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„Schön, dass Sie wieder so fit sind“

SAP-Hauptversammlung - „Schön, dass Sie wieder so fit sind“

Der Applaus scheint selbst Bill McDermott zu überraschen. Der Vorstandsvorsitzende und Chefverkäufer von SAP trägt am Pult gerade die Ergebnisse des Softwarekonzerns vor: Der Umsatz ist gestiegen, das Zukunftsgeschäft mit dem Cloud Computing brummt – und die Aktionäre freuen sich darüber. „You love the result section“, sagt der Amerikaner auf Englisch, der Arbeitssprache bei , und grinst.

McDermott und seine Vorstandskollegen haben auf dieser Hauptversammlung in der SAP-Arena in Mannheim leichtes Spiel. Das Geschäft des Softwarekonzerns lief im vergangenen Jahr rund, die Resultate auf der Leinwand hinter ihm zeigen es. Die Strategie, sich als Digitalisierungshelfer zu positionieren, scheint aufzugehen. Und der größte Aufreger des Jahres 2015 – McDermotts gefährlicher Unfall, bei dem er ein Auge verlor –, ist nur noch eine Randnotiz. Die Aktionäre loben die Arbeit, für Streit sorgen nur zwei ewige Konfliktthemen: die Vorstandsvergütung und die Einlasskontrollen.

SAP ist groß und bekannt geworden mit mächtigen Programmpaketen, mit denen Unternehmen die Abläufe zwischen Fabrik und Chefbüro steuern können. In Zukunft will der Softwarekonzern jedoch mehr sein als ein Helfer im Hintergrund. „Die digitale Wirtschaft ändert sich schnell – dies betrifft nicht nur Technologieunternehmen wie die SAP, sondern alle Unternehmen in jeder Branche“, sagte McDermott. „SAP versorgt jeden Kunden auf seiner Reise in die digitale Zukunft mit einem vollständigen Angebot an technischen Innovationen.“

Wofür die neue SAP stehen soll, zeigen eingespielte Filme. Der Discounter nutzt beispielsweise die schnelle SAP-Datenbank Hana, um die internen Prozesse zu optimieren. Schon geringe prozentuale Verbesserungen sind für die Sparfüchse aus Neckarsulm viel wert. Die neue Technik ermögliche es, Bestand und Umsatz fast in Echtzeit auszuwerten, lässt das Unternehmen die SAP-Aktionäre wissen. Ein enormer Vorteil für die Handelskette. Als Kronzeugen benennt McDermott auch die Trucksparte von Daimler und den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Die Botschaft: SAP mischt überall mit.

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Die Neuausrichtung in den vergangenen Jahren war allerdings teuer, nicht nur wegen diverser Übernahmen. SAP investierte in Rechenzentren, um sich fürs Cloud-Geschäft zu rüsten, und legte ein Abfindungsprogramm auf, um nicht mehr benötigte Stellen im alten Geschäftsbereichen zu streichen. Daher hören die Aktionäre gern, dass McDermott die Kosten senken will. „Wir arbeiten an der Erhöhung unseres Betriebsergebnisses, indem wir die Abläufe in unserem Cloud- und Kerngeschäft effektiver gestalten“, kündigte er an. So sollen die Zukäufe besser in die Strukturen eingebunden werden. Das Abfindungsprogramm habe zudem die Basis für zukünftige Verbesserungen geschaffen.

Trotz der Einsparungen: Das Cloud Computing belastet die Profitabilität. Zum einen muss der Konzern erst investieren, etwa in Rechenzentren – je mehr Kunden er gewinnt, desto mehr rentiert sich das. Zum anderen verbucht er die Umsätze nicht auf einen Schlag wie beim Verkauf von Lizenzen, sondern für die Nutzung über einen längeren Zeitraum. Die operative Marge lag 2015 bei 20,5 Prozent und damit deutlich niedriger als in den Vorjahren.

