt am Rio Grande in Presidio, einer Kleinstadt. Aus dem Fluss holt er sich Wasser für seine Felder. Wie soll er an die Pumpen kommen, wenn dort ein zehn Meter hoher Zaun steht? Bishop fährt mit seinem weißen Toyota Pickup-Truck zum Fluss, zeigt auf das andere Ufer. Dort sind Fußspuren zu sehen.

„Eine Mauer will ich nicht“, sagt Bishop. „Aber ich will auch nicht, dass die Flüchtlinge durch meine Felder rennen.“ Es sei nicht in Ordnung, so Bishop, sie ohne Kontrolle im Land zu haben: „Wir wissen nicht, wer sie sind und was sie wollen.“

El Paso ist eine schöne Stadt, aber erst auf den zweiten Blick. Am westlichsten Rand von Texas liegt sie, mitten in der Wüste, umgeben von braun gebrannten Bergen. Das Leben bestimmt Fort Bliss, eine gigantisch große Militärbasis. Dort testet die Air Force neue Raketen und Flugzeuge, bildete früher auch deutsche Luftwaffensoldaten aus.

Mitten durch die Stadt geht der Rio Grande, der Grenzfluss zu Mexiko. Früher spazierte man zum Mittagessen auf die andere Seite. Noch heute fragt niemand nach einem Pass, wenn man über die Brücke von Paso del Norte nach Ciudad Juarez geht. Dort liegt aber eine andere Welt: Taco-Stände, alte Autobusse, Straßengeschrei. Ein Burrito kostet nur ein Drittel so viel wie noch ein paar Meter zuvor. „Gar nicht so schlecht hier, oder?“, ruft ein Mexikaner dem Gringo-Besucher zu.

Beschwerlich ist der Rückweg. Die Menschen stehen Schlange, die Autos stauen sich auf der Brücke. Überall sind Stacheldraht und US-Grenzschützer mit Spürhunden. Beim Warten sieht man durch die Ritze der hohen Metallzäune den Rio Grande. Der Fluss ähnelt einem Kanal, seine Ufer sind einbetoniert. Auch sieht man ein Flüchtlingslager: Menschen stehen dort hinter einem Zaun, Betonboden, kaum Sonnenschutz.

Aus seinem Fenster im historischen Hochhaus in der Innenstadt von El Paso kann Jon Barela auf die Grenzbrücke schauen. Er ist der Chef von Borderplex Alliance; sein Verein vertritt die Interessen von rund 250 Unternehmen in der Region. Die fertigen fast alle in Mexiko oder beziehen von dort Teile. „Die langen Wartezeiten an der Grenze richten großen Schaden an“, sagt Barela.

Vor wenigen Tagen reiste der Amerikaner nach Washington. Vor einem Ausschuss des US-Kongress berichtete er über die Situation an der Grenze. Die lässt sich in seinen Augen leicht zusammenfassen: katastrophal.

Er erzählt von einem Altmetall-Recyclingunternehmen, dessen Produktivität um 30 Prozent eingebrochen sei. Arbeitsplätze sind bedroht. Die Grenzsituation treffe aber nicht nur kleine Betriebe, warnt Barela. Sie werde einen „Welleneffekt“ auf die amerikanische Wirtschaft haben, vor allem die Autobranche, die viel in Mexiko fertigt.

Barela ist ein Typ, der selbst in Jeans und Holzfällerhemd korrekt gekleidet aussieht. Das mag an seinem dunklen, streng gescheitelten Haar liegen, seinem perfekt rasierten Gesicht oder seinen guten Manieren. Er bezeichnet sich selbst als konservativen Republikaner. Umso interessanter ist es, wenn man ihn nach der Mauer fragt.

„Es macht keinen Sinn, sie zu bauen“, es sei die „am wenigsten effektive Lösung“. Stattdessen müsste das Geld in Grenzschutz und Technologien wie Kameras oder in mehr Personal investiert werden. „Das Weiße Haus hat recht: Es ist eine Krise“, sagt Barela. „Aber es ergreift die falschen Maßnahmen.“

Der Frust bei den Grenzbeamten

Silbern, golden, mit Adler, Sheriffstern oder Amerikakarte – der Tisch von Victor Manjarrez, dem Professor aus El Paso, ist voll mit Auszeichnungen und Anhängern. Fast ein Vierteljahrhundert arbeitete er beim US-Grenzschutz.

