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Rendite mit Risiko – Warum Anleger Schwellenländer wieder lieben

Viele institutionelle Anleger investieren wieder verstärkt in Emerging Markets. Wer den Profis folgen will, braucht starke Nerven und einen langen Atem.

Es ist eine beeindruckende Wende: Institutionelle Anleger setzen wieder auf die Emerging Markets. Im Februar waren von den Fondsmanagern, die die US-Großbank BofA Merrill Lynch regelmäßig befragt, 37 Prozent mehr in Schwellenländer-Aktien übergewichtet als untergewichtet. Im September hatte es noch zehn Prozent mehr Unter- als Übergewichtungen gegeben. Seither zieht es die Anleger wieder stärker in die Schwellenländer.

Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die Fondsmanager, die zusammen mehr als 500 Milliarden Dollar verwalten, viele Risiken sehen: Sie fürchten, dass sich die Konjunktur weltweit abschwächt, und sehen den Handelsstreit zwischen den USA und China und die nachlassende chinesische Wirtschaft als große Bedrohungen.

Das sind eigentlich Umstände, in denen Investoren vorsichtig werden und auf Sicherheit setzen. Aktien von Emerging Markets zählen aber nicht zu den sicheren Anlagen. Im Gegenteil: Sie schwanken in der Regel stärker als die der Industrieländer. Ein Grund dafür sind politische Risiken.

Häufig sind es landesspezifische Gründe, wie im vergangenen Jahr die erneute Beinahepleite in Argentinien und die Kapitalflucht aus der Türkei, die die Börsen unter Druck bringen. Dazu kommt aktuell, dass die zum Teil deutlich von China abhängigen Schwellenländer unter einer Ausweitung des Handelsstreits zwischen den USA und China überproportional leiden würden.

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Warum also dennoch das Faible für Schwellenländer? „Die Aktien der Emerging Markets haben bereits im vergangenen Jahr stark gelitten, und die Risiken sind etwas geringer geworden“, sagt Devan Kaloo, Schwellenländer-Aktienchef beim Asset-Manager Aberdeen Standard Investments. Euphorisch ist er mit Blick auf die Emerging Markets aber nicht: „Es wird keine großen Sprünge geben, aber die Aussichten in den Schwellenländern sind besser als zum Beispiel in den USA oder in Europa.“

Im vergangenen Jahr gab es vier Hauptbelastungen für Schwellenländer-Aktien. Erstens den steigenden Dollar. Zweitens die steigenden US-Zinsen. Drittens das rückläufige Wachstum in China und viertens den Handelsstreit.

Als Folge verlor der breite Aktienindex MSCI Emerging Markets 16,6 Prozent. In diesem Jahr hat er rund sieben Prozent zugelegt (siehe Grafik). Das ist ordentlich, wobei Aktien der Industrieländer noch mehr gewannen.

Powells Abkehr von der Zinswende hilft Schwellenländern

Grund dafür ist, dass einige der Faktoren, die Schwellenländern das Leben 2018 schwer gemacht haben, jetzt weniger belasten. Allen voran ist das die Zinspolitik der US-Notenbank (Fed). Deren Chef Jerome Powell hat betont, dass die Fed künftig geduldig agieren wird und dabei auf die Entwicklung der Konjunktur und der Finanzmärkte achtet. „Das Zinserhöhungsrisiko hat sich verringert“, betont Stefan Maly, Leiter der Anlagestrategie bei der zu BNP Paribas gehörenden Consorsbank.

Das liegt daran, dass die US-Wirtschaft nicht mehr so stark wächst. Die Effekte der Steuerreform laufen aus, und die bisherigen Zinserhöhungen der Fed dürften mit einiger Zeitverzögerungen Bremsspuren in der Konjunktur hinterlassen.

Deshalb erwarten viele Ökonomen inzwischen nur noch eine US-Zinserhöhung in diesem Jahr. Dies und das nachlassende Wirtschaftswachstum dürften auch den Dollar bremsen. Steigende US-Zinsen und ein festerer Dollar sind für die Schwellenländer besonders bedrohlich, weil viele Schwellenländer stark in Dollar verschuldet sind.

Mit Blick auf Chinas Konjunktur gibt es zumindest Hoffnungszeichen. „Die chinesische Regierung bemüht sich darum, die Wirtschaft wieder zu stärken“, meint Kaloo. Die Kreditbedingungen werden bereits gelockert und die Steuern für kleine und mittlere Unternehmen gesenkt. Ministerpräsident Li Keqiang kündigte außerdem an, dass der Staat mehr in öffentliche Dienstleistungen und Verkehrswege investieren und den Konsum ankurbeln will.

