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Shell-Manager zu Erneuerbaren Energien: „Jetzt ist der Markt für uns groß genug“

Der Chef von Shell New Energies sieht in der Kombination von Öl, Gas und Erneuerbaren keinen Widerspruch. An einen Abschied vom Öl denkt er aber nicht.

Der Ölkonzern Royal Dutch Shell will bis 2035 zum größten Stromkonzern der Welt werden. Dafür will das britisch-niederländische Unternehmen langfristig weniger Geld in seine Öl- und Gassparte investieren.

„Die ideale Kombination für uns ist, in erneuerbare Energien und gleichzeitig weiter in Öl und Gas zu investieren und mit der Zeit stecken wir dann weniger Kapital in unser traditionelles Geschäft“, sagte Shell New-Energies-Chef Mark Gainsborough im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Zurzeit plant der Ölkonzern, bis zu zwei Milliarden Dollar pro Jahr in erneuerbare Energien zu investieren. Es könne aber auch bald mehr werden. „Falls wir mit unserer Strategie Erfolg haben, wollen wir diesen Betrag vielleicht schon in zwei Jahren erhöhen.“, kündigt Gainsborough an.

In den nächsten Jahren werde Shell als Stromhändler in Märkte auf der ganzen Welt eintreten. Vor allem in den USA, Kanada, Australien und Nordwest-Europa. Auch weitere Zukäufe in Deutschland seien möglich, wenn sich eine gute Gelegenheit ergebe.

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Selbst die Übernahme eines großen Energiekonzerns schloss der New-Energies-Chef nicht aus. „Es ist noch ein bisschen früh- um über Zusammenschlüsse dieser Größenordnung zu reden. Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf unser Gebot, dass wir für den niederländischen Energiekonzern Eneco abgegeben haben. Wenn das erfolgreich ist, schauen wir uns weitere Optionen an.“

Lesen Sie hier das komplette Interview mit Mark Gainsborough

Herr Gainsborough, Shell will der größte Stromversorger der Welt werden – und das bis 2035. Wie ernst müssen Energiekonzerne diese Ansage wirklich nehmen?
Ja, wir wollen ein substantielles Stromgeschäft aufbauen. Aber das heißt nicht, dass wir zum traditionellen Energieversorger werden. Die meisten Stromkonzerne konzentrieren sich auf ihren Heimatmarkt, in dem sie dann eine dominante Stellung haben. Wir wollen uns weltweit in unterschiedlichen Märkten eine wettbewerbsfähige Position über die gesamte Wertschöpfungskette verschaffen – von der Erzeugung bis hin zum Endkunden.

Halten Sie die Ziele nicht für ein bisschen hochgesteckt? Noch sucht man die New-Energies-Sparte in der Bilanz ja vergeblich.
Das stimmt, aber die New-Energies-Sparte gibt es ja auch noch nicht so lange. Natürlich haben wir auch in der Vergangenheit schon in Biomasse, Wind, Solar und Wasserstoff investiert und uns in kleinerem Umfang im Stromkundengeschäft betätigt. Was sich geändert hat, ist, dass diese Bereiche fundamental an Bedeutung gewinnen, weil sich die Energiewende in den kommenden Jahrzehnten beschleunigen wird. Sich stärker in diesen Geschäftsfeldern zu positionieren macht daher für uns wirtschaftlichen Sinn.

Zwei Milliarden Dollar jährlich klingt angesichts von rund 25 Milliarden Gesamtinvestitionen allerdings nicht nach einer gleichberechtigten vierten Säule.
Wir haben jetzt erst einmal gesagt, dass wir zwischen 2017 und 2020 im Durchschnitt bis zu zwei Milliarden Dollar pro Jahr investieren wollen. Aber natürlich, falls wir mit dieser Strategie Erfolg haben, wollen wir diesen Betrag vielleicht schon in zwei Jahren erhöhen. Wenn wir mit unserem Geld gute Gewinne erzielen, stehen die Chancen auch nicht schlecht, dass unsere Investoren einer Erhöhung zustimmen.

Hört sich aber erstmal nach einem Probelauf an.
Zwei Milliarden Dollar sind auf jeden Fall mehr als nur ein Probelauf. Aber man muss sich und seinen Investoren auch beweisen, dass man sein Geld klug investiert. Nicht jeder, der sich auf den Strommarkt gewagt hat, war damit erfolgreich.

Das New-Energies-Business auf der einen, 15 Milliarden Dollar in Öl und Gasprojekte allein in Nigeria in den nächsten fünf Jahren und Millionen Tonnen von Schieferöl auf der anderen Seite. Wie passt das zusammen?
Wir sind ein Energieunternehmen und müssen unser Geld dort investieren, wo wir auch Gewinn machen. Die ideale Kombination für uns ist, in erneuerbare Energien und gleichzeitig weiter in Öl und Gas zu investieren und mit der Zeit stecken wir dann weniger Kapital in unser traditionelles Geschäft.

In den 90er-Jahren gab es schon einmal ein groß angekündigtes Investitionsprogramm für erneuerbare Energien, dass dann sang- und klanglos wieder eingestampft wurde. Warum sollte es diesmal anders sein?
Wir hatten in den 90ern einfach nicht das Potenzial, daraus ein wirkliches großes Geschäft für Shell zu machen. Jetzt ist der Markt groß genug für uns, um reinzugehen. Wenn die Energiewende weltweit erfolgreich sein soll, müssen die Investitionen in Erneuerbare in den nächsten Jahren verhundertfacht werden. Das eröffnet uns viele Möglichkeiten. Also jetzt an diesem Punkt in den Markt einzutreten, ist aus unserer Sicht die richtige Entscheidung.

