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Scheuers Funkloch-Amt kommt - trotz Gefälligkeitsgutachten

Verkehrsminister Andreas Scheuer baut eine Behörde auf, die Funklöcher schließen soll. Kritik von Rechnungshof und Opposition an der Wirtschaftlichkeit des Projekts bleibt weiter ungehört.

Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Foto: dpa
Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Foto: dpa

In der an Irrungen und Wirrungen reichen Amtszeit von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist diese Episode ein besonderes Schmankerl. Es geht um eine neue Behörde, mit deren Hilfe der CSU-Politiker die verbliebenen Funklöcher in Deutschland schließen will. Und um den Vorwurf, dass Scheuer und sein Ministerium es sich wieder einmal ein bisschen zu einfach machen.

Die Idee, einst geboren auf einer CSU-Neujahrstagung, war in der großen Koalition von Anfang an umstritten. Dass der Staat jetzt selbst dort Funkmasten errichten soll, wo es sich für Mobilfunkfirmen nicht rechnet – der SPD wollte das nicht so richtig einleuchten. Die Genossen legten am Ende zwar kein Veto ein, stutzten aber zumindest die Aufgaben für Scheuers neues Funkloch-Amt zusammen.

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Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG), so der offizielle Name, wird nun nicht selber bauen, aber geeignete Standorte für neue Masten suchen. Vor allem aber soll sie die 1,1 Milliarden Euro Fördermittel verteilen, die für den Lückenschluss beim Mobilfunkstandard 4G längst reserviert sind. Dabei soll sie Kommunen bei ihren Anträgen für das Geld unterstützen und bei Streitereien mit Bürgern vor Ort vermitteln.

Umstritten ist bis heute auch, wo und wie die MIG angesiedelt werden soll: Ob als eigenständige GmbH oder angedockt an eine bereits bestehende Behörde. Um diese Frage zu beantworten, lässt Scheuer im vergangenen Frühjahr für mehr als 100.000 Euro eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellen. Die externen Berater kommen zu einem, vorsichtig ausgedrückt, etwas erstaunlichen Ergebnis: Am besten sei es, schreiben sie, die MIG als Tochter des bundeseigenen Lkw-Mautfirma Toll Collect aufzubauen – obwohl ein Unterschlüpfen der MIG unter das Dach der für Mobilfunk zuständigen Bundesnetzagentur 350.000 Euro günstiger wäre.

Bundesrechnungshof fordert neue Untersuchung

Schnell kommt daraufhin Kritik auf, die Untersuchung lese sich allzu sehr wie ein Gefälligkeitsgutachten. Denn bereits Ende 2019 hatte die Bundesregierung erklärt, die MIG bei der Toll Collect ansiedeln zu wollen – allzu passend beziehen sich die Gutachter später darauf. Bei einer anderen Variante, so heißt es in ihrer Analyse, entstünden „mögliche Reputationsverluste für die Bundesregierung, als dass sie ihre eigene, beschlossene Strategie nicht umsetzen kann“.

Dem Bundesrechnungshof gefiel diese Herangehensweise gar nicht. „Die einzelnen Bewertungen sind nicht objektiv nachvollziehbar hergeleitet und damit für den Bundesrechnungshof nicht prüfbar“, kritisieren die Kontrolleure in einem Brief an den Haushaltsausschuss des Bundestags. Das Gutachten sei „auf das gewünschte Resultat der GmbH-Lösung zugeschnitten“ gewesen. Kurz gesagt: Es stelle in der Tat nichts anderes dar als ein Gefälligkeitsgutachten.

Das Verkehrsministerium weist diese Vorwürfe zurück. Die Rechnungsprüfer jedoch fordern, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu wiederholen. Das wollten auch die Haushaltspolitiker der Opposition – und scheitern damit vergangene Woche im Ausschuss. Damit steht dem Aufbau und geplanten Start der Gesellschaft 2021 nichts mehr im Weg.

„Die Koalition hat Minister Scheuer einen Freibrief für allen Unfug mit seiner neuen Mega-Behörde erteilt“, kritisiert daher Sven-Christian Kindler, haushaltpolitischer Sprecher der Grünen. Statt darauf zu drängen, dass Haushaltsrecht eingehalten werde, hätten Union und SPD dem Verkehrsminister viele Millionen Euro für seine CSU-Prestigebehörde zugesichert. „Dass hier eine neue Behörde geschaffen werden soll, deren Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen wurde ist ein krasser Verstoß gegen das Haushaltsrecht“, so Kinder. Statt eine neue Mega-Behörde auf den Weg zu bringen, solle die Bundesregierung den Unternehmen beim Netzausbau klare Vorgaben machen, fordert auch Kindlers Fraktionskollegin Margit Stumpp, bei den Grünen zuständig für digitale Infrastruktur..

Die Störsender aus dem Finanzministerium

Doch trotz der schwarz-roten Koalitionsdisziplin im Haushaltsausschuss: die SPD hat es dennoch geschafft, im CSU-Prestigeobjekt Mobilfunk-Amt einige Störsender einzubauen. So gab das von Vizekanzler Olaf Scholz geführte Finanzministerium seine Zustimmung zum Aufbau der MIG nur unter der Bedingung, dass deren Aufgabe auf 4G-Funklöcher beschränkt bleibt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegt.

Anders als im Sommer nach einer Vereinbarung des Koalitionsausschusses verkündet, soll die MIG sich also doch nicht um die geplante 5G-Förderung in Höhe von zwei Milliarden Euro kümmern. Das Finanzministerium besteht auch auf eine zeitliche Befristung der Gesellschaft: kein Funkloch-Amt ohne Ablaufdatum. Es war stets die größte Sorge der SPD, Scheuers Behörde könne sich künftig immer wieder neue Aufgaben suchen, wenn die Funklöcher erst einmal geschlossen wären.

Für den FDP-Infrastrukturpolitiker Oliver Luksic ist das ganze großkoalitionäre Vorhaben dennoch „eine Farce“. Es entstehe „ein millionenschwerer behördlicher Wasserkopf auf Kosten des Steuerzahlers“, kritisiert Luksic. Dem Projekt fehle jede Zukunftsvision. „Statt 4G-Funklöcher mit einer weiteren Behörde zu stopfen, braucht es bessere Rahmenbedingungen für einen schnellen 5G-Ausbau“, so Luksic weiter. Wie die Grünen fordert auch die FDP-Bundestagsfraktion in den Haushaltsverhandlungen für das kommende Jahr die vollständige Streichung der MIG-Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro.

Mehr zum Thema: Der Bund will bis 2025 Funklöcher schließen. Doch der zuständige Minister Scheuer wählt nicht die günstigste Option.