In Anspielung auf die Cloud – deutsch: Wolke – sagte Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutioneller Privatanleger (VIP): „Wann kommt denn endlich der Regen des guten Ergebnisses?“ Eine Frage, die andere Anleger ähnlich formulierten. Finanzchef Luka Mucic verwies auf die mittelfristige Planung: 2018 wird demnach das Cloud Computing erstmals mehr Umsatz einbringen als das Lizenzgeschäft und dann auch „überproportional zum Betriebsergebnis beitragen“.


Dividende kommt Wunschvorstellungen nahe

Einige Kritik mussten sich Hasso Plattner und der Aufsichtsrat anhören. Sie hatten eine neue langfristige Vergütungskomponente entwickelt, nachdem die alten Regelung ausgelaufen war. Eine Rolle spielt dabei einerseits die Entwicklung des Aktienkurses, andererseits der Vergleich mit der Wertentwicklung von Konkurrenten wie Microsoft, Oracle und Adobe. Den Betrag legt das Aufsichtsgremium aber nach eigenem Ermessen fest. An dieser Regelung stießen sich mehrere Redner. Die Kontroverse schlug sich in der Abstimmung über die neue Regelung nieder. Nur 55 Prozent der Aktionäre votierten dafür. Das reicht zwar für die Annahme aus, nimmt sich aber im Vergleich zu den anderen Werten gering aus: 99 Prozent stimmten für die Entlastung des Vorstands, 93 Prozent für die des Aufsichtsrates.

Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) etwa monierte, der relativ weite Ermessensspielraum sei „nicht sachgerecht“: „Es bleibt offen, wie respektive anhand welcher Kriterien die zu erreichenden Ziele der Parameter definiert werden und welcher Parameterwert vom Fixgehalt abgedeckt und somit ein Mindestbetrag ist.“ Dass ein Teil der variablen Vergütung den Zeitraum von nur einem Jahr als Bemessungsgrundlage verwende, sei mit den aktuellen Regelungen des Aktiengesetzes nicht vereinbar. Daher werde die SdK dem Vorschlag nicht zustimmen.

Die Höhe der Vorstandsvergütung kritisierte auch VIP-Vertreter Buhlmann: „Dass einer zehn Millionen verdient in einem Jahr fällt mir schwer zu verstehen.“ Bill McDermott erhielt 2015 rund 9,3 Millionen Euro. Da müsse der Aufsichtsrat sehr vorsichtig sein - auch um die Mitarbeiter mit niedrigeren Gehältern nicht zu demotivieren. Bei Aufsichtsratschef Plattner stieß er damit auf wenig Verständnis: „Die Vergütung ist so bemessen, dass sie international wettbewerbsfähig ist.“ Was dabei durchklang: Die Konkurrenz sieht der SAP-Patriarch in den USA, nicht in Europa.

„Die beste Nachricht für Aktionäre“

Ein Aufreger war 2015 die Gesundheit von Bill McDermott. Der Vorstandschef sagte dazu nur wenige Sätze. „Sie werden bemerkt haben, dass ich heute eine getönte Brille trage“, wies er auf das Offensichtliche hin. „Ich bin froh, Ihnen heute berichten zu können, dass ich vollständig genesen bin und während der Verletzung weitergearbeitet habe.“ Der 54-Jährige war im vergangenen Sommer bei einer Feier mit einem Wasserglas in der Hand auf einer Treppe ausgerutscht und mit dem Gesicht auf die Scherben gefallen. Nach einer Operation hat McDermott ein Glasauge und trägt bei öffentlichen Auftritten eine getönte Brille, eine Zeit lang musste er auf Flugreisen verzichten.

