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Blackstone und Hellman & Friedman legen neue Milliardenofferte für MDax-Konzern Scout24 vor

Das Kleinanzeigen-Portal empfiehlt Aktionären nun doch, das Angebot der Alteigentümer anzunehmen. Es ist einer der größten Investoren-Deals - und ein ungewöhnlicher.

Vielleicht, so möchte man mutmaßen, ist es Gram, die verhindert, dass das Münchener Unternehmen Scout24 öfter groß in den Medien vorkommt – trotz recht beeindruckender Gewinnmargen. Schließlich erinnert die hohe Rendite des MDax-Konzerns die Zeitungsverlage an eigene, goldene Zeiten.

Die Kleinanzeigen für Wohnungen, Autos und Finanzprodukte, die in Vor-Internet-Zeiten die Zeitungen dick und die Verleger reich machten, sind unter anderem zum erfolgreichen Online-Portal gewandert, einem der Pioniere im Netz. In Deutschland hat allein Axel Springer es geschafft, eigene Online-Anzeigenmärkte zu entwickeln.

Vielleicht liegt es aber auch an einem anderen Aspekt: Bei Scout24, zu dem neben Immobilienscout24 auch die Internetportale Autoscout24 und Finanzcheck.de gehören, geht es trotz sprudelnder Gewinne und steigenden Aktienkursen verworren zu. Von außen blickt kaum noch jemand durch. Am Freitagmorgen akzeptierte Scout24 ein Übernahmeangebot für 46 Euro je Aktie in bar von der in München registrierten Holding Pulver BidCo GmbH. Der Preis entspricht laut der Mitteilung von Scout24 einem Aufschlag von 24,4 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate.

Hinter der Pulver BidCon GmbH stecken die Finanzinvestoren Hellman & Friedman sowie die Blackstone Group. Noch im Januar hatte das Management eine nur 2,50 Euro niedrigere Offerte der Gruppe abgelehnt. Die Unternehmensbewertung läge demnach nach üblichen Finanzinvestor-Maßstäben bei 5,7 Milliarden Euro – damit wäre es die bisher größte Übernahme eines deutschen Unternehmens durch Finanzinvestoren. Rechnerisch zahlen die Käufer rund 4,9 Milliarden Euro für die Scout24-Aktie, zudem übernehmen sie etwa 800 Millionen an Schulden. Real bieten sie allerdings in diesem Sonderfall nur für mindestens die Hälfte der Aktien, geben also etwa 2,5 Milliarden Euro aus.

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Mit den neuen Eigentümern soll es wirtschaftlich weiter aufwärts gehen. „Ich freue mich über unsere gemeinsame langfristige Vision und unser Ziel, Scout24 zu einem führenden europäischen Digitalunternehmen zu machen“, erklärte Vorstandschef Tobias Hartmann. Die Kampfansage dürfte sich an die Kleinanzeigen-Dickschiffe Springer und Ebay.

„Scout24 verfügt über eine ausgezeichnete Marktposition“, erläuterte Blackstone-Manager Robert Reid die Motivation für den Einstieg, verbunden mit einer Arbeitsaufforderung: „Das Unternehmen muss jedoch jetzt die Weichen stellen, um die komplexen Herausforderungen zu meistern, insbesondere des intensiven Wettbewerbs und anstehender regulatorischer Veränderungen.“

Im Kern scheint damit die strategische Partnerschaft zu stehen, nicht die Finanzstärke. Die Ablehnung des ersten Angebots hatte Spekulationen über einen Bieterwettbewerb geschürt. Laut „FAZ“ hatte Scout24 selbst sogar die Investmentbank Morgan Stanley beauftragt, Käufer zu suchen.

Was zunächst als Abwehr einer Übernahme gedacht gewesen sei, hätte demnach nach Vorstellung der Scout24-Manager zu einem Bieterwettbewerb führen sollen – so ähnlich wie im vergangenen Jahr bei Stada. Der Pharmakonzern hält bisher die Rekordmarke von 5,3 Milliarden Euro. Doch zu einem ähnlichen Wettbieten kommt es nun, alles Voraussicht nach, nicht. „Es liegt kein weiteres vorteilhaftes Übernahmeangebot vor“, kommentierte das Unternehmen auf Anfrage des Handelsblatts.

