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Die sechs billigsten Dax-Aktien unter der Lupe

VW, Lufthansa, Heidelberg Cement, Bayer, BMW und Daimler: Warum Anleger diese sechs deutschen Aktien nicht mögen – und wo noch Potenzial steckt.

Mit über 25 Prozent Kurszuwachs zeichnet sich für den Dax 2019 eines seiner besten Börsenjahre ab. Dem Rücksetzer am Mittwoch war am Dienstag ein neues Jahreshoch mit über 13.350 Punkten vorausgegangen. Bis zum Allzeithoch fehlen nur noch gut zwei Prozent. Weil die Kurse in diesem Jahr rasant zulegten, die Gewinne der meisten Unternehmen aber sanken, sind die meisten Aktien teurer geworden.

Wer heute noch auf den Gesamt-Dax setzt, bezahlt die 30 Unternehmen im Schnitt mit dem knapp 16-Fachen ihres für das Gesamtjahr 2019 prognostizierten Nettogewinns. Das ist viel – sogar so viel, wie seit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor einem Jahrzehnt nicht mehr.

Der langjährige Durchschnitt des auf diese Weise berechneten Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) liegt nur bei zwölf. Daran gemessen ist der Dax also derzeit um gut 30 Prozent überbewertet – was im Übrigen auch für die meisten anderen großen Börsenindizes gilt, allen voran für den Dow Jones, den S & P 500 und die Nasdaq in den USA.

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Nur noch wenige Aktien entziehen sich diesem Trend. Der Autobauer Daimler und der Pharmakonzern Bayer haben ein KGV von elf, Heidelberg Cement von zehn und BMW von neun. Am billigsten sind die Lufthansa und Volkswagen, die beide nur knapp den siebenfachen Gewinn kosten. Doch sind diese Aktien deshalb auch preiswert und damit kaufenswert?

Anleger sollten sich keine Hoffnungen machen, dass niedrig bewertete Aktien vielleicht übersehen wurden und deshalb ein Schnäppchen sind. Der Dax und seine Einzelaktien sind dafür viel zu groß und liquide. Vielmehr hat die niedrige Bewertung immer Gründe: Anleger hegen Zweifel an der künftigen Entwicklung der Erträge oder sogar am gesamten Geschäftsmodell.

Sonst wären die Aktien nicht so günstig. Auf der anderen Seite stehen diesen Zweifeln oft auch ebenso große Chancen gegenüber: höhere Kurse, sobald sich Sorgen über die Gewinne verflüchtigen.

Zu den billigsten Aktien im Dax zählt die Lufthansa. Sie kostet nur sechseinhalbmal so viel, wie Europas größte Fluggesellschaft in diesem Jahr verdienen dürfte. Das Problem ist aber: Die Lufthansa leidet unter hohen Kerosinpreisen, weil die immer wieder aufflammenden geopolitischen Konflikte am Golf den Ölpreis hochtreiben. Noch schwerer wiegt der scharfe Wettbewerb durch Billigflieger.

Konzernchef Carsten Spohr übt sich in Durchhalteparolen: „Wir erleben gerade die finale Phase vor der Konsolidierung“, erklärte er bei Vorlage der letzten Jahresbilanz. Leider, aus Sicht des Unternehmens und seiner Aktionäre, dauert diese „finale Phase“, in der sich nach Ansicht von Spohr jeder Anbieter noch Marktanteile sichern will, nun schon mehr als ein Jahrzehnt.

Die Hoffnung auf nachhaltig steigende Ticketpreise, wie sie auch Umweltschützer hegen, erfüllt sich bislang nicht. Das sorgt an der Börse immer wieder für Enttäuschung. Die Aktie hat deshalb wenig Potenzial.

Anleger warten vergeblich auf Ideen, wie sich mit Flügen dauerhaft mehr Geld verdienen lässt. Aktionären, die schon lange die Aktie halten, widerfährt seit Jahrzehnten ein ständiges Auf und Ab der Kurse.

Grund dafür sind stark schwankende Gewinne. Im laufenden Jahr dürfte die Lufthansa nur noch gut eine Milliarde Euro netto verdienen – 40 Prozent weniger als 2018. Zwei Jahre davor hatte die Fluggesellschaft Rekordgewinne eingefahren.

