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Schaukelspiel der Opec

Die Nervosität auf dem globalen Ölmarkt ist gewaltig. Alle Augen richteten sich auf das informelle Treffen der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) in Algier. Das Ölkartell hat ein kurzfristiges Ziel in der algerischen Hauptstadt bereits erreicht: Der Ölpreis schnellt nach oben.

Der iranische Ölminister Bidschan Sanganeh sagte, das aus 14 Staaten bestehende Ölkartell habe sich am Mittwoch nach zweieinhalbjährigen Verhandlungen auf Maßnahmen zur Marktstabilisierung verständigt. Die Wende geht offenbar auf eine Annäherung des Iran und seines Erzrivalen Saudi-Arabien zurück. Die Opec kürzt die Produktion zwar nur mäßig, die Produktion soll auf 32,5 Millionen Barrel (159 Liter) pro Tag gesenkt werden. Das sind annähernd 750.000 Barrel weniger als noch im August.

Die Märkte reagierten euphorisch. Die Nordseesorte Brent stieg um über 6,5 Prozent auf fast 49 Dollar. Die US-Sorte WTI legte um über sechs Prozent auf 44,41 Dollar je Barrel.

In der Vergangenheit haben es die -Länder – allen voran Saudi-Arabien und die Golfstaaten – geschickt verstanden, mit Äußerungen und Spekulationen den Ölpreis immer wieder nach oben zu treiben – ohne ihre Politik fundamental zu verändern. Deshalb könnte die angebliche, ohnehin nicht verbindliche Einigung ein PR-Trick sein, um den Preis hochzuschaukeln.

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Voraussetzung für die geplante Produktionskürzung ist, dass die beiden Opec-Schwergewichte Saudi-Arabien und ihren seit langem schwelenden Konflikt um das richtige Produktionsziel beilegen. Die konkurrierenden regionalen Großmächte sollen nun angeblich bereit sein, über ihren politischen und wirtschaftlichen Schatten zu springen. Hier ist Skepsis angebracht.

Der Ölpreis hat schließlich eine starke politische Komponente. Der Iran möchte seinen politischen Einfluss in der Region von Syrien über Irak bis Jemen ausbauen. Dafür braucht es nach dem Wegfall der internationalen Sanktion mehr Geld und damit eine höhere Förderung.

Saudi-Arabien und die Golfstaaten wiederum wollen einen größeren Einfluss des Iran im Mittleren Osten auf alle Fälle verhindern. Deshalb kann für die reichen Opec-Länder ein niedriger Ölpreis machtpolitisch mehr Sinn ergeben als ein wirtschaftlich vernünftiges Preisniveau mittels einer Förderbegrenzung.

In der Opec gelten besondere Regeln. Oftmals tun sich alle Beteiligten relativ leicht, sich grundsätzlich auf bestimmte Maßnahmen zu einigen. An der konkreten Umsetzung hapert es dann aber gewaltig.

Die Opec ist heute ein Konglomerat widerstrebender Interessen. Nur mit Mühe und jahrelanger Zeitverzögerung gelang es dem Ölkartell beispielsweise auf seiner letzten Sitzung, sich endlich auf einen neuen Generalsekretär zu einigen. Das Ergebnis: Der frisch gewählte Nigerianer Mohammed Barkindo ist bislang eine schwache Führungspersönlichkeit. Das spricht Bände über den Zustand des Ölkartells.

KONTEXT

Die Folgen des Billigöls

1. Billiges Erdöl treibt die Wirtschaft an

Tatsache ist: Europas Verbrauchern nutzen die Niedrigpreise sehr. Im Februar war Energie im Euroraum dem Statistikamt Eurostat zufolge 8,0 Prozent günstiger als vor einem Jahr, bei Haushaltsenergie und Sprit in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts 8,5 Prozent. Von Mitte 2014 bis Ende 2015 verbilligte sich das "schwarze Gold" um zwei Drittel, das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut meldete beim Rohstoffpreis-Index den tiefsten Stand seit 2004. Die Deutschen gaben 2015 laut Mineralölverband 13,5 Milliarden Euro weniger für Sprit und Heizöl aus. Auch große Teile der Industrie freuen sich: Je billiger der Schmierstoff der Weltwirtschaft, umso mehr Entlastung im Einkauf.Wahr ist aber auch: Die Chemie zum Beispiel muss bessere Konditionen oft mit niedrigeren Preisen für Kunst- oder Farbstoffe an ihre Kunden weitergeben. Beim Branchenriesen BASF etwa sank der Überschuss 2015 auch deshalb um fast ein Viertel auf rund 4 Milliarden Euro.

