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Schweiz geht aus Angst vor Corona-Mutation in einen neuen Lockdown

Der Schweizer Bundesrat steuert im Kampf gegen Corona um: Der Einzelhandel schließt, Arbeitnehmer müssen ins Homeoffice. Grund ist die Virusvariante aus Großbritannien.

Die Schweiz geht wegen der Virusmutation in einen neuerlichen Lockdown. Foto: dpa
Die Schweiz geht wegen der Virusmutation in einen neuerlichen Lockdown. Foto: dpa

Der Schweizer Bundesrat verschärft die Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitungen des Coronavirus deutlich: Ab Montag muss der Einzelhandel bis Ende Februar schließen. Bars und Restaurants bleiben ebenfalls bis Ende Februar zu, wie der Schweizer Bundesrat am Mittwoch bekanntgab. Zudem müssen Unternehmen wenn möglich ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Im privaten Bereich und in der Öffentlichkeit dürfen sich maximal fünf Personen treffen. Skigebiete bleiben jedoch offen.

Bundespräsident Guy Parmelin sagte: „Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt.“ Es gehe nun darum, das Gesundheitspersonal, Unternehmer und Arbeitnehmer zu schützen. Die aus Großbritannien eingeschleppte, hochansteckende Corona-Virusmutation mache die neuen Einschnitte nötig, so Parmelin. Sie habe eine Schlüsselrolle bei dem Beschluss der neuen Maßnahmen gespielt. „Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, die Ausbreitung zu verhindern.“

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Der Bundespräsident warb für Verständnis: Angesichts sinkender Fallzahlen könnten die einschneidenden Maßnahmen paradox wirken. Doch wegen der um 50 bis 70 Prozent ansteckenderen Virusmutation seien die Maßnahmen unabdingbar. Alain Berset, im Bundesrat zuständig für Inneres und Gesundheit, warnte vor einer „Explosion der Fallzahlen“, die es zu verhindern gelte.

Würde die Schweiz jetzt nicht einschreiten, seien spätestens Ende Februar noch teurere Maßnahmen nötig. Der für Finanzen zuständige Bundesrat Uli Maurer kündigte daher neue Hilfen für betroffene Unternehmen an. Er rechnet damit, dass landesweit 100.000 Unternehmen Härtefallanträge für den Ausgleich von Umsatzausfällen stellen.

Der Schweizer Bundesrat hatte verbindliche Vorschriften für alle Kantone im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus lange gescheut. Daher verfolgten die regionalen Regierungen unterschiedliche Strategien: Die mehrheitlich französischsprachigen Kantone in der Westschweiz, etwa Genf, Jura und Freiburg, wurden bereits Ende Oktober stark von einer Infektionswelle getroffen. Sie schlossen daher Läden und Restaurants.

Unterschiedliche Regeln für Skigebiete

Mitte Dezember durfte die Gastronomie dort jedoch wieder öffnen, wenig später konnten sogar Kinos und Theater eine begrenzte Zahl von Besuchern empfangen. In vielen mehrheitlich deutschsprachigen Kantonen, etwa Zürich und St. Gallen waren auch Restaurants und Kneipen noch kurz vor Weihnachten unter Hygieneauflagen geöffnet.

Von Kanton zu Kanton verschieden waren auch die Regeln für Skigebiete: Engelberg-Titlis südlich von Luzern musste beispielsweise zwischen Weihnachten und Silvester für eine Woche schließen, weil die Krankenhäuser in der Umgebung stark ausgelastet waren. Im Nachbarkanton Bern, aber auch in Graubünden oder dem Wallis blieben sie dagegen durchgehend offen.

Der Schweizer Bundesrat hielt lange an seiner Strategie fest, den Kantonen nicht zu stark reinzureden. Erst Anfang Januar kippte die Bundesregierung eine Regelung, die es Kantonen mit einer „günstigen“ epidemiologischen Entwicklung erlaubte, Restaurants, Kneipen und Kulturbetriebe offen zu lassen. Und das, obwohl die Corona-Fallzahlen und die Zahl der Todesfälle bereits im November und Dezember deutlich über denen der europäischen Nachbarn lagen.

Auf dem Höhepunkt der Infektionswelle im November infizierten sich jeden Tag 800 bis 900 Menschen pro eine Million Einwohner mit dem Virus, wie aus Daten des Forschungsportals „Our World in Data“ der Universität Oxford hervorgeht. In Deutschland waren es zu dieser Zeit etwas mehr als 200 Menschen pro eine Million Einwohner.

Auch die Todeszahlen stiegen mit zeitlicher Verzögerung deutlich an: Zwischen Anfang und Mitte Dezember starben schweizweit jeden Tag elf Menschen pro eine Million Einwohner an oder mit dem Coronavirus. In Deutschland waren es zu diesem Zeitpunkt etwas mehr als vier Sterbefälle pro eine Million Einwohner.

Sorge wegen britischer Virus-Variante

Inzwischen hat sich die Lage in der Schweiz den Daten zufolge zwar entspannt: Der Sieben-Tages-Durchschnitt der bestätigten Coronafälle lag zuletzt bei 350 pro eine Million Einwohner. Das liegt allerdings noch immer deutlich über dem Niveau Deutschlands.

Große Sorgen bereitet Bundesrat Berset jedoch die aus Großbritannien eingeschleppte, offenbar hochansteckende Coronavirus-Mutation. Die sorgte zuletzt dafür, dass in Großbritannien und Irland die Corona-Fallzahlen rapide stiegen.

Die Befürchtung: Sollte sie zu einem ähnlich starken Anstieg der Fallzahlen wie in Großbritannien führen, träfe die Infektionswelle auf ein ohnehin stark belastetes Gesundheitssystem. Dem Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) zufolge lag die Auslastung der zertifizierten Intensivbetten in den Schweizer Krankenhäusern am Mittwoch bei 85 Prozent. Rechnet man zusätzlich bereitgestellte sogenannte „Ad-hoc-Betten“ dazu, sind es immerhin noch 74 Prozent.

Gleichzeitig läuft auch die Impfkampagne in der Schweiz eher schleppend an: Zwar hatte die zuständige Zulassungsbehörde Swissmedic bereits am 19. Dezember grünes Licht für den Impfstoff von Pfizer und Biontech gegeben.

Im großen Maßstab begannen die Impfungen jedoch erst Anfang Januar – weil es an Impfstoffen fehlte, wie etwa das Universitätskrankenhaus Zürich bekanntgab. Besserung verspricht sich das BAG jedoch durch den Impfstoff von Moderna, der am Dienstag zugelassen wurde.

Nora Kronig, Vizedirektorin des BAG sagte: „Wir rechnen damit, dass wir bis zum Sommer genügend Impfdosen erhalten, dass sich alle impfen lassen können, die das wollen.“

Bis dahin droht großen Teilen der Schweizer Wirtschaft noch eine lange Durststrecke. Branchenverbände wie Hotellerie Suisse warnen: „Bei vielen Betrieben sind die Reserven infolge der anhaltenden Coronakrise bereits aufgebraucht.“ Die Bundesregierungen und Kantone müssten schnelle, unbürokratische Hilfen ausbauen und auf Umsatzerstattungen statt auf Hilfskredite setzen.

Der für Inneres und Gesundheit zuständige Schweizer Bundesrat will schärfere Maßnahmen gegen den Widerstand einiger Kantone durchsetzen. Foto: dpa
Der für Inneres und Gesundheit zuständige Schweizer Bundesrat will schärfere Maßnahmen gegen den Widerstand einiger Kantone durchsetzen. Foto: dpa