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Showdown für Bausparkassen-Kunden

Bausparkassen haben Kunden rausgeworfen, die lieber weitersparen statt ihre Darlehen zu nutzen Dagegen haben hunderte Kunden geklagt – und meistens verloren. Ihre letzte Hoffnung ist nun der Bundesgerichtshof.

Am Dienstag kommt für eine Viertelmillion Bausparkassen-Kunden die Stunde der Wahrheit. Dann entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) darüber, ob Bauparkassen Kunden rauswerfen dürfen, die die Annahme eines vor zehn Jahren angebotenen Darlehens immer noch verweigern und stattdessen lieber weitersparen. „Wenn das Urteil zu Gunsten der Bausparkunden ausgeht, hat das eine große Breitenwirkung“, sagt Wolf Freiherr von Buttlar, dessen Kanzlei viele Betroffene vertritt.

Vor drei Jahren begannen die Kassen damit, seit zehn Jahren und länger zuteilungsreife Bausparverträge zu kündigen. Als die Verträge abgeschlossen wurden, war eine Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) noch nicht absehbar. Manche Verträge sind älter als die EZB. Für die auf diese Verträge eingezahlten Guthaben müssen die Kassen hohe Zinsen zahlen – überwiegend mehr als sie selbst einnehmen, wenn sie heute Darlehen vergeben. Das torpediert ihr Geschäftsmodell.

Zuteilungsreif heißt, dass der Kunde Anspruch auf ein Bauspardarlehen hat. Dazu muss er die Mindestsparsumme und eine Bewertungsziffer erreicht haben. Die Mindestsparsumme wird bei Vertragsbeginn festgelegt und beträgt typischerweise 40 oder 50 Prozent. Die für die Zuteilung nötige Mindestbewertungsziffer variiert ein wenig, weil sie von den Sparleistungen aller Kunden abhängt.

Für den Einzelnen gilt: Je schneller er spart, desto eher erreicht er die Mindestbewertungsziffer. Bei den klassischen Verträgen mit 40 Prozent Mindestsparsumme wurden die monatlichen Sparraten in etwa so gewählt, dass die Verträge nach ungefähr sieben Jahren zuteilungsreif waren.

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Wie viele Kunden die Kassen mit ihrer Kündigungswelle bereits rausgedrängt haben und wie hoch die daraufhin ausgezahlten Sparsummen sind, sagen die Bausparkassen nicht. Doch wenn die in der Branche kursierende Zahl von 260.000 Verträgen stimmt, dürfte es sich um einen dreistelligen Millionenbetrag handeln. Denn bereits das sehr niedrig gegriffene durchschnittliche Guthaben der gekündigten Verträge von 5000 Euro ergäbe branchenweit 1,3 Milliarden Euro Spargelder. Wie viel auch immer: Anhand der alten Tarife lässt sich ablesen, dass Zinsen zwischen zwei und fünf Prozent auf die Guthaben der Altverträge zu zahlen sind.


Gericht kann Chance auf hohe Zinsen erhalten

Stellt sich der BGH auf die Seite der Bausparer, können die Kassen in Zukunft Verträge, die zehn Jahre zuteilungsreif sind, nicht mehr kündigen. Nicht nur das: Diejenigen, denen bereits aus diesem Grund gekündigt wurde, können die Fortsetzung ihrer Verträge verlangen. Dies gelte, wenn der Kündigung widersprochen wurde, erläutert von Buttlar.

Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Stuttgart ist vorsichtig. Er befürchtet, dass auch das von Gerichten geklärt werden muss. Eine Klage gegen die auszahlende Kasse sei jedenfalls nicht Voraussetzung, um sein Geld zurückzufordern, glaubt von Buttlar. In der Praxis zahlten die Kassen vielfach die Guthaben aus zuteilungsreifen Verträgen trotz Widerspruchs per Scheck oder Überweisung zurück.

Ein zuteilungsreifer Vertrag war früher der Startschuss für den Bau eines Eigenheims. Früher waren auch die Zinsen auf Bauspardarlehen geringer als die auf Baugeld von der Bank. Das ist heute umgekehrt. Dafür sind die Zinsen auf Bausparguthaben heute wesentlich höher als auf andere Spareinlagen. Dies ist eine Folge der von der EZB eingeleiteten Niedrigzinsphase, auf die die Bausparkassen keinen Einfluss haben.