2. Bald steigen die Ölpreise stark, dann kommt das böse Erwachen

"Langfristig dürfte ein steigender (Öl-)Preis die Geldentwertung anheizen", glaubt Eugen Weinberg von der Commerzbank. Die Gefahr: Wenn es mächtigen Förderländern gelingt, das Fracking in den USA aus dem Markt zu drängen, könnte das Angebot knapp werden und die Kosten hochkatapultieren. Für Flüssigtreibstoffe ermittelte die französische Bank Société Générale von 2005 bis 2015 einen Rückgang der Preise um fast 30 Prozent. Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht aber allerspätestens 2021 deutliche Erhöhungen. "Für Verbraucher ist es einfach, sich durch niedrige Preise einlullen zu lassen, aber sie sollten die Signale nicht überhören", warnte IEA-Chef Fatih Birol.Zwar ist vor allem die kühlere Konjunktur in China ein Grund; dort gab es 2015 mit 6,9 Prozent das schwächste Wachstum seit 25 Jahren. Aber auch unklare Ziele des Opec-Kartells spielen eine Rolle. Der Iran will nach dem Ende der Sanktionen Öl exportieren, die Saudis und das Nicht-Opec-Mitglied Russland peilen eine Deckelung der Produktion an. Wenn mehr US-Quellen dicht machen, könnten am Ende Engpässe - so fürchtet Birol - zu "nach oben schießenden Ölpreisen" führen.

3. Das Billigöl würgt den Börsen-Boom endgültig ab

Weltweit haben Aktienbesitzer nach dem Jahreswechsel herbe Verluste einstecken müssen. Ein Grund, der neben der befürchteten schwächeren Weltkonjunktur oft genannt wird: das Ölpreis-Tief. Dauerhaft billige Rohstoffe werten die Märkte als Zeichen schrumpfender Nachfrage.Chinas Schwäche sorgt weiter für Zweifel - zusammen mit den dortigen Finanzmarkt-Turbulenzen und Exporten, die im Februar um ein Fünftel einbrachen. Und wie lange können Förderer Kredite voll bedienen? "Wir erwarten, dass Banken in ölexportierenden Regionen ein höheres Gläubiger-Risiko haben", warnt die Ratingagentur Moody's. Sie prüft eine Abstufung von zwölf Förderländern, darunter Russland und Saudi-Arabien. Das Preistief werde wohl noch "mehrere Jahre" dauern.

4. Das Klima verliert, denn günstiges Öl blockiert die Energiewende

Beim Pariser Klimagipfel Ende 2015 einigte sich die Weltgemeinschaft auf einen Verzicht auf fossile Brennstoffe bis Ende des Jahrhunderts. Solange die Abkehr von Öl, Gas und Kohle nicht klappt, verschleppt das Ölpreis-Tief die Energiewende zusätzlich, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung im Deutschlandfunk: "Ein niedriger Ölpreis behindert den Umstieg Richtung Energiesparen." Prognosen zum Welt-Energiebedarf gibt es viele. So erwartet BP, dass die Fossilen auch 2035 den Löwenanteil (60 Prozent) zur globalen Versorgung beitragen, obwohl erneuerbare Quellen parallel zulegen.Die Schwellenländer wollen jedoch mehr Wohlstand - und brauchen dafür mehr Energie. Andererseits entlasten niedrige Ölpreise sie nur dann, wenn rückläufige Verkäufe sie nicht treffen. IWF-Chefin Christine Lagarde bot Hilfe an: "Der IWF steht offen für alle Mitglieder."

5. "Die Elektroauto-Industrie wird unter niedrigen Ölpreisen leiden"

Dies sagt nicht irgendwer - sondern der schillernde Gründer des US-Elektroautobauers Tesla, Elon Musk. Über seine bei CNN geäußerte Einschätzung kann man streiten: Es gibt viele Faktoren, die eine "Verkehrswende" erschweren. Elektroautos sind gegenüber Benzinern meist teuer, die Reichweite ist gering. Laut Kraftfahrt-Bundesamt kamen 2015 in Deutschland gerade 12 363 reine E-Autos zusätzlich auf die Straße, verglichen mit der Gesamtzahl von 3,2 Millionen Pkw. Die Bundesregierung hat zu möglichen Subventionen noch keine klare Linie.In der Auto-Nation USA jedenfalls schiebt das billige Öl den Absatz von Spritschluckern an. Nach Zahlen der Deutschen Bank stieg der Verkaufsanteil leichter Trucks dort zwischen 2000 und 2015 von 50 auf über 60 Prozent, während normale Pkw zuletzt 40 Prozent erzielten. Ursache: "das enorme Abrutschen der Öl- und damit der Benzinpreise".