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Warum die Schweiz am Sonntag etwas grüner werden könnte

Die Eidgenossen wählen ein neues Parlament. Die Grünen dürften dabei von der Klimafrage profitieren. Die regierende SVP tut sich mit dem Thema schwer.

„Ois staht s’Wasser bis zum Hals“ – „uns steht das Wasser bis zum Hals“: Mit solchen Slogans zogen junge Schweizer in diesem Sommer beim Klimastreik durch die Straßen. Auch bei den Parlamentswahlen an diesem Sonntag gilt der Klimawandel als das entscheidende Thema.

Umfragen zufolge dürften die Grünen das beste Ergebnis in ihrer Geschichte erzielen. Angesichts der Klimafrage könnte das Parlament der Eidgenossenschaft damit ein Stück weiter nach links rutschen. Das schwierige Verhältnis zur Europäischen Union spielte im Wahlkampf dagegen kaum eine Rolle. Dabei gäbe es dort viel zu bereden.

Rund 5,3 Millionen Schweizer dürfen abstimmen. Gewählt werden beide Kammern des Parlaments: Der Nationalrat, in dem 200 Abgeordnete des Volkes sitzen, und der Ständerat mit den Vertretern der Kantone.

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Vor allem für den Nationalrat sagen Demoskopen einen Linksrutsch voraus. Laut der jüngsten Umfrage im Auftrag des Schweizer Rundfunks dürften die beiden grünen Parteien im Vergleich zu den letzten Wahlen im Jahr 2015 um jeweils rund drei Prozentpunkte dazugewinnen.

Demnach würden die beiden grünen Parteien künftig rund 18 Prozent der Stimmen auf sich vereinen – das wären so viele wie die Sozialdemokraten und die schweizerische FDP zusammen. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) bliebe demnach mit 27 Prozent der Stimmen zwar die stärkste Kraft im Parlament, würde aber einige Sitze verlieren.

Neue Sitzverhältnisse trotz „Zauberformel“?

Steht das Berner Bundeshaus also vor einer linken Revolution? Nicht ganz: Denn dank einiger helvetischer Besonderheiten dürften sich die Folgen der Bundesratswahl für die Politik der Schweiz in Grenzen halten. Das liegt nicht nur daran, dass die Schweizer über viele Themen ohnehin direkt abstimmen, sondern auch an der so genannten Zauberformel.

Diese Kompromisslösung bestimmt die Zusammensetzung der Regierung. In der Schweiz gibt es keine Koalitionsbildung wie etwa in Deutschland. Stattdessen stellen die Vertreter der größten Parteien gemeinsam die sieben Bundesräte. Die drei stärksten Parteien haben das Anrecht auf zwei Bundesratssitze, die viertstärkste Partei bekommt noch einen Sitz. Diese Regel ist aber nicht in Stein gemeißelt. So fürchten manche Vertreter der SVP, dass die Grünen bei einem Erdrutschsieg einen Sitz in der Regierung einfordern könnten – zulasten der SVP.

Bei der letzten Wahl hatten die Rechten vom Thema Zuwanderung stark profitiert: Angesichts von tausenden Flüchtlingen auf der Balkanroute fürchteten die Schweizer eine regelrechte Asylkrise. Diesmal zog das Thema aber nicht, auch wenn die SVP sich bemühte, mit alten Ressentiments auf Stimmenfang zu gehen. In ihrer Wahlkampfzeitung „Extrablatt“ (Motto: „Lesen, wie es wirklich ist!“) verwendete sie sogar falsche Zitate, um gegen die Asylpolitik zu wettern, und erntete dafür scharfe Kritik.

Mit dem Klimathema tut sich die Partei dagegen schwer. Die Schweiz spürt die globale Erwärmung schon heute deutlich. So verloren die Gletscher des Landes trotz eines schneereichen Winters in diesem Sommer rund zwei Prozent ihrer Eismasse. Forscher fürchten, dass die Hälfte der Gletscher bis 2050 komplett verschwinden könnte.

Vor allem junge Schweizer wünschen sich deshalb stärkere Maßnahmen zum Klimaschutz. Doch die SVP will davon nichts wissen. Ihre Vertreter bestreiten, dass der Mensch überhaupt einen Beitrag zum Klimawandel leistet – und wittern eine linke Verschwörung. Ständeratskandidat Roger Köppel warnt etwa davor, dass „linke und grüne Kreise den Klimawandel missbrauchen, um eine grüne Kommandowirtschaft aufzuziehen“. Auch die liberale FDP haderte lange mit dem Thema, entschloss sich aber dann zu einem ökofreundlicheren Kurs. Jetzt muss sie fürchten, dass Wähler deshalb zur SVP abwandern könnten.

Weiter Streit mit der EU

Das Verhältnis zu den europäischen Nachbarn spielte im Wahlkampf dagegen kaum eine Rolle. Dabei gäbe es hier viel zu bereden, denn beide Seiten sind nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen. In jahrelangen Verhandlungen hatten sich die Europäische Union und die Schweiz auf einen „Rahmenvertrag“ verständigt, der die Beziehungen auf eine neue Basis stellen soll. Aus Sicht von Brüssel ist der Vertrag seit Ende 2018 reif zur Unterschrift, doch die Schweizer sehen das anders. Sie drängen auf Nachbesserungen, die Brüssel aber kategorisch ausgeschlossen hat.

Für die Wirtschaft des Landes steht viel auf dem Spiel. So entzog die Union der Schweizer Börse bereits die so genannte Börsenäquivalenz, Bern reagierte mit einem juristischen Gegenmanöver. Ihr „Schutzschirm“ bescherte der Börse mehr Geschäft – und sorgt bei Anlegern in Europa für Frust, weil der Handel mit Schweizer Aktien wie Nestlé, Roche oder Novartis für sie erschwert wurde.

Nun dürfte der Streit unter der kommenden EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in die nächste Runde gehen. Brüssel könnte dabei die Daumenschrauben anziehen – und den Schweizern den Zugang zum europäischen Binnenmarkt erschweren. Die EU ist für die Schweiz der wichtigste Exportpartner, mehr als die Hälfte der Ausfuhren geht zu den europäischen Nachbarn. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse fordert deshalb eine rasche Lösung des Streits.

Doch im Wahlkampf kochte das Thema auf kleiner Flamme. Mit Ausnahme der SVP vermieden die meisten Parteien das Thema, um den Rechten erst gar keine Angriffsfläche zu bieten. Die SVP wetterte gegen den „Unterwerfungsvertrag“. Der Vertrag sei ein Fußballspiel zwischen der Schweiz und Deutschland, bei dem Deutschland die Regeln macht, wettert der SVP-Nationalrat Thomas Matter.

Ob solche Argumente beim Wähler ankommen, zeigt sich am Sonntagnachmittag. Dann werden die ersten Hochrechnungen zur Wahl erwartet.

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