Scholz trifft Seelenverwandten in Berlin: Fünf Themen des Tages
(Bloomberg) -- Arne Delfs über einen Beziehungs-Neustart. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.
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Wiederannäherung nach Brexit
Innenpolitisch bläst dem Bundeskanzler derzeit der Wind heftig ins Gesicht. Umso mehr dürfte sich Olaf Scholz über den Gast freuen, den er heute Vormittag im Kanzleramt begrüßen darf.
Mit dem neu gewählten britischen Premierminister Keir Starmer trifft der Kanzler endlich wieder einen Gleichgesinnten. Nach Jahren der konservativen Tory-Herrschaft in London, die mit Boris Johnson und der kurzlebigen Liz Truss zuletzt eher skurril anmutende Führungspersönlichkeiten hervorbrachte, betritt mit Starmer wieder ein verlässlich wirkender Premierminister die Bühne.
Der Labour-Chef ist ganz nach dem Geschmack des sozialdemokratischen Bundeskanzlers: bodenständig, fleißig und volksnah. Mit einem solchen Gesinnungsgenossen lassen sich auch schwierige Themen wie die Wirtschaftsbeziehungen nach dem Brexit leichter besprechen. Starmer will Großbritannien aus der europäischen Isolation führen, in die der Inselstaat durch den Brexit geraten ist.
Doch zu Hause auf der Insel gilt Starmer leider auch als langweilig, uncharismatisch und manchmal wankelmütig. Scholz-Vertraute in Berlin weisen gerne darauf hin, dass man den britischen Premier dennoch nicht unterschätzen sollte. Ein Hinweis, der vielleicht auch der Tatsache geschuldet ist, dass dem Bundeskanzler ähnliche Charaktereigenschaften nachgesagt werden.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Celine Imensek, Annika Reichelt, Alexander Kell und Stephan Kahl: Mehr Immo-Kredite, und raus bist du, Wirtschafts-Wut, bedrohte Mittelmanager, und Málaga übertrumpft.
Mehr Immo-Kredite
Die Anzeichen für eine Erholung am Immobilienmarkt verdichten sich. Die im Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) zusammengeschlossenen Institute - darunter Deutsche Bank, BayernLB und LBBW - haben im zweiten Quartal deutlich mehr Immobilienkredite vergeben als im Vorquartal und mit ihren Darlehenszusagen fast ein Zweijahreshoch erreicht. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Statistik hervor. Erstmals seit Herbst 2022 lag das Immobilienfinanzierungsvolumen in einem Quartal wieder oberhalb von 31 Milliarden Euro. Auch andere VDP-Daten hatten zuletzt auf eine Trendwende hingewiesen. So kletterten etwa die Preise für Büroimmobilien im zweiten Quartal um 0,3%, verglichen mit den ersten drei Monaten des Jahres. Es war der erste Anstieg auf Quartalssicht seit dem Höhepunkt des Marktes vor zwei Jahren. Aufgrund schnell steigender Zinsen waren die Immobilienmärkte in den vergangenen beiden Jahren stark unter Druck geraten. Die Bewertungen von Immobilien sanken auf breiter Front. Besonders Büroimmobilien traf es hart, weil hier zusätzlich der Trend zum Homeoffice für hohe Leerstände in den Gebäuden sorgte. Nun jedoch gibt es Licht am Ende des Tunnels.
Und raus bist du
Die anhaltenden Jobkürzungen in der Tech-Branche haben bei Apple rund 100 Angestellten ihren Job gekostet. Wie involvierte Personen berichteten, hat der Konzern die betroffenen Mitarbeiter am Dienstag informiert. Stellenstreichungen gab es vor allem bei den Service-Teams, die für die Apple Books App, den Bookstore und Apple News verantwortlich sind. Dabei sind Dienstleistungen für den Tech-Giganten ein wichtiger Treiber. 2023 machten sie 22% der Einnahmen aus. Der iPhone-Hersteller ist außerdem eigentlich nicht für Entlassungen bekannt. In diesem Jahr wurden jedoch bereits mindestens vier Mal Arbeitsplätze abgebaut. So hatte Apple Anfang des Jahres ein 126-köpfiges Team aufgelöst, das mit der Verbesserung der KI-Anwendung Siri befasst war. Und auch bei anderen führenden Konzernen der Branche gab es Kahlschläge. Cisco hat angekündigt, 7% seiner Mitarbeiterschaft zu entlassen. Damit würden mehr als 6.300 Menschen ihren Job verlieren. Intel ging sogar noch weiter und will 15.000 Mitarbeiter entlassen, nachdem die Aktie Anfang des Monats den größten Absturz seit mehr als 40 Jahren hingelegt hatte.
