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Schwäbisch Hall muss sparen

Vor kurzem machte der Bundesgerichtshof den Bausparkassen ein Millionen-Geschenk. Doch die Nullzinspolitik der EZB drückt weiter auf die Gewinne. Die größte Kasse, Schwäbisch Hall, sorgt vor und bildet Rückstellungen.

Deutschlands größte Bausparkasse Schwäbisch Hall wappnet sich für schlechte Geschäfte in der Niedrigzinsphase. Es seien Sonder-Rückstellungen in Höhe von 175 Millionen Euro gebildet worden, teilte das Finanzinstitut am Dienstag in Schwäbisch Hall mit. Dadurch sank das Vorsteuer-Ergebnis 2016 um mehr als die Hälfte auf 158 Millionen Euro. Schwäbisch Hall gehört den Volksbanken und Raiffeisenbanken, die ihr Bauspargeschäft in dem Institut gebündelt haben.

„Die Rückstellungen haben wir gebildet für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass die Niedrigzinssituation länger anhält“, sagte Institutschef Reinhard Klein. Operativ – also ohne den Sondereffekt – sank der Vorsteuergewinn nur leicht um 2,3 Prozent auf 333 Millionen Euro. Das Institut der Volks- und Raiffeisenbanken, welches 7,5 Millionen Kunden hat, reagiert mit einem Sparprogramm samt Stellenabbau auf die Marktsituation. Inklusive Außendienst sank die Mitarbeiterzahl im Inland 2016 um 4,7 Prozent (348) auf 6980.

Dies geschieht, obwohl der Bundesgerichtshof (BGH) gerade mit einem Urteil dafür gesorgt hat, dass Bausparkassen alte, für sie teure Kunden rauswerfen können. Der BGH entschied am 21. Februar (Az.: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16), dass es rechtens ist, wenn eine Bausparkasse einen Kunden auszahlt, der das Darlehen für einen seit zehn Jahren zuteilungsreifen Bausparvertrag nicht abruft. Auf solche Altverträge müssen die Kassen teils mehr als vier Prozent Guthabenzinsen zahlen. Das Urteil reduziert ihre Zinslast um Millionen.

Verbraucherschützer sind wütend über dieses Urteil – zumal die Kassen inzwischen noch weitere Kündigungsgründe testen. So kündigt die Aachener Bausparkasse inzwischen auch Kunden, deren Verträge weniger als zehn Jahre zuteilungsreif sind. Sie begründet dies damit, dass die Geschäftsgrundlage zwischen ihr und den Kunden gestört ist.

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Die Kasse beruft sich dabei auf die Paragrafen 313 („Störung der Geschäftsgrundlage“) und 314 („Kündigung von Dauerschuldverhältnissen“) in Verbindung mit Paragraf 490 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der das „Außerordentliche Kündigungsrecht“ regelt.

Im Paragrafen 313 BGB heißt es sinngemäß: Ein Vertrag kann gekündigt werden, wenn sich die Grundlagen des Vertrages so sehr geändert haben, dass die Beteiligten ihn nicht geschlossen hätten, wenn sie das Ausmaß der Änderung geahnt hätten. Für die Änderung der Geschäftsgrundlage ist aus Sicht der Aachener die Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) verantwortlich.


Niedrigzinsen setzen Bausparkassen unter Druck

Richtig ist: Die von der Europäischen Zentralbank verursachte Niedrigzinsphase bringt die Kassen mächtig unter Druck. Ihre Altkunden holen sich zurzeit Darlehen lieber von der Bank, weil die weit geringere Zinsen verlangt, als in den Bausparverträgen festgeschrieben sind. Für diese Verträge müssen die Bausparkassen höhere Guthabenzinsen zahlen, als sie an Darlehenszinsen bekommen für jüngere Verträge, die nun zuteilungsreif werden. Einen Vorteil haben Bauspardarlehen gegenüber Bankkrediten: Die Bausparkassen geben sich im Unterschied zu vielen Banken mit zweitrangigen Grundbuchabsicherungen zufrieden, gehen also ein höheres Risiko ein.