Für Fragezeichen sorgt, dass Scout24 schon einmal eben jenen Finanzinvestoren gehörte, die nun um die Mehrheit der Unternehmensanteile buhlen. Hellman & Friedman, deren Angebot das Börsen-Aus für das Münchener Unternehmen bedeuten dürfte, haben den Konzern erst vor drei Jahren für 30 Euro je Aktie sogar selbst aufs Parkett geführt. Die letzten Aktien verkauften sie erst im Sommer 2018.

„Kurios“ und „wenig überlegt“, findet das die „Börsenzeitung“ und fragt: „Ist der Anlagenotstand in der Private-Equity-Branche so groß, dass ein beendetes Engagement wiederbelebt werden muss? Oder hat das Management der Investoren vor dreieinhalb Jahren die Geschäftsaussichten und die Profitabilität von Scout24 ganz falsch eingeschätzt?“

Eine Antwort gab ein Investoren-Sprecher am Freitag dem Handelsblatt: Er erklärte den Wiedereinstieg mit dem Geschäftsmodell der Finanzfirmen: Sie legen mit Anlegergeld Fonds auf, die für eine gewisse Laufzeit von fünf bis sieben Jahren investieren und dabei versuchen, den Wert der Beteiligungen zu steigern. Mit dem Börsengang 2015 sei die Laufzeit desjenigen Fonds, der Scout24 damals hielt, beendet gewesen und ein guter Ausstieg möglich geworden. Nun wollen die Investoren mit einem völlig neu aufgelegten Fonds erneut in das Unternehmen investieren. Es handle sich allerdings um einen „einmaligen Deal“, räumte der Sprecher ein - schließlich wollen die Investoren Scout24 ja an der Börse halten statt ihn wie sonst üblich komplett zu übernehmen. Daher arbeite der Investor weniger mit branchenüblichen Finanzhebeln wie Verschuldung, sondern wolle in erster Linie mit dem Management an der Strategie arbeiten. Zwei Wachstumsfelder gibt es. Scout24 will neben Kleinanzeigen zunehmend passende Services vermitteln: etwa Umzugsunternehmen und Baufinanzierung bei Immobilien und Versicherungen fürs Auto. Zudem sollen weitere Zukäufe - von neuen Angeboten oder in weiteren Ländern - angegangen werden. Vor einigen Monaten hatte Scout24 bereits das Vergleichsportal Finanzcheck gekauft. Diese Detailarbeit soll den Aktienkurs des Unternehmens über die kommenden Jahre steigern.

Der Aktie gab das Angebot bereits kräftig Rückenwind: Nachdem der Kurs aufgrund aufkommender Spekulationen bereits am Donnerstag mehr als zehn Prozent zugelegt hatte, stieg er am Freitag noch einmal um mehr als zwölf Prozent auf knapp über den offerierten Wert von 46 Euro.

Erklärtes Ziel der Investoren ist eine Beteiligung von 50 Prozent plus eine Aktie. Zudem wurde eine strategische Zusammenarbeit der Parteien vereinbart. „Scout24 verfügt über eine ausgezeichnete Marktposition“, erklärte Blackstone-Manager Robert Reid. „Das Unternehmen muss jedoch jetzt die Weichen stellen, um die komplexen Herausforderungen zu meistern, insbesondere des intensiven Wettbewerbs und anstehender regulatorischer Veränderungen.“ Das wichtigste Regulierungsthema, das die Branche umtreibt, sind politische Überlegungen, die erlaubte Maklerprovision zu senken und zudem wie bei der Vermietung nun auch beim Kauf dem Auftraggeber und nicht mehr automatisch dem Käufer aufzuerlegen.

Jetzt müssen die Aktionäre der Scout24 AG dem Angebot zustimmen. Das Analystenhaus Kepler Cheuvreux bestätigte am Freitag seine Kaufempfehlung für die Aktie – es bewertet das Angebot offenbar als gut.