Wirtschafts-Wut
“Wer arm ist, muss nicht arm an Willen sein”, besagt ein altes chinesisches Sprichtwort. Kaum ein Satz könnte die Lage der Menschen in China in diesen Tagen wohl besser beschreiben. In dem einst bevölkerungsreichsten Land der Welt kommt es zunehmend zu Protesten, weil die Bürger unter den Folgen der sich abschwächenden Konjunktur leiden und Peking kaum mutigere Schritte zur Unterstützung des Wachstums geht. Der seit vier Jahrzehnten anhaltende Anstieg des Lebensstandards gerät ins Stocken. Der neueste Bericht des China Dissent Monitor zeigt, dass die Zahl der Proteste im zweiten Quartal um 18% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Die Datenbank, die von der US-Nichtregierungsorganisation Freedom House entwickelt wurde, beleuchtet seit 2022 den Unmut der chinesischen Bevölkerung unter der repressiven Herrschaft der Kommunistischen Partei. Der aktuelle Bericht zeigt, dass 44% der Vorfälle Arbeitskonflikte betrafen und in 21% der Proteste verärgerte Wohnungsbesitzer ihren Unmut kund taten. Der Bericht definiert Dissens allgemein als das Äußern von Beschwerden, das Einfordern von Rechten oder das Vorantreiben von Interessen, die mit den Behörden oder den Mächtigen in Konflikt stehen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die aktuellen Proteste das Regime bedrohen. Die Demonstrationen sind oft klein und isoliert, und die Bürger richten ihre Wut selten gegen den Staatschef.
Bedrohte Mittelmanager
Der neue HSBC-Chef Georges Elhedery erwägt informierten Kreisen zufolge einen Umbau des Managements, der bei der größten europäischen Bank zum Wegfall mittlerer Führungsebenen führen könnte — ähnlich wie bei Citigroup und Standard Chartered. Wie zu hören ist, könnte im globalen HSBC-Konzern die Anzahl der Länderchefs reduziert werden und auch bei den Funktionen bestimmter Manager sind Änderungen zu erwarten. Mit dem Beginn des globalen Zinssenkungszyklus sehen Banken einer Schrumpfung ihrer Margen entgegen. HSBC hat in den vergangenen Monaten bereits weniger Personal eingestellt. Wie Bloomberg bereits berichtet hat, wurden Mitarbeiter aufgefordert, im Hinblick auf Reisekosten und Spesen umsichtiger zu sein. Elhedery übernimmt die Konzernleitung am 2. September. CEO Noel Quinn hatte im April überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Unter seiner fünfjährigen Ägide hatte HSBC Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut und sich zugunsten der Kernmärkte in Asien von Sparten in Frankreich und Kanada getrennt. In Deutschland erwägt HSBC den Verkauf des Wealth Managements, für das sich dem Vernehmen nach BNP, UBS und Julius Bär interessieren. Auch das Fondsverwaltungs- und Verwahrgeschäft stehen auf dem Prüfstand.
Málaga übertrumpft
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich zum Place to Be für Führungskräfte gemausert, die seit der Pandemie als digitale Nomaden durch die Welt tingeln. Dubai und Abu Dhabi ziehen viele leitende Mitarbeiter aus der Finanz- und Beratungsbranche an, die von der guten Erreichbarkeit per Flugzeug, der modernen Infrastruktur und der hohen Lebensqualität in den Städten angezogen werden. Das geht aus einer Studie des Immobilienmaklers Savills hervor, der 25 Top-Wohnmärkte nach ihrer Attraktivität für langfristig mobile Arbeitskräfte bewertet hat. Das südspanische Málaga auf Platz 3 liegt in Sachen Lebensqualität noch vor den arabischen Spitzenreitern und muss sich nur knapp Dubrovnik (Platz 16) geschlagen geben. Für die Emirate sprechen vor allem die Internetgeschwindigkeit und die Flugverbindungen. Indes hatten sich beim Thema Home Office zumindest in Europa zuletzt die Unternehmen weiter gegen ihre Arbeitnehmer durchgesetzt, die Büronutzung auf dem Kontinent ist stetig gestiegen. Bei der Helaba soll an der “50%-Orientierung für das Homeoffice” nicht gerüttelt werden, wie der Firmenchef jüngst erklärte. Workation bietet sie auch.
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--Mit Hilfe von Verena Sepp.
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