Als Grenzbeamter in San Diego fing er an. Damals in den Achtzigerjahren fragten ihn die Amerikaner beim Übergang nach Tijuana noch ganz erstaunt, wer er denn sei. „Sie kannten einfach die Uniform nicht und wussten nicht, was ein Grenzbeamter ist“, erinnert er sich. „Heute ist das so anders.“

Nach seiner Zeit als Berater in Washington stieg er weiter auf: 2007 wurde er „Chief Patrol Agent“ in El Paso und war damit für die Grenzregion von fast 500 Kilometern zuständig: Er hatte ein Budget von 500 Millionen Dollar und beaufsichtigte 4500 Grenzbeamte. „Es ist ein aufregender Job, der einen aber auslaugt“, sagt Manjarrez. „Es hört nie auf.“ Heute beschäftigt er sich wissenschaftlich mit der Grenze, als stellvertretender Direktor des Zentrums für Recht und Menschliches Verhalten.

Sein Kontakt zu ehemaligen Kollegen ist eng. Was gibt es Neues, wer wird versetzt, wie ist die Stimmung? „Die Moral ist nicht sehr hoch“, berichtet Manjarrez. Die Grenzschützer seien frustriert, hätten das Gefühl, keine Gesetzeshüter mehr, sondern „Asylbeamte“ zu sein.

„Alle füllen Papierbögen aus, niemand geht mehr auf Patrouille.“ Früher, so erinnert er sich, habe man sich gefreut, wenn man einen „bad guy“ erwischt hätte, einen Drogenschmuggler beispielsweise. Doch heute würden sie nur Menschen aufsammeln, die „von einem besseren Leben träumen“.

Die Brüder Carlos und Francisco Orellano-Lazo sind ein Beispiel. Sie kommen aus El Salvador, arbeiteten dort als Bäcker. Sie erzählten vor wenigen Wochen vor einem US-Gericht, wie viele ihrer Freunde Probleme mit den Drogenkartellen hatten, zwei Freunde von Carlos wurden umgebracht. Als eine Gang vor Ort ihre Schwester Esmeralda ins Visier nahm, die gerade 18 Jahre geworden war, flüchteten die drei – nach Texas.

Teresa Todd fand die Geschwister im vergangenen Februar halb verdurstet am Highway 17, mitten in der Wüste, fast drei Autostunden von El Paso entfernt. Die Bezirksstaatsanwältin hielt an, weil die jungen Leute sie „an meine eigenen Kinder“ erinnerten. „Ich war völlig im Mama-Modus.“

Damit brachte sich Todd selbst in Schwierigkeiten. Sie schrieb Freunde per SMS an, telefonierte, um Hilfe zu organisieren, und bemerkte nicht, wie ein Sheriff mit seinem Wagen hielt – und Todd verhaftete. 45 Minuten verbrachte sie hinter Gittern, wegen „des Transports von illegalen Immigranten“.

Später wurde die Anklage fallen gelassen. Die drei Geschwister aus El Salvador wurden in ein „Detention Center“ gebracht und werden von dort sehr wahrscheinlich abgeschoben – wenn sie nicht den Trick mit dem Asylantrag kennen.

Immer mehr Flüchtlinge stellen sich freiwillig an der Grenze und bitten um Asyl. Die Beamten können sie nicht zurückweisen, wenn sie einen „claim of fear“ machen, also beteuern, sie hätten „Angst zurückzugehen“.

Zwar dürfen nach Gerichtsentscheiden nur 15 Prozent der Fälle bleiben. Aber aufgrund des Ansturms sind die zuständigen Gerichte überlastet. Im Schnitt dauert es zweieinhalb Jahre bis zur Verhandlung. Lehnt der Richter das Asylgesuch ab, kann der Flüchtling in Berufung gehen – die im Schnitt noch mal so lange dauert.

Der Ansturm zieht einen noch größeren Ansturm nach sich. Denn je länger die Verhandlungen dauern, desto länger können die Flüchtlinge legal im Land bleiben und arbeiten. Werden sie nach fünf Jahren endgültig abgelehnt, dann „können sie immer noch untertauchen“, wie Manjarrez sagt.

Eine erfolgreiche Flucht in die USA wird für die Flüchtlinge damit wertvoller – was wiederum die Preise der Schlepper erhöht. Flüchtlingsexperte Manjarrez beobachtet, dass Schlepper in Mittelamerika statt 1 500 Dollar pro Flüchtling wie vor einigen Jahren nun 8000 Dollar bekommen. „Die Schlepper kennen die US-Gesetze besser als wir.“

Mehr: Der US-Präsident setzt die Aktienmärkte unter Druck, Fed-Chef Powell beflügelt sie wieder. Damit spannt Trump letztlich die Notenbank für seine Zwecke ein.