Die meisten Analysten rechnen nicht damit, dass sich die Kostensituation für die Lufthansa in absehbarer Zeit spürbar bessert. Allerdings sehen die Experten den europäischen Marktführer gegenüber seinen Wettbewerbern in einer relativ komfortablen Situation, denn er ist selbst in Krisenjahren von roten Zahlen weit entfernt.

Dirk Schlamp von der DZ Bank rät mit einem Kursziel von 17,50 Euro zum Halten der Aktie, HSBC hat sie zum „Kauf“ hochgestuft und veranschlagt 20 Euro. Positiv hebt die britische Investmentbank den verbesserten Gewinn bei der Tochter Eurowings hervor. Das Potenzial für die Aktie liege darin, dass die konjunkturelle Talsohle bald erreicht sei, so dass nicht nur die Zahl der Passagiere steigt, sondern sich künftig höhere Ticketpreise durchsetzen lassen.

Vor dem wohl größten Umbau in ihrer Geschichte stehen die Autobauer. Viel zu lange haben BMW, Daimler und Volkswagen auf Benzin und Diesel gesetzt und nicht erkannt, wie sehr sich die mobile Welt weiterentwickelt, in der Verbraucher und die Regierungen vieler Staaten umweltschonendere Antriebssysteme favorisieren. Viele Anleger bezweifeln, dass die drei Autobauer künftig noch Weltspitze sind.

Das spiegeln die historisch niedrigen Aktienbewertungen – gemessen an den immer noch üppigen Konzerngewinnen – dramatisch wider. Im dritten Quartal überraschten die Autobauer mit positiven Bilanzzahlen. BMW meldete dank steigender Absätze einen Vorsteuergewinn von 2,3 Milliarden Euro.

Das war fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Zuvor hatte Daimler mit einem Absatzrekord von über 600.000 Mercedes-Autos in den drei Monaten zwischen Juli und September einen Quartalsgewinn von 2,7 Milliarden Euro eingefahren.

Am stärksten präsentierte sich Volkswagen mit einem um 68 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro gestiegenen Vorsteuergewinn. Kein anderer deutscher Konzern verdient so viel und steigerte seinen Gewinn so stark. Der weltgrößte Autobauer profitiert von der rasant steigenden SUV-Nachfrage und dem immer größeren Wunsch nach großvolumigen Fahrzeugen.

Was die Aktien aller Autobauer belastet, ist die aufwendige und teure Entwicklung schadstoffarmer und neuer Antriebssysteme. Das wird die künftigen Gewinne und Margen drücken – und spiegelt sich schon heute in den niedrigen Bewertungen wider.

„Die Autoindustrie zeigt, dass die deutschen Unternehmen keineswegs an den Innovationsausgaben sparen“, urteilt Alexander Kron, Geschäftsführer beim Wirtschaftsprüfer EY, „die Frage ist nur, ob das reicht, um der wachsenden Marktmacht der US-amerikanischen Digitalriesen Paroli bieten zu können.“

Am ehesten trauen Analysten VW den Spagat zwischen notwendigen Milliardeninvestitionen und steigenden Gewinnen zu. 51 Kaufempfehlungen stehen nur drei Verkaufsurteile gegenüber. Das ist selbst in der notorisch optimistischen Analystenzunft ein starkes Gesamturteil.

Die Schweizer Großbank Credit Suisse hat ihr Kursziel nach den jüngsten Quartalszahlen von 203 auf 205 Euro leicht angehoben, Amerikas Investmentbank Goldman Sachs kommt „nur“ auf 193 Euro, empfiehlt die Aktie aber ebenfalls zum Kauf.

Hingegen rät Goldman Sachs bei Daimler mit einem Kursziel von 42 Euro zum Verkauf. HSBC-Analyst Henning Cosman argwöhnt, dass die Daimler-Aktie bereits die bestmögliche Entwicklung eingepreist hat und mögliche Einsparungen von bis zu acht Milliarden Euro bis zum Jahr 2021, wie an den Finanzmärkten spekuliert wird, unrealistisch hoch sind.

