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Scholz' Sorgentruppe: Neue Kritik an Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls

Die Nervosität steigt im Bundesfinanzministerium. Im Herbst 2020 werden Experten der sogenannten Financial Action Task Force (FATF), eines OECD-Gremiums, Deutschland unter die Lupe nehmen. Sie prüfen, wie gut die Bundesrepublik im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufgestellt ist.

Schlechte Noten der OECD-Experten wären blamabel, schließlich betont Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei vielen Gelegenheiten, wie ernst es ihm ist mit dem Vorgehen gegen Geldwäsche. Doch ausgeschlossen sind kritische Anmerkungen der Prüfer keinesfalls. Das Bundesfinanzministerium kämpft seit langer Zeit mit Problemen bei seiner Anti-Geldwäsche-Einheit, der Financial Intelligence Unit (FIU).

Scholz hat diese Baustelle von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) geerbt. Unter dessen Regie wechselte die FIU vom Bundeskriminalamt zum Zoll, der dem Finanzministerium untersteht. Doch statt mehr Schlagkraft brachte die Reform der FIU zunächst Chaos. Scholz tauschte den Leiter der FIU aus.

Doch nach wie vor gibt es Klagen der Länder, dass die Zolleinheit zu langsam und zu schlecht arbeite. Die FIU bekommt Hinweise auf mögliche Geldwäsche oder Terrorfinanzierung, vor allem von Banken. Sie soll diese Hinweise prüfen und die relevanten Verdachtsmeldungen an die Landeskriminalämter oder Staatsanwaltschaften weitergeben.

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In der Praxis klagen die Länder aber über die Zulieferung: So hat etwa das Bayerische Landeskriminalamt seit Sommer 2017 immerhin 34 Verdachtsmeldungen zu spät erhalten. Das geht aus einer Antwort des Bayerischen Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage hervor. Diese Fristfälle sollen innerhalb von drei Tagen entschieden werden, so lange friert die Bank die Transaktion ein.

Doch bis die FIU die Meldungen an die Ermittler weitergegeben hatte, dauerte es oft Wochen, wie aus der Übersicht hervorgeht. Und die Probleme bestehen bis heute. So erreichte die FIU laut dem Papier am 24. Januar eine Verdachtsmeldung über eine Transaktion von 40.000 Euro. Aber erst am 13. Februar wurde diese an das Bayerische Landeskriminalamt weitergereicht.

„Es wird immer dramatischer. Fast jede neue Information, die wir über die FIU erhalten, bringt neue Missstände ans Tageslicht“, sagte Christian Dürr. Der FDP-Vizefraktionschef hatte die Anfrage mit seinem Kollegen Markus Herbrand (FDP), der im Finanzausschuss sitzt, initiiert. Der Finanzminister habe „die Kontrolle verloren“, sagte Dürr.

„Sehenden Auges lässt die Bundesregierung die Geldwäsche-Spezialbehörde FIU immer tiefer im Chaos versinken“, kritisierte Herbrand. Bei den Fällen in Bayern sei es um insgesamt fast 830.000 Euro gegangen, die „möglicherweise unbehelligt in dunkle Kanäle abfließen“ konnten. Die vielen Beteuerungen des Finanzministeriums, die FIU besser aufzustellen, seien „nichts als bloße Lippenbekenntnisse“.

Die Missstände müssten aufgearbeitet werden, sagte Herbrand. „Möglich ist dies offenbar nur im Rahmen eines Untersuchungsausschusses.“

Auf Nachfrage betont die FIU, dass die genannten Meldungen möglicherweise doch nicht alle Fristfälle seien. Man stehe mit dem Bayerischen Landeskriminalamt in Kontakt, um das aufzuklären. Ein Sprecher der FIU betont: „Es ist sichergestellt, dass bei der FIU eingehende Verdachtsanzeigen umgehend erstbewertet und entsprechend dem erkannten Risiko weiterbehandelt werden.“

Über Probleme bei der FIU wird schon lange geklagt. So hatten die Landeskriminalämter im vergangenen Jahr ihre Erfahrungen zusammengetragen. Im September hatte das Bundeskriminalamt die Kritik in einem zwölfseitigen Evaluationsbericht zusammengefasst. Er liegt dem Handelsblatt vor.

„Tendenziell ist lediglich eine leichte Verbesserung der Qualität der Analyse und Berichte gemäß den geforderten Standards festzustellen“, lautet das Fazit. Die „Qualitätsunterschiede“ der FIU-Meldungen seien „zum Teil erheblich“, was eine unterschiedliche Qualifikation der Mitarbeiter vermuten lasse. „Die Mehrzahl der Analyseberichte stellt bislang keinen Mehrwert für die polizeiliche Sachbearbeitung dar.“

Einer, der den Zustand der FIU schon lange kritisiert, ist Sebastian Fiedler, Vorsitzender beim Bund Deutscher Kriminalbeamter. „Leider hat sich die Situation bei der FIU entgegen den Beteuerungen des Bundesfinanzministers Olaf Scholz überhaupt nicht verbessert“, sagt er. Nicht nur die Dauer bei der Bearbeitung der Verdachtsmeldungen sei ein Problem, sondern auch die mangelnde Qualität der Aufbereitung.

„Dieser Zustand grenzt an organisierte Strafvereitelung.“ Fiedler sieht Strukturprobleme, weil die FIU technisch und rechtlich nicht auf alle Informationen der Strafermittlungsbehörden der Länder zugreifen könne.

Von der FIU werden die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Behörde hat auf die Kritik der Länder reagiert. Im Herbst initiierte sie einen Managementplan, der unter anderem gegenseitige Hospitationen sowie die Entsendung von Verbindungsbeamten mit den Landesbehörden vorsieht. „Seitdem hat sich die Zusammenarbeit mit den Partnerbehörden verbessert“, sagte ein Sprecher.

„Insgesamt ist festzuhalten, dass sich die Maßnahmen zur Verbesserung der Analyseergebnisse und zur Optimierung der Arbeitsabläufe zunehmend in positiven Rückmeldungen der Strafverfolgungsbehörden bemerkbar machen.“ Zudem hat sich die Zahl der Mitarbeiter erhöht.

Die Stammbelegschaft der FIU umfasst 185 Mitarbeiter. Hinzu kommen 227 Aushilfen. Für die erste Jahreshälfte 2019 ist die Einstellung von rund 60 Beschäftigten beabsichtigt.

Ob diese Maßnahmen die Lage verbessert haben, das wird auch die Prüfung der OECD-Experten zeigen.