Andere Kassen kommen offensichtlich besser mit der Situation zurecht als Schwäbisch Hall. So etwa die LBS Nord. Deren Chef Rüdiger Kamp kommentierte ein Betriebsergebnis nach Steuern von 6,6 Millionen Euro für 2016 mit den Worten: „Das ist deutlich mehr als geplant, überaus respektabel und in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich.“

Darüber hinaus habe die LBS Nord bewusst den Anteil ihrer Renditetarife stark reduziert. Im Jahr 2016 entfielen nur noch rund sieben Prozent des Neugeschäfts, gemessen an der Bausparsumme, auf Renditeprodukte. Es sind genau diese Renditeprodukte, die den Kassen nun zu schaffen machen und die sie aufgrund des BGH-Urteils jetzt loswerden. Erstritten hatte das für Bausparkunden negative BGH-Urteil die Bausparkasse Wüstenrot. Sie wird am Freitag ihre Zahlen vorlegen.

Wüstenrot ist ein Beispiel dafür, wie mit Nebengeschäften das Ergebnis aufgepeppt werden kann. Die Ludwigsburger verkündeten vor ein paar Tagen: „Im Kerngeschäft der Immobilienvermittlung stieg das Objektvermittlungsvolumen um rund 31 Prozent auf 347 Millionen Euro.“ Auch die Landesbausparkassen betätigen sich als Immobilienmakler. Die LBS Nord etwa vermittelte im Jahr 2016 gemeinsam mit ihren Sparkassenpartnern in Niedersachsen und Berlin Häuser, Wohnungen und Grundstücke im Wert von 443 Millionen Euro.

Bei der traditionell im Makler-Geschäft gleichfalls sehr aktiven BHW firmiert die Immobilienvermittlung inzwischen unter Postbank Immobilien. Über ihre Muttergesellschaft Postbank gehört BHW zur Deutschen Bank.

KONTEXT

Diese Noten erhalten die Baufinanzierer von "Finanztest"

Top - Platz 5: Stadtsparkasse München

Qualitätsurteil: gut (2,5)Qualität des Angebots (75%): 2,3Kundeninformationen (20%): 3,7Begleitumstände (5%): 2,0

Top - Platz 4: Interhyp

Qualitätsurteil: gut (2,3)Qualität des Angebots (75%): 2,2Kundeninformationen (20%): 2,7Begleitumstände (5%): 2,1

Top - Platz 3: Dr. Klein

Qualitätsurteil: gut (2,2)Qualität des Angebots (75%): 2,2Kundeninformationen (20%): 2,3Begleitumstände (5%): 1,2

Top - Platz 2: Frankfurter Sparkasse

Qualitätsurteil: gut (1,9)Qualität des Angebots (75%): 2,0Kundeninformationen (20%): 1,8Begleitumstände (5%): 1,6

Top - Platz 1: Frankfurter Volksbank

Qualitätsurteil: gut (1,8)Qualität des Angebots (75%): 2,0Kundeninformationen (20%): 1,6Begleitumstände (5%): 0,8

Flop - Platz 5: Postbank

Qualitätsurteil: ausreichend (4,3)Qualität des Angebots (75%): 4,6Kundeninformationen (20%): 3,4Begleitumstände (5%): 4,3

Flop - Platz 4: BW Bank

Qualitätsurteil: ausreichend (4,5)Qualität des Angebots (75%): 5,0Kundeninformationen (20%): 3,7Begleitumstände (5%): 1,5

Flop - Platz 3: Commerzbank

Qualitätsurteil: ausreichend (4,5)Qualität des Angebots (75%): 4,8Kundeninformationen (20%): 3,8Begleitumstände (5%): 2,7

Flop -Platz 2: Sparda-Bank West

Qualitätsurteil: mangelhaft (5,0)Qualität des Angebots (75%): 5,5Kundeninformationen (20%): 3,4Begleitumstände (5%): 2,1

Flop - Platz 1: Sparkasse Köln-Bonn

Qualitätsurteil: mangelhaft (5,1)Qualität des Angebots (75%): 5,4Kundeninformationen (20%): 4,5Begleitumstände (5%): 2,0

Quelle: Finanztest 3/2017