Allerdings haben sie mit ihren in den 1990er-Jahren eingeführten so genannten Renditeverträgen die hohen Differenzen zu den aktuellen Sparzinsen selbst verursacht. Mit diesen Verträgen belohnten sie den Darlehensverzicht. Zwei bis drei Prozent Guthabenzins und bei Darlehensverzicht zusätzlich ein Bonuszins in ähnlicher Höhe rückwirkend plus Erlass der Abschlussgebühr waren typische Konditionen dieser Renditeverträge. In der aktuellen Niedrigzinsphase ergibt das für Sparer traumhaft hohe Guthabenzinsen – nahezu risikolos dank Einlagensicherung. Umgekehrt sind Bauspardarlehen viel teuer als Baugeld von der Bank und deshalb kaum gefragt.

Bei ihren Kündigungen berufen sich die Kassen auf Paragraf 489 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darin ist geregelt, dass ein Kreditvertrag nach zehn Jahren gekündigt werden darf. Die Bausparkassen legen den Paragraphen so aus, dass die Bausparguthaben Darlehen sind, die sie von ihren Kunden erhalten. Wenn der Kunde ein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt, dann zahlt die Kasse nicht nur das Darlehen, sondern auch das Guthaben aus. Verweigert der Kunde das Bauspardarlehen, so wollen doch die Bausparkassen wenigstens den Kredit, den sie aus ihrer Sicht bei Kunden aufgenommen haben, zurückzahlen.

Eine Sicht, der Verbraucherschützer widersprechen. Für sie kann ein Guthaben nicht zum Darlehen werden. Einig ist man sich – wenn von Seiten der Verbraucherzentralen auch zähneknirschend – dass die Kassen Verträge kündigen können, sofern das Guthaben des Kunden die volle Bausparsumme erreicht hat. Denn: Wenn die Differenz zwischen Guthaben und Bausparsumme null ist, kann kein Darlehen ausgezahlt werden. Auch ohne Zahlungen wächst das Guthaben durch die jährlichen Zinsgutschriften. Manche Bausparer unterbrechen ihre Zahlungen, damit das Guthaben möglichst spät die Bausparsumme erreicht. Die Taktik geht nicht immer auf. Einige Kassen drohen mit Kündigung, wenn die vertraglich vereinbarten Regelsparraten nicht gezahlt werden.


Verträge aus dem vorigen Jahrhundert

In den konkreten beiden Fällen entscheidet der BGH über Streitigkeiten der Bausparkasse Wüstenrot (Az.: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16) mit ihren Kunden. Die Sparer hatten vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart Recht bekommen. Im Fall XI ZR 272/16 hatte sich eine Witwe gegen die Auszahlung von zwei 1999 abgeschlossenen Verträgen mit einer Gesamtbausparsumme von rund 102.000 Euro gewehrt. Die Verträge waren im Juli 2001 zuteilungsreif geworden und wurden mit 2,5 Prozent verzinst. Ende 2014 hatte sich in Summe ein Guthaben von fast 56.000 Euro angesammelt. Einen Monat später kündigte Wüstenrot unter Berufung auf Paragraph 489 BGB mit der gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfrist von sechs Monaten.

Im Fall mit Aktenzeichen XI ZR 185/16 geht es um einen bereits 1978 abgeschlossenen Vertrag über rund 20.500 Euro, für den drei Prozent Zinsen vereinbart sind. Der Vertrag war bereits 1993 zuteilungsreif geworden und wurde von Wüstenrot gleichfalls im Januar 2015 gekündigt, obwohl die Bausparsumme noch nicht erreicht war.

Wenn es allein nach dem Verhältnis der gewonnen und verlorenen vorinstanzlichen Urteilen ginge, hätten die Bausparer keine Chance. Auf ihre Seite stellten sich außer dem OLG Stuttgart bisher nur die Oberlandesgerichte in Karlsruhe und Bamberg mit je einem Urteil. Sieben andere Oberlandesgerichte mit 75 Urteilen zugunsten der Kassen stützten die Ansicht der Unternehmen. Dazu kommt eine Vielzahl von Urteilen von Gerichten niedriger Instanzen gegen die Verbraucher. Mit einer Prognose, wie das Urteil ausgeht, hält sich der Verband der Privaten Bausparkassen zurück.

