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Schleweis sieht weniger Abschreibung, bestätigt NordLB-Gespräche

(Bloomberg) -- Die Abschreibungen auf Wertpapier-Eigenanlagen deutscher Sparkassen dürften niedriger ausfallen als gedacht und unter der Marke von 10 Milliarden Euro bleiben. Das erklärte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis in einem Interview mit Bloomberg. Bei einer anderen Baustelle, dem Streit um die Wachstumspläne der geretteten NordLB, bestätigte er konkrete Verhandlungen zum weiteren Kurs der Landesbank.

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Schleweis geht davon aus, “dass die Abschreibungen auf die Wertpapier-Eigenanlagen der Sparkassen in 2022 niedriger ausfallen werden als zunächst befürchtet”, wie er sagte. “Die Gesamtsumme für alle Sparkassen sollte im einstelligen Milliarden-Eurobereich bleiben.“

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Die Eigenanlagen bestehen überwiegend aus festverzinslichen Wertpapieren, die wegen des schnellen Zinsanstiegs enorm an Wert verloren haben. Im November warnte die Deutsche Bundesbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht, dass sich bei Sparkassen und Kreditgenossenschaften die Abschreibungen auf Wertpapiere im ersten Halbjahr 2022 auf 12,3 Milliarden Euro belaufen hätten.

Im Sparkassen-Sektor haben Institute aus Westfalen-Lippe, Baden-Württemberg und dem Osten bereits Abschreibungen von rund 3 Milliarden Euro ausgewiesen. Andere Regionen berichten in den nächsten Tagen.

„Abschreibungen auf Wertpapier-Eigenanlagen haben 2022 starke Auswirkungen auf die Gewinn-und Verlustrechnung der Sparkassen”, gab Schleweis zu. In den vergangenen Jahren seien jedoch Milliarden an Reserven gebildet worden, um solche Phasen wie jetzt wegzustecken. Zudem würden viele festverzinsliche Papiere bis Laufzeitende gehalten, wodurch Verluste wohl durch Zuschreibungen in den nächsten Jahren ausgeglichen würden. “Im Schnitt sehe ich derzeit keine großen Probleme für die Sparkassen. Wir halten das aus.”

Aktien, bei denen eine Erholung der Kurse weniger sicher ist, spielen Schleweis zufolge in den Eigenanlagen der Sparkassen kaum eine Rolle. “Der Aktienanteil liegt im niedrigen einstelligen Prozentbereich”, sagte er.

Dennoch haben die Abschreibungen auf Eigenanlagen bei vielen kleinen Banken längst die Aufsicht alarmiert. Bafin-Chef Mark Branson sprach von “steigendem Stress, zumindest kurzfristig”.

Wertpapiere sind aber nicht die einzigen Eigenanlagen, bei denen die Bafin genauer hinschaut. Die Behörde kündigte im Januar an, den Immobilienbestand bei acht Kreditinstituten prüfen zu wollen. Angesichts steigender Zinsen drohen Preisrückgänge am Markt.

Auch bei diesen Eigenanlagen ist Schleweis nicht alarmiert. Sparkassen würden ihre Regionen genau kennen und seien längerfristige Investoren. Kurzfristige Preiseinbrüche fielen weniger ins Gewicht. „Es ist natürlich immer eine Frage der Menge und wie gut das gemanagt wird”, sagte Schleweis. “Übertreibungen kann ich derzeit in der Gruppe nicht ausmachen.“

Zentralinstitut nicht in Sicht

Unterdessen ist Schleweis weiter von der Schaffung eines Sparkassen-Zentralinstituts überzeugt. Er habe Konzepte vorgelegt, entscheiden müssten aber die Eigentümer. „Dieses Jahr sehe ich keine signifikanten Bewegungen mehr bei dem Thema”, erklärte Schleweis. Verhandlungen zwischen DekaBank und Helaba über ein mögliches Zusammengehen waren im Sande verlaufen, teils auch wegen Widerstands im Eigentümerkreis.

Mit Blick auf eine andere Landesbank rumort es derzeit in der Gruppe. Einige Vertreter stören sich daran, dass die NordLB nach ihrer milliardenschweren Rettung wieder auf Wachstum schaltet.

