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Wie eine Schweizer Laufschuhmarke die Berge erobern will

Der Laufschuhspezialist On hat sich auf einem umkämpften Markt etabliert. Nun planen die Gründer weiteres Wachstum mit Outdoorschuhen.

On Running ist ein Phänomen: Das Schweizer Start-up hat es in wenigen Jahren geschafft, den höchst umkämpften Laufschuhmarkt aufzumischen. Das gelang mit einem Modell, das eine Sohle aus zerschnittenen Gartenschläuchen hatte. Nun machen sich die Gründer Olivier Bernhard, David Allemann und Caspar Coppetti an den nächsten Coup: Sie wollen das Geschäft mit Bergschuhen aufrollen.

Die traditionellen Wanderschuh-Produzenten müssen sich darauf gefasst machen, in kürzester Zeit Platz in den Regalen einzubüßen. Denn genau das ist Konzernen wie Nike, Adidas, Asics oder Puma bei den Laufschuhen in den vergangenen neun Jahren passiert. Auf dem Milliardenmarkt der Jogger errang die kleine Marke in kürzester Zeit eine respektable Position.

Inzwischen ist On laut NPD-Marktforschung das vierte Jahr in Folge weltweit die schnellstwachsende Laufschuhmarke im Bereich Performance Running, 150 Prozent plus zuletzt. In Deutschland, einem der wichtigsten Absatzmärkte, belegt die Firma Platz vier, noch vor den etablierten Anbietern New Balance und Brooks.

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Nur in den USA sind die Laufschuhe der Schweizer noch begehrter als hierzulande. Auf dem Schweizer Heimatmarkt ist die Marke die Nummer eins. Längst ist On der Schuh der Spitzensportler, Ironman-Teilnehmer in Hawaii tragen ihn.

Sofort schwarze Zahlen

Vor drei Jahren sind die Schweizer erste Schritte in Richtung Sortimentsausweitung gegangen: 2016 brachten sie eine hochwertige Kollektion für Laufbekleidung in die Läden, allein das Muskelshirt kostet satte 70 Euro. „Das ist immer so im Premiumbereich“, erklärt Marketingchef David Allemann. „Wir verstehen uns als Technologie- und Innovationsmarke. Das Laufgefühl, aus dem letztlich auch die Begeisterung für On herkommt, hat eben auch seinen Preis in der Herstellung.“

Der Erfolg gibt On offenbar recht: Die teuren High-Tech-Kleidungsstücke verkauften sich vom Start weg gut und vor allem kostendeckend. „Dass wir schon im ersten Jahr mit Textilien schwarze Zahlen schreiben, hätte ich mir nie erträumen lassen“, schwärmt Allemann.

Drei Jahre nach Markteinführung erwirtschaftet das Segment Bekleidung schon Umsätze im zweistelligen Millionenbereich – und wächst dreistellig. Viel mehr Einblick in ihre Zahlen offenbaren die Firmenchefs nicht. Schätzungen taxieren den gesamten Umsatz auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro.

Nun will die Laufschuhmarke nach demselben Prinzip die Outdoor-Welt revolutionieren: Mit einem 220 Euro teuren Berg- und Wanderschuh. Der Markt wird laut dem Branchenverband European Outdoor Group allein in der EU derzeit mit 4,65 Milliarden Euro, Kleidung und Schuhe zusammengerechnet, beziffert.

Das Volumen für Outdoor-Bekleidung soll bis 2020 um 4,3 Prozent wachsen. Davon gehen die Autoren des ,,Branchen-Reports Outdoor 2019“ aus und bilanzieren, dass der gesamte deutsche Outdoor-Markt zuletzt 2018 um 2,4 Prozent auf knapp 1,9 Milliarden Euro zugelegt hat.

Die Herausforderung für On: Bislang bringen Bergschuhe im Schnitt zwischen 700 und 1000 Gramm auf die Waage. Wanderer verbinden das Gewicht ihrer Lederstiefel mit einem Gefühl von Stabilität und Sicherheit. Der „Cloudrock“ von On jedoch ist mit gerade mal 420 Gramm ein Leichtgewicht. Hier müssen die Tüftler also wieder ordentlich Überzeugungsarbeit leisten. Bei den Kunden, aber auch bei den Fachhändlern, die ja für On Platz freiräumen sollen in den begehrten Auslagen.

