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Siegen lernen – von der Tea-Party

Der Widerstand hat begonnen – energisch, lustig, laut und was das Wichtigste ist: friedlich. , doppelt so viele wie erwartet, Zigtausende in Städten wie New York, Chicago und Los Angeles. Hier rebellieren nicht nur linke Grüppchen, die üblichen Verdächtigen aus dem autonomen Spektrum. Nein, hier macht die Mitte der Gesellschaft mobil: alt, jung, weiß, schwarz und alles, was dazwischen fällt.

Mit seiner düsterpopulistischen Antrittsrede, seinem nationalistischen Manifest, hat in ein Wespennest gestochen. Einen Präsidenten, der Amerika kaputt redet, will die Mehrheit des Landes nicht haben. Trump ist ein unpopulärer Populist. Für die Regierungen Europas, denen angst und bange wird, wenn sie die fremdenfeindlichen Tiraden des neuen Machthabers in Washington hören, sind die Proteste eine gute Nachricht. Der amerikanische Präsident hat zwar eine Mehrheit im Parlament, aber er führt eine Regierung ohne breites Mandat.

Und doch ist die Gefahr groß, dass der Widerstand versandet. Dass die Empörung abflaut, dass ein paralysierender Richtungsstreit ausbricht, und dass die anfängliche Motivation in Verdrossenheit und Resignation umschlägt. Massenbewegungen kommen und gehen, ihre Ziele erreichen sie oft nicht. Das Scheitern der Occupy-Bewegung muss den Trump-Gegnern eine Lehre sein. Trump hat die Früchte des Zorns auf das Establishment geerntet, nicht die Demonstranten, die aus Wut über die Gier der Banken und das „oberste ein Prozent“ durch Manhattan und Oakland gezogen sind. Occupy hatte Energie, aber kein Konzept.

Wie man Erfolg hat, zeigt dagegen die erzkonservative Tea-Party, die mit ihren hysterischen Parolen gegen Barack Obama Trumps Weg zur Macht geebnet hat. An ihr, ausgerechnet, muss sich die Trump-Opposition ein Beispiel nehmen. Den Linken erschien die Tea-Party blindwütig, doch das war eine Täuschung. Die rechten Rebellen zeichneten sich durch große strategische Raffinesse aus.

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Erstens setzten sie nicht auf Großdemos in der Hauptstadt, sondern auf gezielte Protestaktionen in den Wahlkreisen der Abgeordneten, die Obama für seine progressive Agenda brauchte. Bei Bürgerfragestunden machten sie ihrem Ärger Luft – und setzten die Demokraten so viel stärker unter Druck. Kundgebungen lassen sich ignorieren, aufgebrachte Wähler nicht. „Think local“ schlägt „Think big“.

Zweitens zog die Tea-Party ihre Kraft aus ihrer Verweigerungshaltung. Nur, weil sie darauf verzichtete, eine eigene Agenda zu formulieren, und sich stattdessen damit begnügte, nein zu brüllen, gelang es ihr mit einer heterogenen Gruppe von Sozialstaatsgegnern, Rentnern und Evangelikalen eine einheitliche Front gegen Obama zu formen.

Die Tea-Party hat ihr Land nicht vorangebracht, doch gemessen an ihren Zielen, war sie ein Erfolg. Nach nur zwei Jahren im Amt verlor Obama seine Mehrheit im Parlament und musste sich fortan mit dem Klein-Klein administrativer Anordnungen begnügen.

Vor dem großen „Women’s March on Washington“ haben die Organisatoren der Anti-Trump-Proteste gezeigt, wie man es nicht macht. Sie luden Abtreibungsgegner aus, die sich dem Widerstand gegen Trump anschließen wollten. Das Recht, selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu können, ist eine wichtige Errungenschaft der Frauenbewegung, keine Frage. Doch muss es jetzt darum gehen, ein möglichst breites Bündnis zu schmieden. Nur, wenn die Trump-Gegner ihre ideologischen Differenzen überbrücken, können sie dem neuen Präsidenten die Grenzen seiner Macht aufzeigen.

KONTEXT

Großdemonstrationen in Washington

28. August 1963

Beim "Marsch auf Washington" begeistert der Bürgerrechtler Martin Luther King am 28. August 1963 rund 250.000 Gegner der Rassentrennung mit seinen legendär gewordenen Worten "I have a dream" (Ich habe einen Traum). Die bis dahin größte Kundgebung in Washington fordert unter anderem ein umfassendes Bürgerrechtsgesetz. Auch am 16. Oktober 1995 gehen Schwarze für ihre Rechte auf die Straße: Trotz des umstrittenen muslimischen Organisators Louis Farrakhan, Chef der radikal-islamischen "Nation of Islam", finden sich nach Angaben der Veranstalter mindestens 1,5 Millionen Männer zum "Million Man March" ein. Die Polizei schätzt die Zahl auf 400.000.

15. November 1969

Zur wohl größten Anti-Kriegs-Kundgebung in der US-Geschichte versammeln sich am 15. November 1969 rund 600.000 Menschen in der Hauptstadt, um gegen den Vietnamkrieg zu demonstrieren. Der US-Einsatz gegen den Irak unter Präsident George W. Bush bringt mehrmals Hunderttausende auf die Straße - allein am 18. Januar 2003 nach damaligen Angaben der Organisatoren bis zu 500.000.

30. Oktober 2010

Nach einem Kongress-Wahlkampf voller Absurditäten drücken die TV-Satiriker Jon Stewart und Stephen Colbert ihren Unmut über Populismus, Angstmacherei und die Verdrehung der Wahrheit in Politik und Medien aus. Geschätzt 200.000 Menschen erscheinen am 30. Oktober 2010 zu ihrer Großkundgebung "zur Wiederherstellung der Vernunft".

25. April 2004

Für die Rechte der Frauen demonstrieren am 25. April 2004 laut Organisatoren rund eine Million Teilnehmer. Anlass sind unter anderem Bestrebungen der Regierung von George W. Bush, das Abtreibungsrecht einzuschränken. Auf der anderen Seite treffen sich Abtreibungsgegner seit 1974 jährlich im Januar zum "March for Life" - in den vergangenen Jahren wurden dabei Hunderttausende mobilisiert.

1993 und 2000

Für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen gehen am 25. April 1993 zwischen 300.000 (Polizei) und einer Million (Veranstalter) Menschen auf die Straße. Sie setzen darauf, dass Präsident Bill Clinton die sexuelle Orientierung als Grundrecht gegen Diskriminierung schützt. Am 30. April 2000 fordern nach Veranstalterangaben mehr als 300.000 Menschen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit Paaren verschiedenen Geschlechts.

21. Januar 2017

Hunderttausende Menschen werden in Washington erwartet, die gegen den neuen US-Präsidenten Donald Trump demonstrieren. Die US-Hauptstadt war schon mehrmals Schauplatz von Großkundgebungen: