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Schnitzelland braucht ein Menschwohl-Label

Höhere Bußgelder, Verbote – etwa von Werkverträgen– und Mindestpreise sollen die Fleischindustrie besser machen. Dabei könnte es schon genügen, wenn sie Konsumenten die Wahrheit sagen muss.

Freiheiten lässt er nur seiner Frisur. Der Preis hingegen soll klaren Regeln folgen. Diese zentrale Stellschraube einer Marktwirtschaft ist ihm ein Gräuel. Er will sie festschreiben, egal ob Mietpreis, Gemüsepreis oder neuerdings Fleischpreis. Grünen-Chef Robert Habeck greift auch diese Woche zu seiner Lieblingswaffe. Im Zuge der skandalösen Häufungen von Coronainfektionen in deutschen Schlachthöfen will er die Branche nun per Staatspreis zu Gutfleischern erziehen. Mithelfen sollen dabei härtere Gesetze gegen Subunternehmer und Werkverträge – ganz im Sinne auch von Arbeitsminister Hubertus Heil.

Zweifellos liefern die jüngsten Skandale genügend Anlass, um sich mit der Industrie genauer auseinanderzusetzen. Aber niemand sollte überrascht tun. Es kommt ja nicht das erste Mal vor, dass die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen Thema sind. Von Sklavenarbeit ist da oft die Rede, von rumänischen Wanderzerlegern, die unter schlimmsten Bedingungen die Bedürfnisse der Schnitzelnation befriedigen. Erst vergangenen Herbst hatten die Behörden in NRW 30 der 34 größten Schlachthöfe kontrolliert und gravierende Mängel festgestellt. Von 16-Stunden-Tagen über schlechte Unterbringung bis zu fehlender arbeitsmedizinischer Vorsorge war alles dabei.

Seit Jahrzehnten geht das nun schon so. Bußgelder und Verbote ändern wenig. Und Mindestpreise wären der fatale Schritt in die Planwirtschaft. Stattdessen gehören die bestehenden Gesetze lückenloser kontrolliert – und die Konsumenten an die Macht. Nur wer die ganze Wahrheit über ein Nackensteak weiß, kann ein mündiger Käufer sein. Das darf nicht nur für Informationen über die Art der Tierhaltung gelten. Es braucht auch eine Offenlegungspflicht für die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen. Ein Label als Pranger gegen schlechte Unterbringung oder Akkordarbeit.

Ähnlich wie beim Nutri-Score hätte eine staatliche Fleisch-Ampel eine elegante Lenkungswirkung. Und das ohne zusätzliche Eingriffe in die Unternehmen. Was in der Textil- oder Kaffeeindustrie für Entwicklungsländer funktioniert, kann hierzulande erst recht helfen, Mindeststandards im Job einzuhalten, zumal solche Missstände für eine soziale Marktwirtschaft wie Deutschland peinlich sind. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Preiskampf in einer Branche die Sitten verrohen ließ – und ein drohender Imageschaden Wunder wirkt. In der Planwirtschaft gibt es dagegen keine Wunder, das müsste Habeck eigentlich wissen.

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