Ausbau des Sortiments

Inzwischen ist das neue Modell seit wenigen Wochen im Handel. Coppetti gibt sich im Gespräch mit dem Handelsblatt zufrieden: „Der Cloudrock ist sehr positiv gestartet“, erzählt der Bergsportler. „Verschiedene Top-Händler freuen sich über Innovation in diesem Bereich.“

Entsprechend gut entwickelt sich die Nachfrage. „Die starken Abverkäufe haben uns ehrlich gesagt etwas überrascht, und wir mussten in der Zwischenzeit unsere Produktion erhöhen“, so der Co-Gründer.

Dabei soll es nicht bleiben, Coppetti kündigt weitere Initiativen an. „Berge sind unser Ding, und wir werden unser Sortiment im Bereich Trail und Outdoor massiv ausbauen.“ Dass die leichtgewichtigen Wander- und Bergschuhe im Fachhandel gut ankommen, kann Oliver Walker, Outdoor-Experte bei Intersport, nur bestätigen. „On ist als Marke bei unseren Händlern ziemlich beliebt und weit verbreitet. Den neuen Cloudrock haben wir sowohl in unserem Onlineshop als auch in einigen Intersport-Geschäften verfügbar. Wir sehen durchaus Potenzial im Outdoor-Segment für On.“

Dort sind allerdings schon seit eh und je die Platzhirsche Lowa, Meindl und Hanwag unterwegs und kämpfen erbittert um Konsumenten. Dabei verdienen die Mittelständler nicht schlecht, denn wetterfeste Schuhe liegen im Trend. So stieg bei der Sporthändlervereinigung Sport 2000 der Umsatz mit den drei Marken 2017 um gut elf Prozent.

Der oberbayerische Schuhfabrikant Meindl, bei Millionen Bergsteigern und Outdoor-Fans Synonym für zuverlässige Geländeschuhe, verkauft im Jahr rund eine Million Paar Schuhe und kommt damit auf einen Umsatz von etwa 60 Millionen Euro. Der zum Tecnica-Konzern gehörende Rivale Lowa erreicht mit rund 1,8 Millionen Paar 107 Millionen Euro, möchte allerdings den Markteintritt von On nicht kommentieren.

Es braucht Auswahl

Aber auch wenn sich Caspar Coppetti derzeit keine Sorgen über das Geschäft mit dem neuen Cloudrock machen muss, die Beine sollte er trotzdem noch nicht hochlegen. Denn um sich als weitere starke Marke zwischen den anderen Schuhfabrikanten etablieren zu können, müssten die Schweizer laut Einschätzung von Oliver Walker im Bereich Outdoor für eine breitere Produktpalette sorgen. „Bisher ist der Schuh eher ein Stand-alone-Produkt“, so der Intersport-Manager.

Coppetti selbst hat keine Zweifel daran, dass er den anderen Outdoorschustern Marktanteile abluchsen kann. „Wir hatten uns – das mag jetzt naiv klingen – gar nicht besonders mit den bestehenden Marken und Sortimenten auseinandergesetzt, sondern einfach den aus unserer Sicht idealen Wanderschuh gemacht mit Fokus auf Sicherheit und Speed“, erklärt der Gründer und schwärmt: „Wir sehen aber einen Milliardenmarkt mit höchst involvierten Konsumenten, die von einer Eskapade in die Natur träumen und dafür viel Geld auszugeben bereit sind – kann es einen spannenderen Markt geben?“

On steht übrigens für „aktiviert, eingeschaltet“. Auf die Idee, daraus einen Markennamen zu machen, kam Mitgründer Coppetti, als er beim Joggen am Transporter einer Filmproduktionsfirma vorbeikam, auf dem ebendieses „On“ prangte: Spot on, lights on. Das klang gut.

Gut sieht es für die Schweizer auch im neuesten Ranking von Intersport aus, dem größten Sporthändlerverbund hierzulande: Einen Riesensatz und damit elf Plätze nach oben machte die Laufschuhmarke zuletzt und findet sich am Ende des Jahres 2018 auf Position 18 der wichtigsten Lieferanten.

Damit sorgt On für mehr Umsatz als Odlo, die Mammut-Gruppe, Deuter, Vaude oder Reebok – bemerkenswert für eine Firma, die noch keine zehn Jahre im Markt ist und vor nicht allzu langer Zeit zerschnittene Gummischläuche auf die Schuhsohlen klebte.