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Seehofer erntet harsche Kritik an Zeitplan für neue Abschiebe-Regeln

Das Tempo, mit dem Seehofer seine Abschiebepläne durchs Kabinett peitschen will, sorgt für Unmut in den Bundesländern. Deshalb bekommt der Innenminister böse Briefe.

Man kann den Unmut verstehen, der sich derzeit in den Bundesländern Bahn bricht. Erst am Donnerstag hatte das Bundesinnenministerium von Ressortchef Horst Seehofer (CSU) den Entwurf für strengere Regeln zur Durchsetzung von Abschiebungen zur Stellungnahme an Länder und Verbände verschickt. Bis zu diesem Montag, 12 Uhr, sollten etwaige Einwände zurückgemeldet werden, damit, so der Wunsch des Ministers, sein „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ schon am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden kann.

Der eng gestrickte Zeitplan bei einem Gesetz, über das in den vergangenen Wochen teils heftige Debatten geführt wurden – auch innerhalb der Großen Koalition – sorgt für ziemliche Verstimmung in den Länderjustizministerien. Der grüne Hamburger Justizsenator Till Steffen nennt die Beteiligung der Landesjustizverwaltungen in einem dem Handelsblatt vorliegenden Schreiben an Seehofer „ein großes Ärgernis in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern“ und „in doppelter Hinsicht eine Farce“.

Steffen koordiniert die so genannte A-Seite aller Justizminister, die in einer von der SPD geführten Landesregierung tätig sind.

Zum einen, so Steffen, reiche die Zeit kaum, um den Entwurf innerhalb eines Ressorts „in ausreichender Tiefe“ fachlich zu prüfen. Zum anderen könnten die Anregungen der Länder ebenfalls aus zeitlichen Gründen und aufgrund der Komplexität des Vorhabens vor der Kabinettsbefassung nicht ausreichend berücksichtigt werden.

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„Bei einem politisch so umstrittenen und für die Betroffenen so einschneidenden Regelungsgebilde stößt das von Ihnen gewählte Verfahren bei mir auf Unverständnis“, schreibt Steffen. Zumal, wie er hinzufügt, eine besondere Eilbedürftigkeit des Gesetzgebungsvorhabens nicht erkennbar sei.

Umstritten war bis zuletzt eine von Seehofer geforderte Ausnahmeregelung, die vorübergehend eine Abschiebehaft in regulären Gefängnissen erlaubt. Das soll nun bis zum 1. Juli 2022 möglich sein – weil es aktuell bundesweit nur rund 490 Abschiebehaftplätze gibt.

Allerdings sollen die Ausreisepflichtigen nicht gemeinsam mit normalen Häftlingen untergebracht werden. Ab August 2022 soll es Abschiebehaft im Gefängnis dann nur noch für Ausländer geben, die ausgewiesen werden, weil sie eine Straftat begangen haben.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sieht in dem Erreichten einen akzeptablen Kompromiss, wenn, wie sie zuletzt betonte, eine klare räumliche Trennung von Strafgefangenen und Abzuschiebenden „unter allen Umständen gewährleistet“ sei. „Die Bundesländer müssen jetzt endlich für ausreichend eigene Plätze für Abschiebehäftlinge außerhalb von Justizvollzugsanstalten sorgen“, so Barley.

Durchgesetzt hat die Ministerin auch, dass Flüchtlingshelfern oder auch Rechtsanwälte und Journalisten keine Haftstrafen mehr drohen, wenn sie Asylbewerber vor einer Abschiebung warnen oder diese verhindern.

Aus Sicht Steffens gehen die Änderungen, die bis dato am Gesetzentwurf vorgenommen wurden, nicht weit genug. „Das Gesamtvorhaben bleibt aus justizieller Sicht in deutlichem Maße problematisch, erscheint weiterhin undifferenziert und ist in weiten Teilen verfassungsrechtlich und rechtspolitisch bedenklich“, schreibt der Justizsenator in seinem Brief. Den gemeinsamen Vollzug von Abschiebungshaft und Strafhaft hält er etwa für „im höchsten Maße problematisch und systemwidrig“.

Ziel des Gesetzentwurfs nicht zu erreichen

Der Grünen-Politiker befürchtet, dass die Gefängnisse dann nicht mehr ihre „originären Aufgaben“ erfüllen könnten. „Die Umsetzung des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsangebotes und der Sicherungsauftrag gegenüber der Allgemeinheit wären ernsthaft gefährdet.“ Der deutsche Justizvollzug sei zudem jetzt schon „erheblich ausgelastet“, weshalb das in Seehofers Gesetzentwurf verfolgte Ziel, zeitnah weitere Abschiebungshaft-Kapazitäten zu schaffen, nicht erreicht werden könne.

Das sieht selbst der christdemokratische Justizminister aus Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, so. Im Strafvollzug in NRW fehle es „nicht nur derzeit, sondern auch auf absehbare Zeit für Jahre an jeglichen Kapazitäten“. Bei einer Belegungsquote von in der Regel über 97 Prozent seien die Gefängnisse völlig belegt, schreibt der CDU-Politiker in einem Brief an Seehofer, aus dem das ZDF zitiert.

Wie der Hamburger Justizsenator sieht auch Biesenbach „erhebliche rechtliche und tatsächliche Bedenken“. Es drohten „massive Sicherheitsprobleme“, sollte man den Gesetzentwurf umsetzen.