Während BMW und Daimler im laufenden gesamten Jahr angesichts der weltweiten Absatzkrise und immenser Investitionen vor Gewinneinbrüchen um mehr als 20 Prozent stehen, dürfte VW mit gut 13 Milliarden Euro Reingewinn nicht nur mehr als 2018, sondern auch so viel wie kein anderes deutsches Unternehmen verdienen. VW profitiert insbesondere von seinem markenübergreifenden Baukastensystem und der Bündelung in der Montage, wodurch die Produktionskosten sinken.


Heidelberg Cement hätte längst höhere Kurse und Bewertungen verdient

Was Euphorie und Pessimismus angeht, dürfte Heidelberg Cement wohl der unspektakulärste Titel unter den Billigaktien sein. Jahr für Jahr steigert der Baustoffriese langsam, aber stetig seine Gewinne. Das hätte eigentlich höhere Kurse und Bewertungen verdient, zumal der Konzern immer die Kosten im Blick hält. „Zehn Prozent gehen immer“, lautet das Credo von Vorstandschef Bernd Scheifele.

Gemeint ist, dass große Unternehmen dazu neigen, im Laufe der Zeit kostenträchtige Aktivitäten zu entfalten. Diese gilt es regelmäßig zu hinterfragen und zu überprüfen. Mit Erfolg, wie die steigenden Gewinne, Renditen und eine starke Bilanz zeigen. Vorbei die Zeiten, in denen Heidelberg Cement, wie vor einem Jahrzehnt, Privatanlegern mehr als acht Prozent Jahreszins für seine Anleihen bieten musste, um Geld geliehen zu bekommen.

Dennoch, was fehlt ist die Fantasie, um die Bewertungen und Kurse nach oben zu treiben. Deshalb ist die Aktie nicht nur aktuell, sondern eigentlich immer etwas niedriger bewertet als der Gesamt-Dax.

Das sieht bei Bayer ganz anders aus. Einst war die Pharmaaktie Deutschlands teuerste Aktie. Sie genoss Bewertungsaufschläge, weil die Erforschung neuer Medikamente Kursfantasie bot.

Dieser Vorsprung schwand jäh mit Übernahme des umstrittenen Saatgutherstellers Monsanto. Seit dem Kauf des Glyphosat-Produzenten lasten Gerichtsprozesse mit drohenden Urteilen in unbekannter Milliardenhöhe auf dem Kurs.

Da hilft es auch nicht, dass Bayer mit seinem angestammten Pharmageschäft und dem Pflanzenschutz gute Erträge erwirtschaftet. Im laufenden Jahr dürfte der Konzern mit über drei Milliarden Euro fast doppelt so viel Nettogewinn bilanzieren wie noch 2018. Im nächsten Jahr rechnen Analysten mit einem weiteren Plus von gut 50 Prozent.

Auffällig ist, dass der Aktienkurs seit dem Rekordtief von 52 Euro im Juni um 35 Prozent gestiegen ist. Immer mehr Anleger spekulieren darauf, dass sich der Konzern mit den Anwälten der inzwischen 42.700 Glyphosat-Geschädigten vergleicht. Eine größere Klagewelle hat es selbst in den USA noch nie gegeben.

Zehn oder sogar 15 Milliarden Euro als Vergleichssumme gelten als verkraftbar: für den Leverkusener Konzern und damit auch für den Aktienkurs.

Fast alle Bankhäuser empfehlen die Aktie zum Kauf, darunter zuletzt Morgan Stanley, Goldman Sachs und UBS. Doch am Ende muss der Anleger für sich die Frage beantworten: Wie teuer wird es für Bayer, alle Unkrautvernichtungsmittel-Prozesse hinter sich zu lassen? Wie lange dauert es noch?

Erst nach einem Vergleich werden sich die Konzernbilanz und die guten Perspektiven im Kurs widerspiegeln – vorausgesetzt, dass der finanzielle Schaden für den Gesamtkonzern beherrschbar bleibt. Sicher ist ein gutes Ende keineswegs. Insofern erscheinen die Risiken und Chancen gleich hoch – so wie es bei niedrig bewerteten Aktien an der Börse üblich ist.