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Schweizer ABB-Konzern startet Cobot-Offensive: „Wollen führender Hersteller werden“

Noch ist den kollaborativen Robotern der Durchbruch nicht gelungen. Der ABB-Konzern will nun die Einsatzmöglichkeiten mit neuen Modellen erweitern.

Der Schweizer ABB-Konzern will mit einer neuen Modellfamilie den Markt für kollaborierende Roboter (Cobots) erobern. „Wir wollen einer der führenden Cobot-Hersteller der Welt werden“, sagt ABB-Robotik-Chef Sami Atiya dem Handelsblatt. Mit den Yumi-Modellen habe man bereits erste Erfahrungen gesammelt. Mit den neuen GoFa- und Swifti-Modellfamilien wolle ABB den Absatz vervielfachen und dem ganzen Markt einen Schub geben.

Um die Cobots, die direkt neben Menschen arbeiten können, hatte es vor einigen Jahren einen regelrechten Hype gegeben. Doch noch immer machen sie nur etwa drei Prozent des Robotergesamtmarkts von 13,8 Milliarden Dollar (2019) aus. „Wir sehen aber, dass dieser Anteil weiter steigt, mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten“, sagt Susanne Bieller, Generalsekretärin des Branchenverbands International Federation of Robotics (IFR), dem Handelsblatt.

ABB hatte sich mit dem Yumi, der allerdings nur eine geringe Traglast von 0,5 Kilogramm hat, in den neuen Markt gewagt. „Yumi hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagt Atiya. Absatzzahlen will er aber nicht nennen. ABB habe anhand des Modells viel gelernt – zum Beispiel, wie wichtig eine einfache Bedienung und Programmierung in dem neuen Segment sind.

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Die Robotikbranche kann neue Impulse gut gebrauchen. Im Jahr 2019 war der Absatz der Roboterhersteller nach jahrelangen Rekorden um zwölf Prozent auf 373.000 verkaufte Maschinen gesunken. Für 2020 rechnete die IFR zuletzt mit einem weiteren Absatzrückgang.

Ein Grund dafür: Die großen Roboterhersteller wie Fanuk, Yaskawa, Kuka und ABB sind noch stark von der Autobranche abhängig. Sie ist mit einem Anteil von zuletzt noch 28 Prozent weiterhin wichtigster Abnehmer von schweren Industrierobotern – zum Beispiel für das Schweißen.

Und so hatte auch ABB mit seinen Robotern im vergangenen Jahr die Coronakrise zu spüren bekommen. Der Umsatz der Sparte „Robotik und Fertigungsautomation“ sank um 13 Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar. Das operative Ergebnis der Sparte brach um 40 Prozent auf 237 Millionen Dollar ein.

Umso wichtiger wird da der Cobot-Markt als zusätzliches Standbein. Laut IFR wurden im Jahr 2019 rund 18.000 neue Cobots verkauft. Die Experten von Emergen Research rechnen damit, dass der Cobot-Markt bis 2027 jährlich im Schnitt um 38 Prozent auf 9,3 Milliarden Dollar wachsen wird.

Andere Marktschätzungen zum Beispiel von Interact Analysis sind etwas konservativer. Doch gehen alle Experten davon aus, dass sich der Anteil der Cobots am Robotik-Gesamtmarkt in den kommenden Jahren vervielfachen wird.

Viel Potenzial in China

ABB will seinen Teil dazu beitragen. „Mit den neuen Modellen können wir ganz neue Kundengruppen und Branchen für den Cobot-Markt erschließen“, ist Atiya überzeugt. Der neue GoFa habe in allen sechs Gelenken sogenannte Kraft-Momente-Sensoren, die sofort stoppen, wenn etwas im Weg ist. Zudem hat er eine besonders hohe Traglast von bis zu fünf Kilogramm und ist sehr leicht programmierbar. „Wer ein Tablet bedienen kann, kommt auch mit dem GoFa zurecht“, sagt Atiya.