„Die Bank braucht einen soliden Pfad. Den gilt es jetzt zu finden”, erklärte Schleweis. “Wir hinterfragen Geschwindigkeit und Ausmaß der Aktivitäten. Das Ziel ist eine risikoarme und profitable NordLB, die ihren Aufgaben gerecht wird.“ Der Sparkassen-Sektor ist nur Minderheitseigentümer der NordLB, die Mehrheit liegt beim Land Niedersachsen.

Die NordLB war 2019 wegen hoher Schiffskreditrisiken mit 3,6 Milliarden Euro gestützt worden. Im Gegenzug versprach die Bank, kleiner und regionaler zu werden. Die Bilanzsumme lag damals bei 145 Milliarden Euro, Ende März 2022 waren davon noch 111 Milliarden Euro übrig. Ende September war der Wert wieder auf 120 Milliarden Euro gestiegen.

Schleweis zufolge tauschen sich die Träger der NordLB derzeit konstruktiv aus. Er sei sich sicher, dass am Ende ein Ergebnis erreicht werde, das die NordLB stärke und nicht schwäche.

Reuters Eignung ‘außer Frage’

Schleweis wird seinen Posten wohl Ende des Jahres an Bayerns Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter abgeben. Eine Einigung wurde bereits erzielt, doch die offizielle Wahl steht noch aus. Monatelang war darüber spekuliert worden, ob Schleweis seine Amtszeit verlängern wolle.

„Es ist der richtige Schritt, das kommende Jahr mit einem neuen Präsidenten zu beginnen. Ich wäre nur dann für eine sehr kurze Übergangszeit bereit gewesen, wenn der Wechsel noch nicht zum 1. Januar 2024 möglich gewesen wäre. Aber so ist es besser”, sagte Schleweis. Der Präsidialausschuss habe stets gewusst, dass er keine weitere Amtszeit anstrebe.

Dass Reuter, lange Zeit Landrat und zuvor leitender Angestellter der Deutsche Bank AG, erst seit etwa zwei Jahren die bayerischen Sparkassen führt, sieht Schleweis nicht als Minuspunkt. „Es gibt keinen geordneten Ausbildungsweg für das Amt des DSGV-Präsidenten”, sagte er. “Entscheidend ist die persönliche und fachliche Eignung. Und die steht bei Ulrich Reuter außer Frage.“

In dem ausführlichen Interview äußerte sich Schleweis auch noch zu einer Reihe weiterer Themen. Hier einige Auszüge:

  • KREDITAUSFÄLLE: „Wir dachten am Anfang des Ukraine-Krieges angesichts steigender Energiekosten und Problemen bei Lieferketten, dass wir durchaus etwas an Kreditausfällen bei Firmenkunden sehen werden. Doch bisher gibt es da nichts Großes. Der Mittelstand ist sehr resilient und er ist sehr anpassungsfähig. Ob das so bleibt, beobachten wir sehr genau.“

  • GEBOT FÜR TRANSNET BW: „Hier haben sich Sparkassen mit anderen zusammengetan, um gemeinsam in Infrastruktur zu investieren. Das ist keine schlechte Idee. Als Bürger dieses Landes fühle ich mich mit öffentlich-rechtlichen Instituten, die dem Allgemeinwohl verpflichtet sind, als Investoren für kritische Infrastruktur sehr wohl.“

  • MÖGLICHES PROVISIONSVERBOT: „Es gibt keinen einzigen sinnvollen Grund für ein Provisonsverbot. (...) Die meisten Menschen würden sich eine Honorarberatung, bei der man schnell bei 120 Euro pro Stunde ist, nicht leisten können und wollen. (...) Ein Verbot würde zu einem deutlichen Rückgang der Provisionserträge führen. Viele Sparkassen würden in der Folge ihre Beratungsangebote in der Fläche deutlich zurückfahren müssen.“

  • EINLAGENZINSEN: „Die Krise ist deshalb bisher so glimpflich verlaufen, weil sehr viele Investitionen durch langlaufende, sehr niedrig verzinste Kredite gestemmt wurden. Das ist der Grund, weshalb die Einlagenzinsen auch nur langsam steigen können.”

(Neu: NordLB im 1. und 13. Absatz)

©2023 Bloomberg L.P.