Der vierte große Belastungsfaktor, der Handelsstreit, gilt dagegen als die große Unbekannte. Die USA und China haben zwar ein wirtschaftliches Interesse daran, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen, aber ausgemacht ist das noch nicht.

Deshalb stellt sich die Frage, ob die Aktienmärkte in den Schwellenländern in den ersten Wochen des Jahres nicht schon zu stark gestiegen sind. „Wenn man sich die deutlichen Kursgewinne ansieht, könnte man denken, dass es gut ist, jetzt Kasse zu machen“, meint Maly. Von der Bewertung her seien viele Schwellenländer aber noch vergleichsweise günstig.

Das gilt für ihn vor allem deshalb, weil die Gewinnerwartungen für viele Unternehmen in den Emerging Markets in den vergangenen Monaten zumindest stabil geblieben seien, während sie vor allem in den USA, aber auch in Europa fielen. James Donald, der den Bereich Schwellenländer bei Lazard Asset Management leitet, sieht das ähnlich: „Während gerade US-Unternehmen sich auf dem positiven Trend ausgeruht haben, gab es in den Schwellenländern notwendige und teilweise erzwungene Anpassungen.“

China zählt zu den Favoriten der Anleger

Dabei gibt es aber gewaltige Unterschiede. Maly und Kaloo favorisieren China und Indien. In China, wo der Aktienmarkt im vergangenen Jahr mit 25 Prozent deutlich stärker eingebrochen ist als in vielen anderen Schwellenländern, seit Januar aber bereits 14 Prozent zugelegt hat, stimmt beide vor allem die staatliche Unterstützung der Konjunktur zuversichtlich.

Dabei mag Kaloo unter anderem Aktien, die vom privaten Konsum profitieren. Dazu gehören die in Hongkong notierten Aktien der Immobiliengesellschaft China Resources Land und des Reiseveranstalter China International Travel ebenso wie die Aktien von Shanghai Airports und dem Spirituosenhersteller Moutai.

Indiens Aktienmarkt hat sich im vergangenen Jahr besser gehalten als viele andere Schwellenländer. Belastend waren zwischenzeitlich Probleme mit faulen Krediten. Kaloo mag an Indien besonders, dass das Land wirtschaftlich relativ wenig mit dem Rest der Welt verflochten ist.

Von daher würde selbst eine Eskalation des Handelsstreits Indien nicht so stark belasten. Potenzial sieht er unter anderem bei der Hypothekenbank HDFC und dem Motorradhersteller Hero Motocorp. Als Risiko gelten indes die anstehenden Wahlen in Indien. Wenn Ministerpräsident Narenda Modi deutliche Zugeständnisse an Koalitionspartner machen müsse und sich Reformen verlangsamen, würde dies den Markt belasten, sagt Maly.

An Brasilien scheiden sich die Geister. Seit sich im vergangenen Herbst der Wahlsieg des umstrittenen Rechtspopulisten und Ex-Militärs Jair Bolsonaro abzeichnete, hat Brasiliens Aktienmarkt rund 30 Prozent zugelegt. Die zum Teil rassistischen Sprüche von Bolsonaro stören institutionelle Anleger offensichtlich nicht.

Wichtig für Investoren ist laut Kaloo, dass Bolsonaro die Rentenreform durchsetzt, die Privatisierung vorantreibt und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigert. Maly ist allerdings mit Blick auf Brasilien vorsichtig: Die Erwartungen seien möglicherweise überzogen, und die Entwicklung sei sehr von Bolsonaro abhängig.

Schon zu deutlich gestiegen?

Für Privatanleger, die in Schwellenländer-Aktien investieren wollen, heißt das alles, dass sie risikofreudig sein müssen und einen langen Anlagehorizont brauchen. Das gilt auch deshalb, weil die Märkte kurzfristig schon zu schnell und zu deutlich gestiegen sein könnten. Davor warnen die Strategen der britischen Bank HSBC. Auch die US-Bank JP Morgan hält Aktien aus Schwellenländern nach der jüngsten Rally für gefährdet.

Langfristig gelten die Aussichten für Emerging Markets aber als gut. Donald von Lazard Asset Management fasst die Argumente dafür so zusammen: „Das Wachstumspotenzial ist in Schwellenländern höher als anderswo, die Institutionen stabilisieren sich, und eine wachsende Mittelklasse von Verbrauchern entsteht.“ Das gelte unabhängig von höheren Kursschwankungen oder kurzfristigen Änderungen in der Anlegerstimmung.

Mehr: Ein Spezialist für Schwellenländerinvestments ist das Fondshaus Franklin Templeton. Handelsblatt-Autorin Anke Rezmer hat dessen Anleihe-Chef, Michael Hasenstab, porträtiert.