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Selbst neueste Dieselmotoren verfehlen in einer Studie die EU-Grenzwerte

Eine Abgasstudie zeigt für die Autobauer verheerende Ergebnisse: Selbst neueste Diesel verfehlen im Realbetrieb die EU-Grenzwerte.

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Die Schadstoffemissionen von Dieselmotoren sind durch den Abgasskandal zum Gesellschaftsthema geworden. Die Autohersteller sollen mittels Software die Abgaswerte für Messungen auf Testständen manipuliert haben – die realen Emissionen lagen und liegen bei Dieselmotoren teils deutlich über den Richtwerten.

Als Übeltäter gelten vor allem Stickoxide (NOX), die gesundheitsschädlich sind, in bestimmten Verbindungen Giftstoffe bilden, Smog begünstigen und unter bestimmten Bedingungen zur Feinstaubbelastung in der Luft beitragen können. Neben Fahrverboten in Großstädten sollen vor allem eine neue, strengere EU-Abgasnorm und Testverfahren für bessere Luft sorgen. Das sogenannte WLTP-Verfahren, was auch unter Alltagsbedingungen testet, greift bereits ab September und setzt die Hersteller stark unter Druck.

Eine aktuelle Studie dürfte diesen nun weiter erhöhen: Die gemeinschaftliche „True“-Initiative der gemeinnützigen Stiftung FIA Foundation und den Organisationen International Council on Clean Transportation (ICCT), Global NCAP, Transport and Environment und C40 Cities legt nahe, dass selbst modernste Dieselfahrzeuge sämtlicher Hersteller im Straßenverkehr deutlich die Richtwerte für Stickoxide überschreiten – aktuelle wie künftige.

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Diese Art von Alarm ist nicht neu. Unter anderem hatte das Umweltbundesamt festgestellt, dass je nach Messstandard die Grenzwerte im Realbetrieb um das fünf- bis 15-fache überschritten werden. Das gilt auch für Diesel nach neuester Euro-6-Norm.

Die Datenbank der „True“-Initiative weist aber mit einen massiven Fundus auf. An mehr als 200 verschiedenen Fahrzeugtypen und tausenden Autos, heißt es, wurden sensorische Messungen an der Abgasanlage vorgenommen. Mehr als 700.000 Datensätze konnten, und dort liegt der Kernteil der Studie, aus Messungen im Straßenverkehr gewonnen werden.

Das Resümee fällt verheerend für die Hersteller aus. 80 Mikrogramm NOX dürfen nach Euro-6-Norm Diesel-Pkw pro Kilometer aktuell auf dem Messstand ausstoßen. Das neue Messverfahren WLTP, was sich dem realen Fahralltag mehr annähern soll, gibt den 2,1-fachen Grenzwert vor, also 168 Mikrogramm pro Kilometer. Im Langzeitbetrieb schafft Richtwert laut „True“ gesichert kein einziges Fahrzeug.

SUV erzielen erstaunlich gute Werte

Die besten Werte erzielen ausgerechnet einzelne Motorvarianten der als Klimakiller gescholtenen SUV, wenn auch nur bei den Herstellern BMW und Jaguar-Land-Rover. Bestwert heißt in diesem Fall: Die Grenzwerte werden nur in einem Bereich zwischen 90 und 180 Mikrogramm pro Kilometer überschritten. Alle anderen landen ab 180 Mikrogramm aufwärts – bis hin zu Extremwerten.

„Wir können wirklich den Schluss ziehen, dass nahezu alle Euro-6-Diesel auf dem Markt nicht sauber sind“, sagte Peter Mock, Europa-Direktor der Mitinitiatoren ICCT, gegenüber der „Financial Times“. Die Realwerte beziehen ausdrücklich auch Verbesserungen der Hersteller durch Software-Updates mit ein. Die Argumentation, dass ältere Diesel dadurch signifikant schadstoffärmer würden, sieht Mock entkräftet.

Die Realwerte im Straßenverkehr werden künftig Grundlage der EU-Prüfer sein und auch bei Fahrverboten in Großstädten eine entscheidende Rolle spielen. Bislang ist der rechtliche Rahmen dafür noch nicht gänzlich festgezurrt.

Klar ist bisher, dass unterhalb der Euro-6-Norm die Innenstädte dicht bleiben, wenn die Umweltbelastung zu sehr steigt. Die Studie legt nahe, dass sich auch Besitzer von Euro-6-Dieseln nicht grundsätzlich sicher sein können, vom Fahrverbot ausgenommen zu werden.

Die Datenbank differenziert jedoch nicht zwischen den Sub-Standards der Norm, sondern zieht über ihre Messwerte Rückschlüsse auf die Typenklassen und Fahrzeugfamilien. Die Euro-6-Norm dort umfasst alle Motoren von 2014 bis heute. Ob die modernsten Generationen nach Schadstoffnorm 6c und 6d-Temp von Fahrverboten wegen zu hoher Stickoxidwerte betroffen wären, vermag die Studie nicht zu sagen. Auch, wenn die Daten aus realem Verkehr an Hauptstraßen diesen Schluss nahelegen. Ebenso weisen die Autoren ausdrücklich darauf hin, dass die Werte nicht aus fahrzeugspezifischen Messprozessen stammen.

Diesen Teil übernimmt die EU. Seit September 2017 müssen alle neuen Typzulassungen, ab September dieses Jahres dann alle Neuwagen nach dem WLTP-Zyklus geprüft werden. Dem WLTP-Testaufbau liegen reale Nutzungsdaten ganz normaler Autofahrer zugrunde. Das bislang verwendete Verfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) wurde dem Fahrverhalten auf der Straße nicht gerecht.

Wenigstens einer der Initiatoren hinter der „True“-Initiative, ist unverdächtig, Umweltlobbyismus zu betreiben: Die FIA Foundation wurde vom Automobilweltverband aufgelegt. Mitglieder sind unter anderem der ADAC und der AvD, im Stiftungsbeirat sitzen die auch die hochrangigen Formel-1-Funktionäre Jean Todt und Graham Stoker. Das ICCT erlangte durch die Aufdeckung des Dieselskandals bei Volkswagen internationale Bekanntheit.

Die Grenzwerte des WLTP-Zyklus wurden im Vergleich zu einer früheren Fassung des Textes präzisiert. An der Aussage der Studie ändert diese Präzisierung nichts. Die Formulierung „Feinstaubelastung“ wurde zur Klarstellung in „Umweltbelastung“ geändert. Stickoxide sind direkt und indirekt an der Bildung von Smog beteiligt, was mitunter dem Feinstaub (u.a. Kleinstabrieb, Ruß) hinzugerechnet wird.