Anders als manch anderer Börsengang der jüngeren Zeit, etwa Home24 oder Windeln.de, hat Scout24 auch denjenigen Aktionären Glück gebracht, die von Anfang an dabei waren. Grundlage der Börsennotierung war, dass der Alteigentümer Deutsche Telekom Anfang 2014 die damalige Tochter Scout24 an Hellman & Friedman sowie Blackstone verkauft hatte.

Eineinhalb Jahre später brachten die Investoren das Unternehmen an die Börse. Im Juni 2017 veräußerte die Telekom ihre letzten Anteile, auch die Finanziers stiegen komplett aus, rechtzeitig vor einem zwischenzeitlichen Kurseinbruch im Sommer 2018: Im Juli hatten sie ihr Rekordhoch von 48,62 Euro erreicht, waren dann aber bis Oktober auf knapp 34 Euro zurückgefallen. Inzwischen sind die Papiere fast komplett in Streubesitz.

Auch intern kam es zuletzt zu Skurrilitäten. Im vergangenen September hatte die öffentliche Aussage des damaligen Finanzvorstands Christian Gysi, er habe sich beim Aufsichtsrat um den vakanten Chefposten beworben, für Irritationen gesorgt. Stattdessen bekam Tobias Hartmann, US-Chef des Kochbox-Lieferanten Hello Fresh, den Posten als Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden Gregory Ellis. Der hatte kurz nach dem von ihm verantworteten 285-Millionen-Euro-Kauf von Finanzcheck.de überraschend seinen Abschied angekündigt. Und der Vertrag von Finanzchef Gysi wurde nicht verlängert.

Der neue Chef Hartmann ist es nun auch, der nun den Abschied von der Börse zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Holger Albrecht, im Brotjob Chef des Musikstreamingdiensts Deezer, begleiten will.

Die Zahlen von Scout24 wiesen zuletzt nach oben. Der Umsatz 2018 stieg im Vergleich zum Vorjahr um 12,5 Prozent auf mehr als eine halbe Milliarde Euro (531,7 Millionen Euro). Das Ebitda konnte um 15,3 Prozent auf 291,5 Millionen Euro zulegen. Die teure Übernahme des Portals Finanzcheck.de war in den Zahlen bereits eingepreist. Letztere trieb aber die Verschuldungsquote in die Höhe.

Der Zukauf steht dafür, das Geschäftsmodell auf ein weiteres Standbein zu stellen: Zwar profitiert Scout24 von den boomenden Immobilienmärkten und den daraus folgenden Einnahmen mit Maklern und Vermietern. Doch das Geschäftsfeld Vergleichsportal ist ebenfalls interessant: Hier kommen die Einnahmen über Provisionen aus den vermittelten Versicherungs-, Strom und Gasverträgen. Allerdings wollen Verbraucherschützer das Feld stärker regulieren und für mehr Transparenz für Nutzer sorgen. Im Immobiliengeschäft muss sich Scout24 darauf einstellen, dass Makler auch bei Käufen künftig wohl vom Besteller bezahlt werden müssen - wie seit einigen Jahren schon im Mietmarkt vorgeschrieben. Mit neuen Services wie digitalen Bewerbungs-Mappen für Immobilieninteressenten will Scout24 Zusatzumsatz erzielen.

Klar ist: Scout24 ist zäh. Die Marke ist eine Überlebende des ersten Internet-Booms. Schon 1998 gründete der Unternehmensberater und heutige Business Angel Joachim Schoss das Unternehmen – als klar wurde, dass weltweit die Kleinanzeigen ins Internet abwandern würden. 2004 kaufte die damals eigenständig börsennotierte Telekom-Schwester T-Online den Kleinanzeigenmarkt, der so später bei der Telekom landete.

Der Bonner Konzern hat sich von seinem einstigen Ehrgeiz, ein großer eigenständiges Inhalte- und Portal-Anbieter im Netz zu sein, jedoch längst verabschiedet. Auch die Nachrichten-Site T-Online wird inzwischen vom Werbekonzern Ströer bestückt.

So betrachten die Telekom-Manager die Irrfahrt von Scout24 nur noch aus der Ferne – falls sie sich nicht längst selbst grämen, das profitable Geschäft mit zuletzt fast 55 Prozent operativer Marge (Ebitda) abgestoßen zu haben.