Wird Shell irgendwann komplett aus dem aussteigen?
Ich denke nicht, dass es eine Zeit geben wird, in der wir nicht im Ölgeschäft sind. Es wird immer Bereiche geben, für die man Öl und Gas braucht. Selbst in unserem Langzeit-Szenario gibt es in Sektoren wie etwa der Chemie Industrie Bedarf für Öl als Grundstoff. Wir glauben, auch 2070 wird die Menschheit Öl und Gas brauchen. Nicht so viel wie heute, aber es wird immer noch da sein.

Weltweit nehmen Klagen gegen Ölkonzerne zu, weil Shell nicht genug tut, um seinen Teil dazu beizutragen, den Klimawandel zu verlangsamen. Glauben Sie diese Antwort wird Ihre Kritiker vom Gegenteil überzeugen?
Es ist richtig, dass sich die Menschen über den Klimawandel sorgen machen. Wir stehen komplett hinter den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Der Klimawandel ist wahrscheinlich die größte Herausforderung, vor der die Gesellschaft bislang stand. Aber es ist einfach falsch, die wirtschaftlichen Argumente zu ignorieren. Wenn die Preise nicht stimmen, werden die Verbraucher nicht dafür bezahlen.

Aber hätte nicht Shell mit seiner Schlagkraft nicht schon viel früher dabei helfen können eine Lösung zu finden?
Wir arbeiten schon sehr lange daran. Wir versuchen etwa seit Jahrzehnten die Kosten für die Wasserstoffinfrastruktur zu senken. Aber dafür müssen eben auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen da sein.

Ein großer Teil der Öffentlichkeit sieht das sicher anders. Glauben Sie wirklich, dass Shell den Wandel vom schmutzigen Ölkonzern zum Musterkind der neuen Energiewelt schafft?
Wir müssen auf jeden Fall besser darin werden, die Öffentlichkeit oder besser gesagt die verschiedenen Interessengruppen darüber aufzuklären, was Shell ausmacht und welche Rolle wir in der Energiewende spielen wollen. Denn wie wir von einigen Interessensgruppen gesehen werden, steht in massivem Gegensatz dazu, wie unsere Kunden uns sehen. Die Marke Shell ist ein großer Vorteil für uns. Wir wissen, dass unsere Marke als sehr vertrauensvoll gilt und das müssen wir besser zeigen.

Also braucht es in Ihren Augen kein eigenständiges Unternehmen – losgelöst von alten Strukturen, Vorurteilen und vor allem dem Namen Shell?
Wir haben keinerlei Ambitionen, wie andere es getan haben, unseren Konzern aufzuspalten in einen guten und einen schlechten Teil. Im Gegenteil, wir wollen die Größe und Stärke von Shell nutzen und unsere verschiedenen Geschäftsbereiche miteinander verbinden.

Neben der Glaubwürdigkeit kommt das zweite große Thema auf Sie zu: Kompetenz. Warum sollte ich meinen Strom von Shell managen lassen, wenn es andere modernere und viel erfahrenere Unternehmen in diesem Bereich gibt?
Die Energiewelt verändert sich gerade. Kunden sind nicht nur mehr Verbraucher, sondern auch Erzeuger. Da sehen wir Chancen für uns. Natürlich müssen auch wir gewisse Dinge jetzt erst lernen, aber wir haben ja schon gezeigt, dass wir diese Expertise über die Zusammenarbeit mit Partnern oder Zukäufe wie Sonnen ins Unternehmen bringen können.

Sonnen haben Sie zumindest schon überzeugt. Vor allem, weil Shell wirklich eine klare Strategie verfolge. Was ist für die nächsten Jahre geplant?
Wir wollen ganz klar im Stromsegment wachsen, aber das ist noch nicht alles. Wir wollen in Zukunft auch mehr in Biokraftstoffe investieren, Wasserstoff als eine Alternative zu batteriebetriebenen Autos voranbringen, in Offshore und Solarprojekte investieren und uns zusätzliche Märkte als Stromhändler erschließen. Man wird uns aber auch häufiger als Stromversorger für Privathaushalte sehen. Wir werden auf der ganzen Welt in das Geschäft mit dem Energiehandel eintreten.

Sind auch weitere Zukäufe in Deutschland geplant?
Wir schauen uns die Möglichkeiten an, wenn sich etwas ergibt. Deutschland ist ein sehr wichtiger Markt für das europäische Stromgeschäft. Wenn wir eine gute Gelegenheit sehen, schauen wir sie uns sehr genau an.

Wäre auch die Übernahme eines größeren Unternehmens wie RWE oder Eon denkbar?
Es ist noch ein bisschen früh um über Zusammenschlüsse dieser Größenordnung zu reden. Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf unser Gebot, dass wir für den niederländischen Energiekonzern Eneco abgegeben haben. Wenn das erfolgreich ist, schauen wir uns weitere Optionen an.

Herr Gainsborough, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Shell will zum größten Stromkonzern der Welt werden - mit erneuerbaren Energien. Das ist aber nicht das erste Mal, dass der Konzern die grüne Wende eingeläutet hat. (Hier Aufmacher verlinken)