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Shay Segev: Der Glücksspiel-Saubermann aus Gibraltar

Die neuen Sportwetten-Lizenzen in Deutschland sind für das Unternehmen GVC wie ein Sechser im Lotto. CEO Segev will nur noch legale Geschäfte machen.

In drei Monaten an der Spitze von GVC hat Shay Segev geschafft, was seine Vorgänger mehr als ein Jahrzehnt lang vergeblich versucht haben: Der Chef des britischen Glücksspiel-Konzerns ergatterte vier Lizenzen für Sportwetten in Deutschland.

Im Juli wurde der Israeli CEO der börsennotierten Firma. Anfang Oktober bekam Segev das Plazet der Behörden hierzulande. Sein eigenes Verdienst war das zwar nicht. Vielmehr war es die deutsche Politik, die nach vielen Jahren des Gerangels die Weichen zur Neuordnung des Glücksspiels stellte.

Aber der Informatiker ist fest entschlossen, die Chance jetzt voll zu nutzen. Erstmals genießt die börsennotierte Firma in der Bundesrepublik Rechtssicherheit. Zu GVC gehören weltweit 24.000 Mitarbeiter und bekannte Marken wie Bwin und Ladbrokes.

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Gerade hat Segev die neue Strategie von GVC vorgestellt. Er kündigte an, dass der Konzern nur noch in regulierten Märkten tätig sein werde. „Langfristig zahlt sich das aus“, sagte Segev im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Denn regulierte Märkte sind berechenbar.“ Davon würden sowohl die Aktionäre profitieren als auch Beschäftigte und Konsumenten.

Das Versprechen kam ihm angesichts der neuen Lizenzen in Deutschland wohl leicht über die Lippen. Ohne die behördliche Genehmigung hätte er womöglich noch gezögert mit dem Vorstoß: Denn nach den Briten sind die deutschen Spieler seine zweitwichtigsten Kunden. 15 Prozent vom Umsatz erwirtschaftet Segev zwischen Nordsee und Alpen.

In Deutschland war der Konzern bislang in einem Graubereich tätig. Sportwetten jenseits des staatlichen Angebots und Online-Glücksspiel waren verboten, wurden aber toleriert. Im Sommer haben sich die Länder geeinigt, den Markt zu öffnen.

Es geht um viel Geld: Dem Sportwettenverband zufolge haben die Spieler hierzulande vergangenes Jahr mehr als neun Milliarden Euro an Einsätzen getätigt – rund ein Fünftel mehr als noch 2018.

Mit der Liberalisierung gehen Beschränkungen einher, die Segev 40 Millionen Pfund Betriebsgewinn pro Jahr kosten werden. So liegt etwa der Höchsteinsatz eines Spielers pro Monat bei 1000 Euro. Segev warnt denn auch vor weiteren, zu starken Eingriffen: „Wenn die Regulierung zu strikt ist, drängt sie die Spieler in den grauen Markt.“

Der Informatiker aus Tel Aviv weiß, wovon er spricht. Seine ganze Karriere hat der verheiratete Vater von vier Kindern bei Glücksspielfirmen verbracht. 2016 stieß er zu GVC. Für den Chefposten qualifizierte sich der eloquente Manager, indem er als Chief Operating Officer zwei große Zukäufe integrierte. 2018 akquirierte GVC den britischen Konkurrenten Ladbrokes. Zwei Jahre zuvor hatte die auf der Isle of Man ansässige Gesellschaft den Rivalen Bwin geschluckt.

Segev lebt dort, wo das Herz der Wettindustrie schlägt: in Gibraltar. In dem britischen Überseegebiet waren früher die Buchmacher zu Hause. Heute sind es eher die Softwarespezialisten, die das Geschäft unterhalb des berühmten Affenfelsens vorantreiben.

Der Mann mit dem schwarz-grauen Bart spielt gerne Tennis, erfreut sich an Fußball und an Yoga. Der Sport ist umso wichtiger für ihn in diesen Tagen, als Segev und seine Familie auf dem kleinen Flecken am Mittelmeer praktisch gefangen sind. Wegen der Corona-Pandemie ist es umständlich, über die Grenze nach Spanien zu fahren.

Andererseits verbringt Segev noch mehr Zeit als sonst im Büro. Denn das Coronavirus ist für ihn Fluch und Segen zugleich. Weil Pubs, Restaurants und Kinos zu sind, haben die Leute Zeit, zu Hause am Computer oder am Smartphone zu zocken. Andererseits leidet das Unternehmen darunter, dass die Wettshops in England wegen Corona dicht sind.

Im dritten Quartal ist der Umsatz um zwölf Prozent gestiegen, das Onlinegeschäft lief wie geschmiert. Daher bleibt unterm Strich mehr hängen: Der operative Gewinn (Ebitda) dieses Jahr soll auf 770 bis 790 Millionen Pfund (850 bis 870 Millionen Euro) steigen, im Sommer hatte Segev noch 720 bis 740 Millionen Pfund in Aussicht gestellt. An der Börse in London kommt das gut an. Seit dem Tiefpunkt im März hat sich der Aktienkurs mehr als verdreifacht.

Allerdings müssen sich die Investoren an einen neuen Namen gewöhnen. Aus GVC wird „Entain“, die Kurzform von Entertainment. Das hat Segev dieser Tage verkündet. „Wir stehen für Unterhaltung“, begründet er dies.

So sieht sich die gesamte Branche: „Die Sportwette ist in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen und zur beliebten Freizeitbeschäftigung avanciert“, so Mathias Dahms, Präsident des Sportwettenverbands. In diesen Tagen gilt das wahrscheinlich sogar noch mehr als sonst.