„Wir sind nach wie vor überzeugt von der Rechtmäßigkeit dieser Kündigungen“, sagt Andreas J. Zehnder, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Privaten Bausparkassen. Er hofft, dass der BGH die Rechtsauffassung der weit überwiegenden Zahl der Vorinstanzen bestätigt. und gibt zu: „Würde es anders kommen, würde sich der Ertragsdruck verschärfen. Der Sparkurs müsste fortgesetzt werden.“ Die Nullzinspolitik der EZB hat laut Verband zwischen 2011 und 2015 den Zinsüberschuss – die wichtigste Ertragskomponente der Branche – für alle um 16 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro verringert. Laut Bundesbank Monatsbericht vom September 2016 befanden sich die operativen Erträge 2015 mit 2,2 Milliarden Euro „auf neuem historischen Tiefstand“.

Andererseits müssen die Bausparer wohl auch nicht fürchten, dass ihre Kassen unter der Last des Urteils zusammenbrechen. Denn der Verband ist stolz darauf, dass die Bausparkassen die Stresstests bestanden haben. Dabei wurde auch überprüft, ob sie 20 Jahre Niedrigzinsen durchhalten würden. Rüdiger Kamp, Chef der zum Sparkassenlager zählenden LBS Nord, demonstrierte vor wenigen Tagen Selbstbewusstsein: „Das Geschäftsmodell Bausparen hat sich trotz Nullzinspolitik robust gezeigt.“

KONTEXT

Welche Zusatzkosten Sie beim Hauskauf beachten müssen

Transaktionskosten

Wer beim Hauskauf nur mit dem Preis der Immobilie kalkuliert, kann am Ende eine böse Überraschung erleben. Denn oft kommen mit dem Erwerb weitere Kosten hinzu - die sogenannten Transaktionskosten. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat in der Studie "Wohn- und Immobilienmärkte in Deutschland 2016" einen Leitfaden dazu mitgegeben, der auflistet, welche Zahlungen Immobilienkäufer neben dem Kaufpreis berücksichtigen sollten.

Grunderwerbsteuer

So muss jeder, der eine Immobilie kauft, neben dem Kaufpreis auch die Grunderwerbsteuer abführen. Seit 2006 legen die Bundesländer die Höhe selbst fest. In 14 Bundesländern liegt er zwischen 4,5 und 6,5 Prozent, in Bayern und Sachsen dagegen bei 3,5 Prozent. 2015 haben die Länder so 11,2 Milliarden Euro eingenommen, der Anteil an allen Ländersteuern beträgt damit mehr als 50 Prozent. Ausnahmen von der Grunderwerbsteuer können bei Schenkungen und Erbschaften vorliegen.

Notarielle Leistungen

Neben der Steuer muss bei einem Hauskauf zudem auch der Notar bezahlt werden. Diese Kosten für beispielsweise Erstellung des Kaufvertrags, Übertragung des Eigentums und die Zahlungsabwicklung sind gesetzlich festgelegt und bewegen sich bei einer Standardkonstellation im Bereich von etwa 0,8 und 1,2 Prozent des Objektpreises. Dabei gilt: Je teurer das Objekt, desto geringer die Rate.

Grundbuch

Das Neueintragen oder das Umschreiben des Grundbuches ist ein weiterer Kostenfaktor, mit dem Hauskäufer rechnen müssen. Auch diese Kosten sind gesetzlich festgelegt. Sie liegen - je nach Objektpreis - zwischen 0,4 und 0,6 Prozent des Kaufpreises.

Leistungen von Maklern

Nicht obligatorisch, aber dennoch sehr häufig muss auch ein Makler bezahlt werden. Zum Teil übernehmen diese auch Objektbewertungen und Preisverhandlungen. Schätzungen gehen davon aus, dass Makler bei knapp der Hälfte aller Verkäufe von selbstgenutzten Immobilien beteiligt sind. Die Provision richtet sich nach ortsüblichen Sätzen, ist aber auch verhandelbar. Die Maklervereinigung Immobilienverband Deutschland beziffert den gängigen Höchstsatz auf sechs Prozent des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Bestellerprinzip, nach dem derjenige den Makler bezahlt, der ihn bestellt hat, gilt übrigens nur für Vermietungen.