Der Swifti ist besonders schnell und hat einen Laserscanner. „Wir haben jetzt die breiteste Modellpalette am Markt“, sagt Atiya. Die neuen Cobots seien zum Beispiel für Kunden in der Elektronik- und in der Pharmaindustrie, in der Logistik und in Laboren besonders gut geeignet. Die einarmigen Helfer können zum Beispiel Teile wie ein Mobilfunkgerät oder einen Akku ergreifen und platzieren.

Besonderes Potenzial für die neuen Cobots sieht Atiya in China, wo sie auch produziert werden. ABB ist seit Jahren Marktführer bei Industrierobotern in China, weltweit liegen die Schweizer auf dem zweiten Platz.

Doch auch wenn ABB mit dem Yumi und Kuka mit dem Leichtbauroboter iiwa früh eigene Cobots präsentierten: Der junge Markt wird noch immer von Newcomern wie Universal Robots dominiert. Die Dänen, die inzwischen zu Teradyne gehören, sehen sich noch immer als Weltmarktführer bei kollaborierenden Robotern.

Die traditionellen Roboterhersteller seien auf große Traglasten und sehr komplexe Anwendungen spezialisiert, heißt es beim neuen Deutschen Robotik Verband, der Start-ups, Hochschulen und Anwender besser vernetzen will. „Dadurch war und ist es vergleichsweise einfach und attraktiv, große Stückzahlen im Automotive-Markt abzusetzen.“

Für die traditionellen Hersteller war das eine komfortable Situation: Das Segment wuchs kontinuierlich, die Eintrittshürden für neue Anbieter waren hoch. Der Druck, neue Anwendungsbereiche zu entwickeln, war dagegen wegen des jahreslangen Wachstums gering.

Drei Alleinstellungsmerkmale im Cobot-Segment

Neue Anbieter konzentrierten sich daher auf die neue Cobot-Nische. Universal Robots verkaufte Ende des vergangenen Jahres seinen 50.000. Cobot an den Kunststoffteile-Spezialisten VEMA in Baden-Württemberg. Das Unternehmen hat bereits mehrere Cobots im Einsatz, die am Ende einer Fertigungslinie sogenannte Pick-and-Place-Aufgaben erledigen – also Teile ergreifen und platzieren.

„Unsere Mitarbeiter sind von ergonomisch anstrengenden Arbeiten entlastet und können sich auf anspruchsvollere Tätigkeiten wie die Qualitätsprüfung konzentrieren“, sagt VEMA-Geschäftsführer Christian Veser. Mithilfe der Roboter gelang es dem Unternehmen, einen Drei-Schicht-Betrieb aufzubauen, in dem rund um die Uhr produziert wird.

Auch deutsche Unternehmen spielen in der Cobot-Branche eine wichtige Rolle. Neben Kuka sind vor allem Start-ups in dem Segment aktiv. So hat die Münchener Firma Franka Emika einen siebenachsigen Cobot entwickelt, der auch vom Technologieunternehmen TQ zusammengebaut, verkauft und in den eigenen Hallen eingesetzt wird. In der Coronakrise präsentierte Franka Emika zudem einen Abstrichroboter für Coronatests.

Daneben gibt es viele junge Firmen, die versuchen, die Programmierung von Robotern zu erleichtern. So hat das Dresdener Start-up Wandelbots den Tracepen entwickelt. Mit dem digitalen Stift sollen auch Laien Robotern schnell und einfach beispielhaft vormachen, welche Aufgaben sie zu erledigen haben. Eine Software wandelt die Bewegungen in Programmiercodes um und lernt ständig dazu. Bei der bislang größten Finanzierungsrunde stiegen im vergangenen Jahr Siemens und Microsoft bei dem Unternehmen ein.

Die Entwicklung zeigt, dass die Alleinstellungsmerkmale im neuen Cobot-Segment vor allem im Softwarebereich, der intelligenten Benutzeroberfläche und Bedienungsfreundlichkeit liegen. „Ein spannendes Rennen hat begonnen“, heißt es beim Deutschen Robotik Verband.

ABB ist zuversichtlich, dass es dabei eine führende Rolle spielen kann: „Wir haben viel Wissen, das manches Start-up gern hätte“, sagt Atiya. Der Schweizer Konzern könne mit seiner starken Marke und der globalen Präsenz der gesamten Cobot-Branche einen Schub geben.