Das Gestell stehe ihm durchaus, scherzte Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Schön, dass Sie wieder so fit vor uns stehen“, sagte sie in Richtung der Vorstandsbank. „Das ist die beste Nachricht des Tages für uns Aktionäre.“ Auch der Aufsichtsrat hat an McDermotts Einsatzbereitschaft keinen Zweifel, er verlängerte den Vertrag des Vorstandschefs kürzlich vorzeitig bis 2021. Wohl auch als Reaktion auf Spekulationen, dass während seiner Abwesenheit deutsche Manager an Einfluss gewonnen hätten und McDermott zurücktreten könnte.

Halbwegs zufrieden zeigten sich die Aktionäre mit dem Vorschlag, die Dividende um fünf Prozent auf 1,15 Euro anzuheben – das entspricht einer Ausschüttungsquote von 45 Prozent. Aufgerundet wurde sie mit 100 Prozent angenommen.

„Das kommt unseren Wunschvorstellungen schon ziemlich nahe“, sagt DSW-Vertreterin Benner-Heinacher. SAP sei auf dem richtigen Weg. Kritischer sieht es Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger (VIP): „Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange.“

Mehr als die Ausschüttung bewegte die Kleinaktionäre indes etwas anderes: „Was Sie bei der Eingangskontrolle betreiben, ist Erbsenzählerei“, empörte sich ein Anteilseigner auf dem Podium. Die Security-Leute hatten ihm und seiner Frau Flaschen mit Magenbitter und Parfüm abgenommen. Es sind eben nicht nur die Resultate, die auf einer Hauptversammlung zählen.

KONTEXT

Die großen Zukäufe von SAP

Regelmäßige Zukäufe

SAP hat das Geschäft in den vergangenen Jahren mit etlichen Übernahmen gestärkt, vor allem die Cloud-Angebote. Dabei standen Unternehmen aus den USA besonders im Fokus.

Business Objects

2008 übernahm SAP mit Business Objects einen der führenden Anbieter für Business-Intelligence-Lösungen, die Unternehmenslenkern mithilfe von Datenanalysen bessere Entscheidungen ermöglichen sollen. Kaufpreis: 4,8 Milliarden Euro.

Sybase

Auf mobile Datendienste ist Sybase spezialisiert. 2010 kaufte SAP den vorherigen Partner aus Kalifornien für umgerechnet 4,6 Milliarden Euro. Mit dem Zukauf brachte der Konzern gleichzeitig sein Datenbankgeschäft voran.

Success Factors

Software fürs Personalmanagement kaufte SAP 2012 über die US-Firma Success Factors zu. Ihre Systeme reichen von der Kandidatensuche bis zur Nachfolgeplanung, bereitgestellt über die Cloud. Kaufpreis: umgerechnet 3,4 Milliarden Euro.

Ariba

2012 stemmte SAP einen weiteren großen Zukauf: Der Softwarekonzern übernahm die US-Firma Ariba. Diese betreibt eine Plattform für die betriebliche Beschaffung, die in der Cloud läuft. Kaufpreis: umgerechnet etwa 3,3 Milliarden Euro.

Hybris

Das Geschäft mit Handelsunternehmen stärkte SAP 2013 mit der Übernahme von Hybris. Das in der Schweiz gegründete Unternehmen bietet unter anderem Lösungen für den Multi-Channel-Vertrieb, also den Verkauf über alle Kanäle. Preis: eine Milliarde Euro.

Fieldglass

Zur Cloud-Strategie passt auch die Übernahme von Fieldglass. Der US-Anbieter hat eine Plattform für die Personalverwaltung entwickelt, vor allem für den Einsatz von externen Kräften wie Leiharbeiten. Den Kaufpreis veröffentlichten die Unternehmen nicht.

Concur

Die größte Übernahme der Firmengeschichte stemmte SAP ebenfalls 2014: Für den amerikanischen Reisekostenspezialisten Concur zahlte der deutsche Konzern umgerechnet 6,2 Milliarden Euro. Zusammen mit Fieldglass und Ariba bildet Concur die Geschäftsnetzwerke.